Meinung
Hat Gott Gefühle?

Irene Maria Unger (31) ist Religionspädagogin am BG/BRG Schwechat. | Foto: privat
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  • Irene Maria Unger (31) ist Religionspädagogin am BG/BRG Schwechat.
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Sie denken, dass Kinder und Jugendliche keine Glaubensfragen mehr stellen, so wie diese 15-jährige Schülerin in meiner Klasse?

– Weit gefehlt!

Gut, sie wollen nicht religiös „geschimpft“ werden, weil es viel zu fromm klingt und an verstaubte und elendslange Pflichtgottesdienste erinnert. Aber gläubig sind nach eigener Angabe viele. Es scheint fast zum
guten Ton zu gehören, ein positives Mindset zu kultivieren, sich mental im Griff zu haben und an etwas Gutes zu glauben. Es liegt also an uns, ihnen diese existenzielle Erfahrung des gegenwärtigen Reiches Gottes, hier und jetzt, zu ermöglichen.
Keine Plattitüden, keine unaufrichtigen Worte, keine Doppelmoral. – Seien wir einfach ehrlich, erzählen wir von den Hürden und Herausforderungen des Lebens. Schenken wir ihnen Vertrauen. Wenn ich so mit Kindern und Jugendlichen spreche, tauchen folgende Fragen auf:

Wie sieht Gott aus?
Ist Gott mehr als nur die Natur?
Warum nimmt er uns Menschen und Tiere weg, wenn wir es gar nicht erwarten?
Hat Gott oder der Mensch das Böse erschaffen?
Schaut er auf uns herab oder fühlt er wie wir?

Mögen manche Fragen auch unbeantwortet bleiben, so erzähle ich ihnen immer wieder vom Menschen Jesus, der weinte, zürnte, verzagte, mitfühlte, liebte, sich freute, lachte, auch mal frech und rebellisch war.

Er war eben auch ein Mensch! Aber auf die Schwächsten blickte er nie herab und in ihrer Freiheit nahm er seine Mitmenschen vollkommen ernst. – Auf diese Weise wird Kindern und Jugendlichen bewusst, dass auch seine Geschichte eine des Zusammenlebens, des Miterlebens und des Durchlebens ist. Sein Menschsein kann nicht zuletzt dabei helfen, Fremdes an Gott „integrierbar“ und Nähe zu Gott erfahrbar zu machen.

„Ihr seid Abbild Gottes. Vielleicht schaut ‚ER‘ mir jeden Tag durch die Augen von Philipp, Vanessa, Sophie oder Clemens entgegen?“, spaße ich im Unterricht, ohne das Gesagte jemals ernsthaft in Zweifel zu ziehen. Denn es sind genau diese jungen Menschen, die mir täglich humane und christliche Werte wie Solidarität, Nächstenliebe
und die unveräußerliche Würde des Menschen vorleben.

Der Kommentar drückt die persönliche Meinung der Autorin aus!

Irene Maria Unger (31) ist Religionspädagogin am BG/BRG Schwechat. | Foto: privat
Irene Maria Unger (31) ist Religionspädagogin am BG/BRG Schwechat. | Foto: privat
Autor:

Sophie Lauringer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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