Kommentar: Die Kirche & ich
Wenn einem das Geimpfte aufgeht
Bekanntlich ist „allen Menschen recht getan“ eine Kunst, „die niemand kann“. Nicht einmal unser Kardinal. Er macht sich dafür stark, dass möglichst viele Menschen sich gegen Corona impfen lassen.
Als um die Jahreswende in einem der Kirche nahestehenden Pflegeheim eine große Impfaktion durchgeführt wurde – mehr als 600 Bewohner und das gesamte Personal wurden geimpft – hat man sich dort an den schweren Lungeninfarkt des Kardinals erinnert und ihn gefragt, ob er gleich mitgeimpft werden will, wenn Impfdosen übrig bleiben sollten. Der Kardinal war einverstanden.
Es bleiben Dosen übrig, und er wurde geimpft. Und weil wir im diözesanen Presseteam wissen, wie viele Impf–skeptiker es auch unter Katholiken gibt, haben wir ihn gefragt, ob wir das Ganze öffentlich bekannt machen dürfen. Damit er sozusagen mit gutem Beispiel vorangeht.
Als die Meldung draußen war, dürfte einigen, wie man so sagt, das Geimpfte aufgegangen sein. Es erreichten uns Briefe, die dem Kardinal vorwarfen, es sich gerichtet zu haben. Es kamen aber auch Schreiben von Menschen, die sich dringend eine Impfung wünschen und daran verzweifeln, dass das so lange dauert. Ich kann gut verstehen, dass es sie irritiert hat zu erfahren, dass andere schon dran waren.
Hätte der Kardinal sich nicht impfen lassen, hätte er sich die Vorwürfe anhören müssen, die manche etwa der Regierung machen: Das Impfen für andere propagieren – aber selber lieber erst zuwarten! Kritisieren kann man alles.
Ich denke, wichtiger als zu schauen, wer wann geimpft wird, ist, drauf zu schauen, dass so rasch wie möglich alle geimpft werden, die das wollen. Hier und in der ganzen Welt.
Autor:Michael Prüller aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.