Ottfried Fischer - „Der Bulle von Tölz“
„Ich bleibe Katholik und damit basta“

Schauspieler Ottfried Fischer spricht über seine neue Filmrolle, Glaube und Heimat. | Foto: Lorenzo Balestriere
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  • Schauspieler Ottfried Fischer spricht über seine neue Filmrolle, Glaube und Heimat.
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Der bayerische Kabarettist und Schauspieler Ottfried Fischer ist wieder im Kino zu sehen. Im Film „Otto Neururer – Hoffnungsvolle Finsternis“ schlüpft er in die Rolle des Pfarrer Anton, der sich auf die Spurensuche des Seligen macht. Der SONNTAG spricht mit ihm über seinen persönlichen Glauben, über Film, Fernsehen und Heimat.

Hotel Imperial, Vormittag. Wir treffen Ottfried Fischer nach der Filmpremiere „Otto Neururer – Hoffnungsvolle Finsternis“ in der Hotellounge. Er sitzt im Rollstuhl, eine Einschränkung durch seine Parkinsonerkrankung. Fischer wirkt ausgeruht, obwohl am Vortag sein 66. Geburtstag war. Die meisten kennen ihn aus der Fernsehserie „Der Bulle von Tölz“, wo er den schwergewichtigen Polizisten Benno Berghammer mimt, umsorgt von seiner Mutter Resi und „gehäkelt“ von seiner Kollegin Sabrina. Die Serie ist eine der beliebtesten im österreichischen Fernsehen, obwohl die ersten Folgen vor mehr als zwanzig Jahren gedreht wurden. Fischer war auch als Kabarettist sehr erfolgreich. Und vor Kurzem hat er ein Buch über seine Heimat Niederbayern geschrieben und ist Koproduzent des Films über den seligen Otto Neururer. Darin spielt er den Pfarrer Anton, der in der Anfangsszene in Großeinstellung das „Vater unser“ betet. Um das Beten geht es auch zu Beginn unseres Interviews.

Welche Bedeutung hat das „Vater unser“ für Sie?
Im Film geht es darum, dass einer das „Vater unser“ nicht mehr beten kann. Das ist praktisch ein Synonym dafür, dass in der heutigen Zeit das Beten aus den Menschen verschwindet. Ich stelle bei mir fest, obwohl ich eine sogenannte unheilbare Krankheit habe, dass ich noch nicht bei dem Zustand angelangt bin, der lautet: „Not lehrt beten“. Das ist für mich überhaupt noch kein Thema. Das lasse ich alles auf mich zukommen. Und das beschäftigt mich noch gar nicht so richtig.

Was ist Ihnen beim „Vater unser“ wichtig?
Dass es vielleicht das schönste Gebet aus den Aussprüchen Christi ist. Es spricht sehr für sich selbst. Du kannst das „Vater unser“ in den Raum stellen und brauchst dazu nichts mehr zu sagen. Das, glaube ich, ist auch eine Bestimmung des Gebets für die Nichtgläubigen.

Welche Rolle erkennen Sie in den Weltreligionen?
Wir leben derzeit in einer Welt voller Konflikte und erstaunlicherweise sind immer Religionen dabei. Das ging im alten Ägypten schon los, als der Pharao die Vielgötterei abschaffte und den Monotheismus mit der Sonne aufbaute. Das führte dazu, dass die ganzen „Pfarreien“ am Nilufer plötzlich keine Pilger mehr hatten. Da hat sich das Religiöse mit einem wirtschaftlichen Moment vermischt. Das ist auch heute festzustellen: Wenn es kracht auf Erden, sind oft Religionen dabei. Man kann aber deswegen nicht sagen, dass Religionen der absolute Holzweg sind.

Der Film zeigt Verhöre von Pfarrer Neururer durch einen SS-Offizier. Dieser sagt: „Es gibt keinen Gott, nur einen Führer“. Was sagt uns das?
In unserem Film geht es um den Glauben des katholischen Pfarrers und jenen des Nazi-Schergen. Da stehen zwei Glaubenssysteme im Gegensatz zueinander. Da muss eine Entscheidung her, was der wahre Glaube ist. Und das ist natürlich sehr schwierig, weil das für jeden anders ist, auf was man sich festlegen kann, in seiner persönlichen Ansicht über den Glauben, wo er hinführen soll.

Wohin soll Ihrer Meinung nach der Glaube führen?
Zur Hilfe. Glaube soll für einen Effekt sorgen, sodass der Mensch ein schöneres Leben hat.

Welche Rolle hat der Glaube in Ihrer Kindheit zu Hause gespielt?
Mein Vater war zumindest am Ende seines Lebens ein gläubiger Mensch. Meine Großmütter, sowohl die westfälische, als auch die bayerische, waren gläubige Frauen, die den Tod als Überwechseln in einen anderen Raum gesehen haben. Und dort wartet man, bis der Zurückgebliebene nachkommt. Das ist die Lounge der noch nicht in der Seligkeit Angekommenen.

Sie waren zehn Jahre in einer Klosterschule. Wie zeigt sich Ihre persönliche katholische Prägung heute?
Der Katholizismus ist für mich sehr wichtig, er ist für mich wie ein weltanschaulicher Trachtenverein, bei dem ich etwas mit Stumpf und Stiel ausreißen müsste, wenn es anders würde. Und deswegen kann mir da auch keiner in die Parade fahren. Außerdem hat mich Papst Franziskus bei einer Audienz gebeten, dass ich für ihn bete. Ich bleibe Katholik und basta.

Wie hat sich Ihr Talent, die Menschen zum Lachen zu bringen, entwickelt?

Man kann es hören, wenn etwas gut ankommt. Und genau das habe ich sehr früh mit großen Ohren verfolgt. Das merkt man bei jedem Kabarettprogramm, wenn etwas perfekt ist. Manchmal, wenn man etwas neu aufführt, gibt es plötzlich Lacher, die man gar nicht vermutet hätte. Es gibt definitiv Lacher, die man gar nicht kennt, die erst rauskommen, wenn man das Stück darbietet.

Wie sind Sie zur Rolle des Benno Berghammer im „Bullen von Tölz“ gekommen?
Durch Zufall. Man muss zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein und Glück haben. Da sind mehrere Komponenten, die zusammentreffen. Vielleicht, wenn wir jetzt katholisch denken, auch noch die göttliche Vorsehung, die dich auf den Platz schubst, auf den du ohnehin hin musst, um entdeckt zu werden. Irgendwie habe ich auch mit meiner Großmutter eine Fürsprecherin im Himmel. Als mein Vater starb, hatte ich das Gefühl, jetzt passt einer auf mich auf. Und das ist auch so eine Art Glaubensidee, die man hat.

„Heimat ist da, wo dir die Todesanzeigen etwas sagen“, so der Titel Ihres neuen Buchs. Was ist Ihnen da wichtig?
Ich habe ein Buch mit Kurzgeschichten schreiben wollen, chronologisch geordnet. Es wurde zu einer Biographie. Und zwar eine ziemlich ehrliche, da bin ich selber davon überrascht. Aber das habe ich beim Schreiben erst erkannt, als es schon überstanden war. Ich habe einen drei-Monate-dauernden komatösen Zustand nach einer Blutvergiftung dafür verwendet, auch unterbewusst, mit dem Wesentlichen klarzukommen.

Warum wird über Heimat immer diskutiert?

Heimat ist meistens dort, wo man die erste Hälfte seines Lebens verbracht hat. Das ist bei mir natürlich auch so. Aber dann gibt es auch die Todesanzeigen, die man ein Leben lang mitbekommt. Jetzt mit 66 merke ich schon, dass die Einschläge näher kommen. Heimat bekommt dadurch wieder einen Zweck, dass man auch weiß, wo man hingehört.

Autor:

Stefan Hauser aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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