Lonny Glaser verstorben
Ihr Herz schlug für Osteuropa

Zeitlebens leidenschaftlich engagiert: 
Lonny Glaser *1925 – † 2021 | Foto: kathbild.at/Rupprecht
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    Lonny Glaser *1925 – † 2021
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Am 16. März ist Lonny Glaser gestorben. Prof. Ingeborg Schödl würdigt für den SONNTAG jene Frau, die in den vergangenen Jahrzehnten Tausenden Intellektuellen aus Osteuropa Studienaufenthalte in Österreich ermöglichte.

Als ich Lonny Glaser im Rahmen eines Interviews in den 90er-Jahren zum ersten Mal begegnete, war ich nicht nur tief beeindruckt, was diese Frau in schwierigen politischen Zeiten geleistet hat, sondern auch, wie sie unter Hintanstellung ihres persönlichen Einsatzes davon erzählte.

Im Jahre 1957 einen Gedanken zu realisieren, der eine Brücke über den Eisernen Vorhang hinweg zwischen Österreich und Polen schlagen sollte, dazu gehörte schon sehr viel Mut.

Diesen und ein großes Gottvertrauen besaß Lonny, die aus einer altösterreichischen Familie stammte und einige Jugendjahre in Polen verbrachte. Sie war daher die richtige Ansprechpartnerin für die vom polnischen Primas, Kardinal Stephan Wyszynski, anlässlich eines Besuches bei ihm geäußerten Bitte, der geistigen Elite des Landes den Zugang zum freien Europa doch auf irgendeine Weise zu ermöglichen.

Bei Kardinal Franz König fand Lonny Glaser dafür ein offenes Ohr und volle Unterstützung. Durch private Stipendien sollten ausgesuchten Personen aus den verschiedensten Wissenschaft-und Kulturbereichen einen befristeten Aufenthalt in Österreich erhalten. Was mit kleinen Schritten unter dem Schutzmantel der katholischen Friedensbewegung Pax Christi begann, führte bald zur Gründung eines eigenen Institutes, dem „Janineum“.

Mehr als 6000 Personen wurde in den Jahren der Unfreiheit dadurch der geistige Zugang zur „freien Welt“ ermöglicht. Viele von ihnen konnten nach dem Fall des „Eisernen Vorhangs“ dadurch Spitzenpositionen in Politik, Wissenschaft und Kultur in ihrem Land übernehmen. Zu verdanken ist dies einer Frau, die durch ungeheurem persönlichen Einsatz einen wichtigen Beitrag zur Überwindung der geistigen Zweiteilung Europas durch Jahrzehnte geleistet hat. Für mich persönlich zählt Lonny Glaser zu jenen starken Frauen der Kirche, die unbeirrt ihren Beitrag zur Verkündigung des Evangeliums geleistet haben.

Lonny Glaser, geboren am 18. Jänner 1925, verbrachte einen Teil ihrer Jugend im polnischen Bielsko-Biala (Bielitz). Sie wurde für ihr Wirken in den vergangenen Jahren vielfach ausgezeichnet, u.a. erhielt sie 1997 den „Kardinal-König-Preis“ und 2008 das Große Ehrenzeichen für Verdienste um die Republik Österreich. Die polnische Jagiellonen-Universität ehrte Lonny Glaser mit der Verleihung des Ehrendoktorats.

Für Lonny Glaser war der „Hintergrund“ ihrer Arbeit immer die katholische Kirche: „Nur in der Kirche war es mir möglich, ohne Eigenkapital und als Frau einer vermeintlichen Utopie nachzugehen und einen Nachkriegstraum zu verwirklichen – den Traum von Versöhnung, Verständnis, Frieden und Freundschaft zwischen Menschen, die sich als Feinde gegenüberstehen mussten, obwohl sie zu dem selben Kulturkreis gehören“, hielt Lonny Glaser einmal rückblickend fest.

Übertragung des Requiems am Montag, 12. April, 10 Uhr.

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Der SONNTAG Redaktion aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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