Rund um die Pfarre
Mit dem Pfarrer auf dem Traktor
Das Weinviertel ist eine
einmalige Kulturlandschaft.
Der Pfarrverband Weinland Nord am äußersten Rand der Erzdiözese Wien ist katholisches Kernland. Pfarrprovisor Richard Hansl ist hier vor einem Jahr angekommen. Der umtriebige Priester und Seelsorger tut alles dafür, dass die Kirche weiter für die Menschen aller Generationen da ist. Teil 3 der Besuchsreihe führt den SONNTAG in das Vikariat Nord – Unter dem Manhartsberg.
Seit einem Jahr lebt Richard Hansl hier am Land. Der Oberösterreicher aus dem Salzkammergut, in eine ökumenische Familie hineingeboren, war zuvor Kaplan in Wien. Der 36-Jährige fand im zweiten Berufsweg in die Seelsorge. Mit 25 Jahren trat er ins Priesterseminar ein und ist seither beherzt engagiert unterwegs in allen Angelegenheiten des Herrn und der Kirche. Unaufgeregt und pragmatisch begegnet er seinen Mitmenschen. Hier im Weinland Nord wird „der Pfarrer“ gegrüßt und er grüßt zurück. Was ihm dabei hilft? Hansl mag die Menschen, er ist gerne für sie da und er passt sich den Gegebenheiten an. Da kann es schon vorkommen, dass er in einer Ministrantinnenrunde mit den Mädels (selbstverständlich alkoholfreien) Einhornsekt mit Krönchen trinkt, so hatten es sich die Volksschulkinder gewünscht.
14 Krankenkommunionen an einem Nachmittag
Bei 33 Grad und strahlendem Sonnenschein wartet bereits der Oldtimer-Steyr-Traktor, Jahrgang 1954, vor dem Pfarrhof. Auf dem Land fährt man und geht nicht, wie der Seelsorger schnell festgestellt hat: „Ich bin noch nie so wenig gegangen wie jetzt.“ Die Wege sind nicht lange, aber wenn Hansl an einem Nachmittag 14 Krankenkommunionen austrägt, ist das nur mit dem – übrigens von seinem Zahnarzt kostenfrei überlassenem – Auto zu schaffen: „40.000 Kilometer bin ich im ersten Jahr gefahren“, erzählt er.
Während der alte Traktor gemächlich über das Land zuckelt, vorbei an Hochständen, grünen Feldern und Obstbäumen erläutert, der Seelsorger, dass er hier im Weinviertel gelernt hat, welche Bedeutung die „20 Millimeter Regen“ in der vergangenen Woche für die Landwirtschaft haben: „Nach der Trockenheit ist es jetzt wieder grün.“ In Drasenhofen wurde erst in diesem Jahr das „Vitus & Vino“-Pfarrfest begangen, bei dem die Winzer ihre Weine präsentierten. Der beste Messwein wurde mit dem „Goldenen Vitus“ prämiert, benannt nach dem heiligen Vitus, dem Patron der Drasenhofer Pfarrkirche. „Ohne den Grünen Veltliner geht hier gar nichts“, sagt Hansl. Im Weinviertel wachsen und gedeihen aber auch Sonnenblumen, Kürbis, Kukuruz, Äpfel und Marillen. Die Landwirtschaft prägt das Leben der Menschen.
Die erste Station ist im Gasthaus von Kleinschweinbarth. Das Tischgebet ist kurz, kommt Hansl aber herzlich von den Lippen: „Lieber Gott, segne flott.“ Während des Essens erzählt er vom Leben am Land, wo er sich sehr wohl fühlt: „Wir haben viele Vereine, die Pfarre ist ein sozialer Brennpunkt.“ Die Gemeinden tragen das Engagement mit. Hansl ist Feuerwehrkurat, die Jäger bestehen auf einem Segen vor der Jagd, auch wenn der Pfarrer selbst noch keinen Jagdschein hat.
Wo der Esel den Pfarrer grüßt
Nach dem Besuch in der Kleinschweinbarther Kirche setzt sich der Traktor wieder in Bewegung. Nächster Stopp ist am Fuß der Freitreppe vor der Barockkirche Falkenstein. Hat man die Stiege erklommen, ist der Blick über das Land nicht nur schön, sondern beruhigend. Hier führt auch der Weinviertler Jakobsweg von Drasenhofen beginnend nach Poysdorf und weiter bis Krems. Die Natur lebt, viele Tiere haben hier ihren Lebensraum: Fasane, Pfaue, Hasen, Wildschweine, Rehe und Falken. Bei der Rundfahrt grüßt ein Esel am Wegrand.
Was bemerkbar und sichtbar ist: In den kleinen Orten des Pfarrverbandes Weinland Nord wird gebaut: „Junge Familien kehren zurück aus der Stadt aufs Land“, in Drasenhofen ist ein Neubau direkt an den Pfarrgarten angrenzend. Hier ist eine kleine Kapelle eingerichtet, in Coronazeiten ein Segen, denn so konnten hier Messen gefeiert werden. Sogar eine kleine Glocke gibt es, die unüberhörbar zum Gebet ruft. Pfarrprovisor Hansl ist ebenfalls sehr gefragt: „24 Hochzeiten habe ich dieses Jahr gefeiert, dazu rund 35 Taufen.“ Die Messzeiten musste er anpassen, alles ist nicht mehr möglich. Auch hier ist der Pfarrprovisor realistisch. „Die Kirche ist Teil der Gesellschaft und der Gemeinden.“ Richard Hansl stellt das fest, er beurteilt nicht. Vielmehr überlegt er, wie die Kirche weiterhin für die Menschen im Weinland Nord da sein soll und kann. Die Traktorfahrt symbolisiert seine Arbeit: vieles im Blick habend, entschleunigend, aber immer in Bewegung.
Autor:Sophie Lauringer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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