Die Nothelfer - heute dringend gebraucht
Heilige für jede Gelegenheit

Es lohnt sich, die helfenden Heiligen – hier dargestellt in einem Holzrelief von Tilman Riemenschneider (Bildausschnitt) – wiederzuentdecken und ihre Legenden zu lesen. | Foto: Julia Martin_Abtei Münsterschwarzach
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  • Es lohnt sich, die helfenden Heiligen – hier dargestellt in einem Holzrelief von Tilman Riemenschneider (Bildausschnitt) – wiederzuentdecken und ihre Legenden zu lesen.
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Am 8. August gedenkt die Kirche der 14 Nothelfer. Ihre Wirkungsgebiete sind erstaunlich
aktuell: Christophorus und Vitus werden bei Unwettern und Dürre angerufen, Georg soll vor Kriegsgefahr und Seuchen schützen. Unsere Zeit scheint die 14 himmlischen Helferinnen und Helfer dringend nötig zu haben. Doch wie können wir uns den Nothelfern annähern und einen Zugang zu ihnen finden? Darüber sprechen wir mit Pater Anselm Grün, der mehrere Bücher zum Thema verfasst hat.

Pater Anselm Grün, Dr. theol., geb. 1945, ist Mönch und geistlicher Begleiter in der Benediktinerabtei Münsterschwarzach. Seine Bücher zu Spiritualität und Lebenskunst sind weltweite Bestseller.  | Foto: CC
  • Pater Anselm Grün, Dr. theol., geb. 1945, ist Mönch und geistlicher Begleiter in der Benediktinerabtei Münsterschwarzach. Seine Bücher zu Spiritualität und Lebenskunst sind weltweite Bestseller.
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Die 14 Nothelfer sind Heilige, denen die Gläubigen seit Jahrhunderten ihre Anliegen und Alltagssorgen vorbringen. Um sie um Hilfe zu bitten, nahmen die Menschen früher weite Wege auf sich und pilgerten an Wallfahrtsstätten, an denen die Nothelfer verehrt wurden. Bis auf den Einsiedler Ägidius sind alle Nothelfer Märtyrer. Sie waren Heldinnen und Helden und dienten als Vorbilder, boten mit ihren Lebenswegen Orientierung und machten Mut.

„Die Verehrung der 14 Nothelfer war eine Art der Therapie. Sie geben uns die Möglichkeit, unsere eigenen Wunden anzuschauen, die Wunden Gott hinzuhalten und zu vertrauen, dass er diese Wunden heilt. Die Nothelfer laden uns ein, die eigenen Wunden zuzugeben und uns vorzustellen, dass Gottes Liebe in die Wunden einströmt und sie ein Stück verwandelt“, sagt P. Anselm Grün im Gespräch mit dem SONNTAG. Der Benediktinerpater und Autor zahlreicher spiritueller Bücher befasst sich seit vielen Jahren mit den 14 Nothelfern und versucht ihre Botschaft in die Sprache unserer Zeit zu übersetzen.

Hoffnung für unsere Zeit

Die 14 Heiligen decken viele Lebensbereiche ab, selbst Seuchen, Kriegsgefahr und Unwetter zählen dazu – Notsituationen, die auch in unserer Zeit mehr denn je vorkommen. Können wir uns in unserer von Krisen so stark geprägten Zeit Hilfe bei den Nothelfern erwarten? Dazu Pater Anselm Grün: „Auf jeden Fall. In dieser aufgewühlten Zeit brauchen wir auch ein Stück Hoffnung und Zuversicht. Die Nothelfer geben uns da die Hoffnung, dass alle diese Wunden geheilt werden können. Auch Wunden wie Krebs, Angst, Besessenheit, Verfolgung, Krieg – alles das wird da genannt. In den Nothelfern wird das ganze Leben sichtbar und das Vertrauen, dass Gott uns in diesen Nöten hilft.“ Dabei sei es aber Gott, der uns hilft. Die Nothelfer und ihre Legenden würden uns Mut machen und den Weg weisen: Wenn Gott ihre Wunden geheilt hat, wird er auch unsere Wunden heilen.

Mit dem heiligen Blasius gegen die Angst

Ein Thema, dass unsere Zeit präge, sei die Angst. „Der Nothelfer, der uns die Befreiung von unserer Angst verheißt, ist der hl. Blasius. Blasius war Arzt und heilte Menschen und Tiere.“ Blasius wurde durch die Heilung eines jungen Mannes bekannt, der eine Fischgräte verschluckt hatte und sie nicht mehr herausbrachte. An seinem Fest, dem 3. Februar, wird der traditionelle Blasiussegen gespendet. „Die Heilung der Angst geschieht in der Legende des hl. Blasius auf sein Gebet hin. Wenn ich mit meiner Angst zu Gott gehe und im Gebet nicht nur mit Gott, sondern vor Gott auch mit meiner Angst spreche, dann kann sie sich langsam lösen“, empfiehlt der Benediktinerpater.

Bei Todesangst haben Gläubige den Nothelfer Achatius angerufen. „Die Verehrung des hl. Achatius zeigt uns, dass die Todesangst durchaus auch Christen befallen kann. Es ist eine Urangst, die man auch durch Vertrauen auf Gott nicht einfach beiseiteschieben kann. Der Schritt ins Ungewisse und Unbekannte macht Angst.“ Die existentielle Psychotherapie wisse, dass der Prozess der Selbstwerdung nur gelinge, wenn wir uns unserer Todesangst stellen.

Achatius war ein römischer Soldat und hatte sich geweigert, dem Kaiser zu opfern. „Er wurde mit Steinen beworfen, aber diese haben ihn nicht verletzt. Das ist ein Bild, dass viele Steine, die uns im Weg liegen, uns nicht schaden können. Er ist dann gekreuzigt worden, weil er genauso wie Jesus sterben wollte. Corona hat bei vielen die Todesangst geschürt. Achatius überwindet die Todesangst.“ Ein Engel, der Achatius während seines Lebens begleitet habe, gehe auch den letzten Schritt über die Schwelle mit ihm. „Er ist ein Hoffnungsbild, das auch uns von unserer Todesangst zu befreien vermag.“

Margareta und die Vierzehn Nothelfer (Gemälde aus der Michaelskirche in Feldkirch-Tisis). | Foto: Vorarlberg Museum
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Wie wir uns den Nothelfern annähern

Es scheint, dass heute viele keinen Zugang mehr zu den 14 Nothelfern haben, sie als etwas Verstaubtes betrachten. Wie können wir uns den Nothelfern wieder annähern? Anselm Grün sagt: „Wichtig ist, die Legenden der Nothelfer zu lesen. Diese haben ihre eigene Wahrheit. Hier ist es nicht so wichtig, ob sie historisch genau richtig sind oder nicht. Die Legenden sprechen in Bildern. Künstler haben, wenn sie die Nothelfer dargestellt haben, die Legenden interpretiert und gezeigt, wie wir einen Weg finden können. Schon das Betrachten der Bilder gibt uns Hoffnung.“

Gibt es einen Nothelfer, eine Nothelferin, die P. Anselm Grün besonders schätzt? „Ich mag die hl. Margarethe, die den Drachen am Bändchen führt. Das ist für mich ein schönes Bild. Der Drache steht für das Negative und die Schattenseiten – diese darf man nicht unterdrücken, sondern die muss man integrieren, dann wird der Schatten bzw. der Drache zur Hilfe. Manche Künstler haben sie auch so dargestellt, dass sie auf dem Drachen reitet. Er gibt ihr Kraft und Lebendigkeit, er nimmt ihr die Angst vor dem Negativen.“ Wenn es um unsere Schattenseiten gehe, sei auch der hl. Georg wichtig. „Manches an Negativem kann man nicht integrieren. Manches Negative muss man aus sich herauswerfen oder töten, wie Georg es gemacht hat.“

Die Botschaft der Nothelfer sei keineswegs verstaubt. „Für mich steckt in diesen Not- helfern ganz viel therapeutische Weisheit. Wichtig ist, dass wir die Weisheit dieser alten Traditionen wieder neu entdecken und in eine Sprache übersetzen, die die Menschen heute verstehen. Dann wird das auch wieder interessant. Die Leute merken dann, dass das etwas ganz Modernes ist, das uns heute helfen kann, mit unseren Nöten umzugehen. Die Nothelfer zeigen, dass der Glaube ein heilender Glaube ist und kein moralisierender.“

Autor:

Agathe Lauber-Gansterer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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