Pfarrgemeinderatswahl 2022
Zwischen Tradition und Innovation
In wenigen Monaten findet die Pfarrgemeinderatswahl statt. Mit welchen unterschiedlichen Geschwindigkeiten unsere Pfarren unterwegs sind, vor welchen Herausforderungen sie stehen und welche Chancen sie dabei sehen, beleuchtet der SONNTAG bis zum Wahltag am 20. März 2022.
Vor fünf Jahren kam mit P. Josef Riegler OCist ein neuer Pfarrer nach Wimpassing (Vikariat Unter dem Wienerwald). Er bat das bewährte Team, bei der damaligen PGR-Wahl als Kandidaten wieder anzutreten – er selbst sei ja „noch ganz neu“. Die Wahl ging in dieser Richtung aus. „Doch es fehlen nun frische Ideen“, sagt Pater Josef. Der Katholikenzahl entsprechend wurde beschlossen, bei der PGR-Wahl vier Personen zu wählen. Es handelt sich um ca. 1.200 Katholiken bei etwa 2.000 Einwohnern. Drei bisherige PGR-Mitglieder sind wieder bereit zu kandidieren. Bei der PGR-Sitzung fielen noch sechs Namen für eventuelle weitere Kandidaten.
Der Pfarrer hat bestimmte Vorstellungen und Überlegungen: „Werden sich genug bereit erklären? Wie gut kann das Durchschnittsalter gesenkt werden? Der Ort Wimpassing ist als Industriestandort mit hohem Migrationshintergrund geprägt. Welche Rolle kann das in der Zukunft der Pfarre spielen? Wo kann der von Papst Franziskus angesprochene synodale Weg ganz praktisch Platz haben?“ Sein Fazit: „Eine große Herausforderung – doch Mut“, sagt Pater Josef: „Schauen wir auf Jesus. Er schaut auch auf uns.“
Weiterhin auch digital unterwegs
„In der jährlichen Pfarrgemeinderatsklausur, die wir dieses Jahr von 8. bis 9. Oktober im Stift Göttweig abhielten, war der große Schwerpunkt die kommende Pfarrgemeinderatswahl 2022. Viele Beschlüsse trafen wir, begonnen von der Auswahl des Wahlvorstandes über die Zahl der Pfarrgemeinderäte im neuen PGR bis hin zu einer Mindestzahl der zu wählenden Pfarrgemeinderäte aus der jeweiligen Teilgemeinde“, erzählt der Stellvertretende Vorsitzende des Pfarrgemeinderates der Pfarre „Zur Heiligen Mutter Teresa“ (Wien 14), Peter Haubenberger dem SONNTAG.
Viele der jetzigen Pfarrgemeinderratsmitglieder wollen sich wieder der Wahl stellen, einige hören auf, manche sind bereit im Wahlvorstand mitzuhelfen. „In der Klausur ging es auch um einen Rückblick auf die letzten fünf Jahre, in denen sich sehr viel getan hat: aus zwei eigenständigen Pfarren, Oberbaumgarten und Baumgarten, ging 2019 die neue Pfarre Heilige Mutter Teresa, hervor“, sagt Haubenberger: „Im Jahr darauf kam eine nicht nur für unsere Pfarre große Herausforderung, die Corona-Pandemie.“ In dieser Zeit, als keine persönliche Begegnung möglich war, wurde ein Onlineangebot für die Pfarrfamilie geschaffen. „Täglich feierten wir eine Heilige Messe auf unserem Youtube-Kanal, auch ein Abendgebet wurde übertragen. Diese Angebote wurden zum unverzichtbaren Bestandteil in unserem Pfarrleben: jeden Freitag bis Sonntag gibt es um 21.45 Uhr ein Abendgebet und jeden Sonn- und Feiertag um 10.30 Uhr wird die Heilige Messe aus der Pfarrkirche St. Anna übertragen“, unterstreicht Haubenberger.
Die Pfarre bleibt innovativ. „Als Pfarrgemeinderäte erarbeiteten wir anhand unseres Pastoralkonzepts mögliche Schwerpunkte für die nächsten Jahre, um die Arbeit des neuen Pfarrgemeinderates zu erleichtern“, betont der Stellvertretende PGR-Vorsitzende.
„Staunen“ über die Wahlziele
„Seit 25 Jahren, also bereits fünf Perioden, darf ich nun im Pfarrgemeinderat unserer Pfarre mitarbeiten. Ein Ehrenamt, das viele schöne, aber auch herausfordernde Zeiten schon mit sich gebracht hat“, berichtet Markus Göstl, Stellvertretender PGR-Vorsitzender der Pfarre Gnadendorf im Nord-Vikariat. Die Pfarre gehört zum Pfarrverband „Minoriten Weinviertel“. „Am jeweiligen Ende einer Wahlperiode gab es immer die gleiche Fragestellung: Werden wir genug Kandidatinnen und Kandidaten für den nächsten Pfarrgemeinderat finden“, erzählt Göstl. 2002 gelang dies leicht – kommendes Jahr, 20 Jahre später, schaut die Situation sehr viel anders aus. „Wenn in unserer Pfarre die Hälfte der bisherigen Pfarrgemeinderäte aus den unterschiedlichsten Gründen aufhören, dann weiß man als erfahrener Pfarrgemeinderat, dass die Suche nach neuen engagierten Personen sehr schwer werden wird“, sagt er.
„Die Zahl der Kirchenbesucher nimmt ab und in einem Ort mit 221 Katholiken und zahlreichen Vereinen und Organisationen noch Leute ohne Amt zu finden, die mitarbeiten wollen, ist nicht einfach“, weiß Göstl um die Herausforderungen. Und er blickt dabei über den pfarrlichen Tellerrand: „Eine Situation, die sich in vielen Weinviertler Pfarren ähnlich abzeichnet, wie Gespräche bestätigen.“ Umso mehr „erstaunen“ ihn die festgelegten Wahlziele, „die eine Steigerung der Wahlbeteiligung, der Kandidatenanzahl, der erstmaligen Kandidatur und auch eine Verjüngung der Gremien vorsehen“. Markus Göstl nimmt sich dabei kein Blatt vor den Mund: „Am grünen Tisch relativ einfach aufgeschrieben, in der Praxis alles andere als leicht umsetzbar.“ Und trotzalledem: „Ein Ziel haben wir jedoch in Gnadendorf ganz sicher. Wir wollen auch in den nächsten fünf Jahren einen Pfarrgemeinderat haben“, betont Göstl.
Der Pfarrverband „Minoriten Weinviertel“ besteht aus sechs Pfarren: Ameis, Asparn an der Zaya, Gnadendorf, Grafensulz, Michelstetten und Wenzersdorf. „Bei den ersten Besprechungen und Beratungen in den Pfarrgemeinderäten des Pfarrverbands bzgl. der PGR-Wahl hat sich vorerst ein sorgenvolles Bild in vielerlei Hinsicht gezeigt: Es hören einige PGRs auf, weil sie sich u.a. jahrzehntelang in den Pfarren ehrenamtlich engagiert haben, verdienterweise in den ,Ruhestand‘ gehen und Jüngeren den Platz überlassen wollen“, berichtet Pfarrer P. Nicholas Thenammakkal. „Der Wunsch von allen Seiten ist, die jüngere Generation einzubinden. Es ist aber schwierig, gerade sie für die Mitarbeit in den Pfarren zu motivieren. Die Gründe dafür sind unterschiedlich. Nur um einen zu nennen: Die Kirche hat ihre Ausstrahlungs- und Anziehungskraft eingebüßt.“ Die Kandidatensuche gestaltet sich dementsprechend schwierig. Es soll trotzdem eine Wahl stattfinden.
Pater Nicholas fragt sich dabei: „Werden wir genügend Menschen finden, die Wert darauf legen, dass es in den Ortschaften eine lebendige Pfarre gibt? Als Christinnen und Christen schauen wir jedoch zuversichtlich in die Zukunft.“
Autor:Stefan Kronthaler aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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