„Tag des Judentums“ am 17. Jänner
„Ich wünsche mir einen Sonntag des Judentums“
Seit dem Jahr 2000 wird in Österreich vor der „Gebetswoche für die Einheit der Christen“ am 17. Jänner der „Tag des Judentums“ begangen. Dechant Ferenc Simon, er ist der Diözesanbeauftragte für jüdisch-christliche Zusammenarbeit in der Erzdiözese Wien, wünscht sich im Gespräch mit dem SONNTAG gar einen eigenen „Sonntag des Judentums“, um die Verbindung des Christentums mit dem Judentum noch stärker hervorzustreichen.
Herr Dechant, Sie sind auch Diözesanbeauftragter für christlich-jüdische Zusammenarbeit in unserer Erzdiözese Wien. Was kann man sich unter dem „Tag des Judentums“ vorstellen?
Ich bin vor allem für die Zusammenarbeit zuständig. Natürlich beginnt die Zusammenarbeit mit dem Gespräch. Aber ein solches Gespräch kann nur dann gelingen, wenn wir zuerst unsere eigenen Positionen auch gut kennen. Da haben wir Katholiken noch unsere Schwierigkeiten. Jetzt, im 21. Jahrhundert, haben wir auch gerade mit unserer Jugend die Chance, an die Problematik anders heranzugehen. Die christlichen Kirchen feiern am 17. Jänner den „Tag des Judentums“. Das Christentum ist in seinem Selbstverständnis wesentlich mit dem Judentum verbunden. Damit dies uns Christen immer deutlicher bewusst wird, hat der Ökumenische Rat der Kirchen in Österreich im Jahr 2000 den „17. Jänner – Tag des Judentums“ als Gedenktag im Kirchenjahr eingeführt. Wir haben im jüdisch-christlichen Gespräch jetzt auch vorgeschlagen, dass wir 2020 anlässlich des „Tages des Judentums“ auch einen „Lern-Tag“ machen. Wir wollen also jetzt nicht nur des Unrechts gedenken, das von Christen an jüdischen Menschen und ihrem Glauben begangen wurde, sondern auch am 14. Jänner in der Israelitischen Kultusgemeinde eine Veranstaltung zum Thema „Wer oder was ist der Knecht Gottes?“ abhalten.
Was kann so ein „Lern-Tag“ bewirken?
Dieser „Lern-Tag“ ist etwas Neues. Denn entscheidend ist es, Jesus kennenzulernen, nicht nur, dass er Jude ist, das ist jetzt schon überall angekommen, sondern auch in seiner jüdischen Identität. Der Gott Israels ist kein grausamer, blutrünstiger Erzieher, sondern ein Befreier. Auch die sogenannte „Einstimmung in den Tag des Judentums“, heuer am 16. Jänner in der Brigittenau, hat sich als „Lern-Abend“ sehr bewährt. Ich werde heuer darauf Bezug nehmen, dass 1670, vor 350 Jahren, die Juden aus der Leopoldstadt vertrieben worden sind. Auch heute werden wieder gerne Sündenböcke gesucht und man zieht dann gern schnell wieder die Juden-Karte, dass nämlich die Juden schuld sind, wenn es uns schlecht geht.
Wie können wir Katholikinnen und Katholiken gleichsam immun werden gegen die Versuchung des Antisemitismus?
Indem wir Klartext sprechen und immer wieder darauf hinweisen, dass wir uns noch mehr in die Lehr-Dokumente unserer Kirche vertiefen sollen und uns ständig, auch theologisch, weiterbilden. Dann werden wir auch immun gegen Antisemitismus. Wer antisemitische Aussagen macht, ist kein Katholik. Immer geht es um Begegnung, um das Kennenlernen der Anderen. Im Dekanat 2/20 nehmen wir eine Vorreiterrolle ein, indem wir einander immer wieder begegnen, denn hier leben die meisten jüdischen Geschwister in Wien. Wir haben einen Dekanats-Schwerpunkt „Judentum“, wo wir einmal jährlich mit Rabbinern und Gelehrten ins Gespräch kommen.
Was wünschen Sie sich im Hinblick auf den oft übersehenen „Tag des Judentums“?
Ich wünsche mir einen „Sonntag des Judentums“ in unserer Kirche, wie ihn die Evangelische Kirche mit dem „Israel-Sonntag“ schon seit Jahren hat. 2021 wäre auch ein guter Zeitpunkt, einen solchen „Sonntag des Judentums“ einzuführen, denn da fällt der 17. Jänner auf einen Sonntag. Wir hätten dann zwei thematische Sonntage, die wie eine Klammer die „Gebetswoche für die Einheit der Christen“ rahmen würden. Den „Sonntag des Judentums“ am Beginn und den „Sonntag des Wortes Gottes“ am Ende der Gebetswoche.
Autor:Stefan Kronthaler aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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