Bestsellerautorin im Gespräch
Wieso soll ich davonfliegen?

Monika Helfer ist mehrfach ausgezeichnete Schriftstellerin und in 
zweiter Ehe mit dem Schriftsteller Michael Köhlmeier verheiratet. | Foto: Stefan Hauser
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  • Monika Helfer ist mehrfach ausgezeichnete Schriftstellerin und in
    zweiter Ehe mit dem Schriftsteller Michael Köhlmeier verheiratet.
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Monika Helfer gehört zu den erfolgreichsten Romanschreiberinnen des Landes. Ihre beiden jüngsten Werke entwickelten sich zu Bestsellern. Der SONNTAG hat die Autorin in Wien getroffen und mit ihr über das Schreiben, über persönliche Verluste und ihren Zugang zum Glauben gesprochen.

Monika Helfer ist eine mutige Frau. In ihren beiden jüngsten Romanen beschreibt sie die Geschichte ihrer Familie und gibt dabei sehr persönliche Details preis. Allerdings hat sie „Die Bagage“, in der es um die Geschichte der Familie mütterlicherseits geht, erst nach dem Tod der handelnden Personen geschrieben. Danach kam „Vati“ auf den Markt, darin geht es um ihr Aufwachsen und den Vater, dem Bücher über alles gingen. Ermutigt zum Schreiben über ihre engste Verwandtschaft hat sie ihr Mann, der Schriftsteller Michael Köhlmeier. Ich verabrede mich mit Monika Helfer vor dem Stephansdom, denn sie geht gerne in Kirchen.

  • Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?

Deutsch war das einzige Fach, in dem ich mir sehr leicht getan habe. Ich bin auch sehr gefördert worden. Schwester Imelda in der Klosterschule der Benediktinerinnen in Marienberg hat mich sehr dazu motiviert. Die hat dann auch veranlasst, dass ich mit 17 Jahren nach Innsbruck zu den Literaturwochen eingeladen worden bin. Und so ist dann eins zum anderen gekommen.

  • Ihren Mann haben Sie über die Literatur kennengelernt?

Ja, ich war in Sachen Literatur immer wieder unterwegs. Ich habe ihn bei den „Randspielen“, einem Gegenfestival zu den Bregenzer Festspielen kennengelernt. Ich war von ihm verzaubert, weil er so viel über Literatur gewusst hat, vielmehr als ich. Das hat mich richtig glücklich gemacht.

  • Wie ist das, wenn beide Ehepartner Schriftsteller sind?

Am Anfang war er so eine Art Lehrer für mich, obwohl wir ja gleich alt sind. Aber dann haben wir uns gegenseitig befruchtet. Ich habe meine Sachen gemacht, er seine. Ich schreibe ja auch anders. Wir haben uns immer gegenseitig unsere Sachen vorgelesen. Also unterschiedlich in welchem Stadium, ob am Anfang, vor dem Ende, bei jeder Unsicherheit haben wir uns unterstützt.

  • Wie war das bei den jüngsten Büchern über ihre Verwandtschaft?

Michael hat zu mir gesagt: „Schreib über deine Familie, die ist so ungewöhnlich, das ist deine Stärke.“ Zu Beginn hatte ich Angst davor, weil ich mir dachte, da werden Menschen gekränkt sein, was ich über sie schreibe, daher habe ich gewartet, bis die wichtigen Leute tot waren.

  • Sie haben ihre Tochter Paula 2007 durch einen Bergunfall verloren. Sie starb im Alter von 20 Jahren durch einen herabfallenden Stein. Können Eltern das überhaupt verkraften?

Der Schmerz ist immer da. Sie war so eine lebhafte junge Frau. Dass sie nicht mehr da war, war auch für ihre Geschwister eine Katastrophe. Wir brauchten nach dem Unfalltod sehr viele Tabletten, weil wir psychisch sehr angeschlagen waren.

  • Sie haben diese Tablettenhülsen gesammelt und sie später künstlerisch verwertet?

Das stimmt, ich habe aus Draht eine Skulptur geformt und die silbrigen Hülsen draufgenäht. Als es fertig war, habe ich mir gedacht, es sieht aus wie eine Rüstung.

  • Trotz des großen Erfolges, den Sie als Schriftstellerin haben, wirken Sie sehr geerdet.

Wieso soll ich davonfliegen? Ich habe so ein gutes Leben gehabt. Und ich meine, was mir im Leben am wichtigsten ist, das sind die Menschen. Und zwar alle Menschen, ganz egal, welcher Herkunft. Und das ist für mich eigentlich der Lebensinhalt. Menschen zuzuhören, sie zu beobachten und dann darüber zu schreiben, das ist mein Glück.

  • Sind Sie ein gläubiger Mensch?

Ich bin schon gläubig. Ich habe einen Kinderglauben. Meine Eltern sind aber nie in die Kirche gegangen. Meine Mutter aus Krankheitsgründen, mein Vater, weil er sich für die Kirche nicht interessiert hat. Meine Tante hat uns aber aus Anstandsgründen immer in die Kirche geschickt. Ich bin auch getauft und gefirmt.

Als die Mutter sehr krank war, haben wir am Tisch jeden Abend Rosenkranz gebetet. Ich habe mit meinen Kindern immer gebetet, wenn ich sie ins Bett gebracht habe, weil ich mir immer gewünscht habe, dass sie wieder gesund aufwachen, das hatten sie gern. Später haben sie mir gesagt: „Mama, das war so schön, dass du mit uns das Jesuskind gebetet hast.“ Wenn es mir schlecht geht, bete ich auch. Aber ich bin keine Messbesucherin.

  • Gehen Sie in Kirchen?

Sehr gerne. Ich gehe nicht als Touristin in eine Kirche, sondern ich fühle mich da schon wohl. Es ist einfach schön in einer Kirche. Und da auch ein Gebet zu sprechen, das finde ich schon schön.

Autor:

Stefan Hauser aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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