Kommentar: Die Kirche & ich
Der Papst ist kein Mr. Wichtig!
Über den Theologen Hans Küng, der mit starker innerer Überzeugung das Dogma von der Unfehlbarkeit des Papstes anzweifelt, erzählt man den Witz, dass ihm angeboten worden sei, Papst zu werden. Er hätte das aber abgelehnt, denn dann wäre er nicht mehr unfehlbar.
Auch Sie oder ich halten uns manchmal wohl für unfehlbar, zumindest in Einzelfragen. Aber beim Papst, dessen Unfehlbarkeit vor 150 Jahren (am 18. Juli 1870) feierlich vom 1. Vatikanischen Konzil verkündet wurde, ist das anders. Der Papst ist nicht so gebildet, allwissend oder übergescheit, dass er immer Recht hat.
Das Dogma seiner Unfehlbarkeit beruht vielmehr darauf, dass das Wissen um Gott, seinen Willen und das, was dem Menschen gut tut, sich im Lauf der Jahrtausende immer mehr entfaltet, aus dem Ursprung dessen heraus, was Christus den Aposteln offenbart hat.
Bei dieser Entfaltung kommen Dinge zum Vorschein, die man zuvor noch nicht, oder noch nicht so gesehen hat – wie neue Zweige eines Baumes. Und, so hat es etwa der selige Kardinal Henry Newman ausgedrückt: Christus schenkt uns eine Instanz, die uns erkennen hilft, was an den neuen Ästen aus dem Samen des Baumes kommt und was bloß von Menschen hinzugefügt wurde. Diese Instanz ist das Lehramt der Kirche mit dem Papst als Schlussstein. Wenn er also, wie es das Konzil formuliert hat, in einer Lehrfrage „endgültig entscheidet“, soll die ganze Kirche daran festhalten.
Allerdings entfaltet sich auch der Glaube an die päpstliche Unfehlbarkeit. Eine Diskussion über sie, ihr Wesen, ihre Handhabung und ihre Grenzen ist ihr notwendiger Begleiter. Dieses Dogma ist ein Geschenk, das das Nachdenken nicht überflüssig macht, sondern anregt.
Autor:Michael Prüller aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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