Tod ohne Abschied
Mein letzter Blick auf ihn war in der Rettung

Begeisterte Schiläufer: Hannes und Siglinde Schopf. | Foto: privat
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Sieglinde Schopfs Mann Hannes ist begeisterter Schifahrer. Er springt für einen anderen ein, der nicht zum Schiurlaub nach Ischgl reisen kann. Infolge des Aufenthaltes steckt sich Hannes mit dem Covid-19-Virus an und verstirbt wenige Wochen später.

Sieglinde Schopf sitzt auf der Bank im Herrgottswinkel der gemütlichen Stube im Haus im Weinviertler Dorf Auersthal. Über ihr hängt ein geschnitzter Corpus Christi. „Den wollte mein Mann unbedingt, da der Leidende seine Arme nach oben streckt“, schildert sie.

Hannes  
Schopf
Hannes Schopf
war Journalist und ehemaliger Chefredakteur der Wochenzeitung „Die Furche“.

Sieglinde und Hannes sind mehr als viereinhalb Jahrzehnte miteinander verheiratet, acht gemeinsame Jahre sind ihnen in der Pension vergönnt. Aber das Frühjahr 2020 mit dem Auftreten der Covid-19-Pandemie ändert alles in kurzer Zeit.

Schifahren ist ihr Lieblingshobby
„Mein Mann ist schon im Alter von drei Jahren Schi gefahren, diese Leidenschaft hat er gelebt“, erinnert sich Sieglinde Schopf. Die pensionierte Lehrerin spricht begeistert über die vielen Schiurlaube, die sie mit ihrem Mann Hannes, Journalist und ehemaliger Chefredakteur der Wochenzeitung „Die Furche“, unternommen hat. Auch im Winter 2020 verbrachten sie noch einen Schiurlaub in Zell am See. Zwar sind ihrem Mann nach einer Verletzung mit dem Bruch des zwölften Brustwirbels schwere und Pickelpisten verboten, aber die Begeisterung bleibt.

Im März 2020 springt der 72-jährige kurzfristig ein, als ein Platz in seinem weiteren Bekanntenkreis für einen Schiurlaub nach Ischgl frei wird. „Eigentlich hat er ,Nein‘ gesagt, weil er nur einen Herrn dieser Gruppe kannte. Ich habe ihn bestärkt. Das sind meine großen Schuldgefühle“, schildert Sieglinde Schopf.

Kein Après-Ski

Die öffentliche Informationslage ist zu diesem Zeitpunkt bezüglich Verbreitung des Coronavirus eine ganz andere als heute. Die Gruppe verbringt schöne Schitage in Ischgl. Doch dieser Ort wird zu einer „super spreader area“ für die Infektion mit dem Covid-19-Virus. „Die Gruppe hat in einem Quartier gewohnt mit Frühstück, zum Abendessen sind sie in ein Hotel gegangen und dann wieder ins Zimmer“, berichtet Sieglinde. Sie vermutet, dass sich ihr Mann bei der rasch organisierten Heimfahrt im überfüllten Schibus zum Bahnhof mit dem Virus angesteckt hat.

Symptome und Verschlechterung

Wenige Tage nach der Rückkehr ins heimatliche Auersthal zeigen sich erste Symptome bei Hannes Schopf: „Er hat 38,3 Temperatur gehabt, trotz Medikamenten ist keine Besserung eingetreten“, berichtet Sieglinde Schopf. Ihr Mann isst nur mehr wenig. „Er hat diese Krankheit nicht annehmen wollen“, sagt sie heute. Die letzten Tage, bevor er mit der Rettung nach Hollabrunn kommt, spricht er nur mehr wenig. „Mein letzter Blick auf ihn war in der Rettung“, berichtet Sieglinde Schopf, denn Besuche im Spital sind nicht möglich.

Sieglinde lässt sich testen, das Ergebnis ist negativ. Sie äußert telefonisch den Wunsch, man möge ihrem Mann das mitteilen, doch das wird verwehrt. „Die Antwort war, der schläft zu tief“, ärgert sie sich noch heute darüber. Später wird Hannes Schopf nach St. Pölten verlegt, dort zeigt ein Arzt Verständnis und sagt: „Man kann nicht sagen, dass Patienten im Tiefschlaf nichts hören.“

Bitter ist für Sieglinde Schopf, dass ihrer Bitte nach dem Sakrament der Krankensalbung für ihren Mann aufgrund der Coronaschutzmaßnahmen nicht nachgekommen werden kann. Hannes Schopf war seit jeher ein sehr gläubiger Christ.

Tod am Karfreitag ohne Abschied

Der Zustand ihres Mannes verschlechtert sich. Es ist Karwoche. Am Gründonnerstag versammelt man sich auf der Terrasse der Schopfs zu Hoffnungsandachten.

Am 10. April 2020, am Karfreitag, verstirbt Hannes Schopf. „Er ist weggegangen ohne Begleitung, so einsam, gerade er, der mich immer gerne an der Hand genommen hat, damit mir ja nichts passiert“, schildert Sieglinde Schopf und ergänzt: „Ganz alleine, ohne Abschied. Ohne irgendetwas. Das überwinde ich nicht“, kämpft sie mit den Tränen.

Autor:

Stefan Hauser aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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