Kommentar: Die Kirche & ich
Machts kein Theater!
Meine Mutter hat auf eine eigentümliche Weise Mitgefühl und Warmherzigkeit mit Nüchternheit und einer Abneigung gegen jede Aufgeregtheit verbunden.
Als sie als 16-Jährige mit Mutter und Geschwistern aus ihrem Zuhause in Böhmen vertrieben wurde und sie nur wenige Minuten hatte, um einen einzigen Koffer zu packen, hat sie nicht ihre Lieblingssachen mitgenommen, sondern ihre praktischsten Kleider und ihre festesten Schuhe.
So war sie, und diese Haltung hat ihr durchs Leben geholfen. Wenn eines von uns Kindern glaubte, jetzt sei die Zeit fürs Jammern gekommen, hatte sie den für sie ganz typischen Satz parat: „Machts kein Theater!“
Ich würde diesen Satz gerne an alle weitergeben, die jetzt schon wieder jammern. Dass „uns die Messen weggenommen“ werden! Oder dass immer noch Messen erlaubt sind (zehn Personen können doch auch einander anstecken)! Machts kein Theater. Wir stehen das durch.
Das Drama spielt sich doch wirklich woanders ab, etwa in den Tiroler Intensivstationen, die schon zu 88 Prozent mit Covid-Patienten ausgelastet sind. Oder in den Familien der fast 600 Corona-Toten allein der letzten zwei Wochen.
Wollen wir uns der Herausforderung würdig weisen, sollten wir jetzt zupacken. Action statt Matschkern, sozusagen. In Hannover, so lese ich, bereitet ein Pfarrer vor, die Weihnachtsmette im Fußballstadion zu feiern. In Wien habe ich von einer Pfarre gehört, die kleine Strohballen in Auftrag gegeben hat, für die Weihnachtsgottesdienste outdoor, damit möglichst viele mitfeiern können.
Es gibt so vieles, das jetzt getan werden kann. Es ist eine gute Zeit für Menschen guten Willens.
Autor:Michael Prüller aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.