Meinung
Church Blaming

Martin Kolozs (43) ist katholischer Publizist und lebt in Wien. | Foto: privat
  • Martin Kolozs (43) ist katholischer Publizist und lebt in Wien.
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Die Ergebnisse des Gutachtens „Sexueller Missbrauch Minderjähriger und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker und hauptamtlich Bedienstete im Bereich der Erzdiözese München und Freising von 1945 bis 2019“ sind kein Ruhmesblatt, und sollten ihrer Absicht nach dazu dienen, begangene Fehler einzusehen und Gleiches in Zukunft zu verhindern.

Was jedoch daraus in der medialen Öffentlichkeit bzw. gesellschaftlichen Diskussion gemacht wird, ist nicht minder beschämend, vor allem, weil viel unsachgemäße Kritik in Umlauf gebracht wird, und daraus emotionsgeladene Forderungen entstehen, deren Ziel die Zerstörung der Kirche und die endgültige Rufschädigung einiger ihrer prominenten Vertreter zu sein scheint.

Dabei wird allgemein so getan, als wäre die Kirche der Ursprung des seelenfressenden Übels Missbrauch und jede Gläubige oder jeder Gläubige ein potenzieller Täter oder Täterin, weil sich nur solche von einem vermeintlich begünstigenden System angezogen fühlen, unter deren Schutz und mit deren Unterstützung sie ihr Unwesen treiben können.

Bedacht wird in diesem Zusammenhang allerdings nicht, oder zu wenig, dass die Kirche sich als Mutter und Beschützerin der Menschen sieht, und ihrer Lehre nach Missbrauch sündhaft und strafbar ist.

Außerdem wird in der gegenwärtigen Diskussion, ähnlich wie bei der Täter-Opfer-Umkehr (Victim Blaming), die Schuld am Missbrauch nicht bei den Tätern direkt gesucht bzw. maßgeblich zur Sprache gebracht, sondern in deren Umfeld, und es wird damit suggeriert, dass Missbrauch an einem anderen Ort nicht hätte entstehen können.

Doch das Gegenteil ist der Fall: Missbrauch in allen seinen Erscheinungsformen ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, und sollte auch als ein solches benannt und bekämpft werden; Beispiele dafür gibt es ausreichend. Es sind also nicht die Kirche und nicht die Gläubigen, die Schuld auf sich geladen haben, sondern die Täter und die Täterinnen; ihnen wie den Opfern muss geholfen werden. Und betrachtet man es recht, ist die Kirche selbst ein Opfer dieses Missbrauchs.

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Autor:

Der SONNTAG Redaktion aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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