Heilig in der Politik
Warum wird Stephan von Ungarn ewig verehrt?

Nationalheld: Am 20. August feiert das ganze Land mit Festprozessionen seinen Staatsgründer. 1938 entstand dieses internationale Poster zum 1000-Jahr-Jubiläum des heiligen Stephan. | Foto: Sophie Lauringer
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Er stammte aus dem heidnischen Geschlecht der Arpaden und wurde mit drei Jahren getauft. König Stephan ging als Staatsgründer Ungarns und als Heiliger in die Geschichtsbücher ein. Dabei war er als Politiker nicht zimperlich, wenn es darum ging, seine Interessen für das Land durchzusetzen.

Die Arpaden hatten es geschafft: Ihr junger Hoffnungsträger, der bereits getaufte und tatkräftige Sohn Stephan, heiratete 995 Gisela. Mit der Hochzeit steigt die Familie in die erste Liga der Politiker ihrer Zeit auf, denn die junge Ehefrau ist die Schwester des späteren Kaisers Heinrich II. Gisela kam in Begleitung bayerischer Ritter nach Ungarn, von denen viele Ländereien erhielten und sich hier niederließen. Später wurden sie zu Stephans Hilfstruppen.

Für sein Land noch viel wichtiger ist jedoch die Krönung Stephans zu Weihnachten 1000. Als „Apostolischer König“ ist er Begründer des christlichen Ungarn. Das erklärt auch, warum sich die heilige Stephanskrone heute im ungarischen Parlament – gut bewacht hinter Panzerglas – befindet. Sie wurde 1990 wieder in das ungarische Wappen aufgenommen und ist Teil der Nationalidentität.

Was hat Stephan dazu beigetragen? Nach abendländischem Vorbild schafft er eine zentralistische Herrschaftsstruktur. Als König setzt er die Christianisierung – zum Teil gewaltsam – fort. Er holt Missionare und lässt Kirchen und Klöster bauen, gründet acht Diözesen, zwei Erzdiözesen, mehrere Abteien, darunter Pannonhalma, und führt eine kirchliche Verwaltungsstruktur ein. Stephans Gesetze beziehen sich auf die Festigung des Christentums, des Privateigentums, der königlichen Macht und Gerichtsbarkeit sowie der Kirchenordnung einschließlich des Zehnten. Stephan fördert den Handel mit anderen Ländern und schafft so Wohlstand. Im Volk ist er beliebt als gerechter König, der sich um die Armen kümmert.

Auf der anderen Seite lässt er Widersacher aus der eigenen Familie blenden und ihnen Blei in die Ohren gießen. Seinen Neffen Peter Orseolo ernennt er schließlich zum Nachfolger. Und trotz der Grausamkeiten gilt Stephan mit seiner gelebten Marienfrömmigkeit als Nationalheiliger. Er wird dargestellt als Herrscher mit Weltkugel und Kreuz.

In einem Mahnschreiben an seinen Sohn Emerich, der bei einem Jagdunfall sehr jung gestorben ist, formuliert er das Idealbild eines Politikers so: „Wenn du die Ehre der Königsherrschaft haben willst, dann liebe die Gerechtigkeit! Wenn du deine Seele besitzen willst, dann sollst du geduldig sein! Fürchte dich, Richter zu sein, aber freu dich, König zu sein und zu heißen. Geduldige Könige üben eine Königsherrschaft aus, ungeduldige eine Tyrannei.“

Die rechte und angeblich unversehrte Hand des Königs schützt noch immer das Land – sie ist mit der heiligen Stephanskrone Staatsschatz der Ungarn. Und das wird nach dem Willen der Magyaren auch so bleiben.

Wer war Ungarns erster König?

Stephan starb am 15. August 1038, gemeinsam mit seinem jung verunglückten Sohn Emmerich wurde er am 20. August 1083 heiliggesprochen. Die beiden Daten erklären, warum sein Gedenktag in der katholischen Kirche am 16. August ist. In Ungarn ist hingegen der 20. August ein Nationalfeiertag. Ungarns Staatsgründer wird im ganzen Land mit Gottesdiensten ihm zu Ehren, Prozessionen und Feuerwerken gefeiert. Der populäre Heilige steht auch in der 1983 uraufgeführten und sehr beliebten Rockoper „István, a király“ im Mittelpunkt. Das Werk endet mit der ungarischen Nationalhymne, die als Gebet verfasst ist: „Gott segne den Ungarn mit Mut und Überfluss.“ Der heilige Stephan hat seinem Land davon reichlich als Erbe hinterlassen.

Autor:

Bernadette Spitzer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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