Wiens ungewöhnliche Selige
Hildegard Burjan wäre eine ideale Co-Stadtpatronin
Prof. Ingeborg Schödl, „die“ Wiener Burjan-Kennerin, über das Vorbild der seligen Hildegard Burjan. Und warum Wiens ungewöhnliche Selige eine ideale Co-Stadtpatronin für Wien wäre.
- Warum und worin die selige Hildegard Burjan (1883 bis 1933) ein Vorbild für heute ist?
Ingeborg Schödl: „Hildegard Burjan hat einen vollkommen neuen Weg in der Hilfe für Menschen in Notsituationen eingeschlagen. Es war üblich, dass die höhere Gesellschaftsschicht mit Wohltätigkeitsveranstaltungen so quasi ihr Gewissen beruhigt hat. Heute wird das durch Charity-Veranstaltungen meist auch so gemacht. Man genießt ein gutes Essen und tut zugleich ein gutes Werk.
Hildegard Burjans Ansicht war, dass Wohltätigkeit zur Linderung der ärgsten Not wichtig ist, aber noch notwendiger sei es, die Wurzeln der Not zu sehen und zu beseitigen. Warum gerät ein Mensch in Not, dass war ihr Ansatz und das gilt auch heute.“
- Was wir von dieser ungewöhnlichen Seligen (Gedenktag am 12. Juni, selig gesprochen 2012 in Wien) „lernen“ können?
„Unsere Ideen versuchen umzusetzen, auch wenn diese nicht gerade dem Zeitgeist entsprechen. Da ist Hildegard Burjan auch heute, oder gerade heute für uns ein großes Vorbild. Sie hat nicht lange überlegt, ob die von ihr geplanten Hilfen von der Gesellschaft, der Politik und auch der Kirche gutgeheißen werden.
Sie hat den Menschen, vor allem die Frauen, in einer wahrlich oft elenden Situation gesehen und gehandelt. Ein Beispiel dafür ist das von ihr errichtete erste Mutter-Kind-Heim. Ledige Mütter gehörten zu den Ausgestoßenen der Gesellschaft. Weder Politik noch Kirche nahm sich ihrer an. Hildegard Burjan bot ihnen aber jene Hilfe, wodurch sie ihr Leben wieder selbst bewältigen konnten.“
- Und wäre Hildegard Burjan nicht auch eine ideale Co-Stadtpatronin für Wien?
„Sicherlich wäre sie das. Der heilige Klemens Maria Hofbauer und die selige Hildegard Burjan würden sich wunderbar ergänzen. Beide haben sich sozial engagiert und beide waren Menschen, die den Mut hatten, ihre Vorstellungen in die Tat umzusetzen. Bei beiden stand der Mensch in seiner Not im Mittelpunkt ihres Tuns. Natürlich handelten Hofbauer wie Burjan jeweils aus der Sicht ihrer Zeit.
Die Not der Menschen zeigt sich zwar immer gleich, nur welche Hilfsmaßnahmen notwendig sind, das ändert sich. Das zeigt sich gerade an diesen beiden Persönlichkeiten.“
Autor:Stefan Kronthaler aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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