Hl. Messe mit Corona-Beschränkung
„Die Freude überwiegt“

Heilige Messe in der Pfarre Gießhübl | Foto: Pfarre
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Am vergangenen Sonntag hat Pfarrer Josef Grünwidl in Gießhübl in Niederösterreich zwei Messen gefeiert und dabei unter anderem einem anwesenden ProSieben/Puls 4-Kamerateam ein Interview gegeben. Auch der SONNTAG war mit dabei:

Pfarrer Josef Grünwidl  
Mag. Josef Grünwidl ist Pfarrer in Perchtoldsdorf und Gießhübl
  • Wie ist es denn für Sie als Pfarrer, vorne zu stehen und den Menschen mit Maske ins Gesicht zu schauen?

Das ist natürlich schon eine ungewohnte Situation, wenn ich so in die Gemeinde schaue. Bis jetzt hat man immer am Mienenspiel der Menschen ablesen können, ob sie voll dabei sind und ob sie mich freundlich ansehen. Ich gehe jetzt halt davon aus, dass alle mich auch unter ihrer Schutzmaske weiterhin freundlich anlächeln. Das einzige Problem ist: Bei der Predigt habe ich bis jetzt immer gesehen, wenn jemand zu gähnen begonnen hat – dann wusste ich, dass es langsam Zeit zum Aufhören ist. Das funktioniert jetzt natürlich nicht mehr (lacht). Aber ich freue mich sehr, dass es jetzt wieder möglich ist, Gottesdienste mit Menschen zu feiern, und ich bin natürlich bereit, all diese Schutzmaßnahmen und Einschränkungen zu akzeptieren. Die Freude überwiegt!

  • Wie ist die Resonanz der Menschen, die jetzt in die Kirche kommen. Welche Rückmeldungen bekommen Sie?

Es gibt so wie überall in der Gesellschaft auch bei uns in der Kirche viele Ungeduldige, die fordern, dass es schneller geht. Das sind diejenigen, die sagen, dass die Infektionszahlen eh so niedrig seien, und deshalb auch die Sicherheitsbestimmungen hinterfragen. Es gibt aber gleichzeitig auch sehr Ängstliche und Vorsichtige. Deswegen ist es gut und wichtig, dass unsere Bischöfe mit den Bestimmungen einen ganz guten Mittelweg gewählt haben. Es gibt ja auch in Deutschland noch einige Diözesen, in denen Gottesdienste noch gar nicht möglich sind, weil die Bischöfe sagen: Mit Einschränkungen feiere ich keine heilige Messe. Das ist aus meiner Sicht definitiv die schlechtere Variante.

  • Als Seelsorger waren Sie mit den Menschen ja auch in der Zeit des Lockdowns in Kontakt. Wie haben Sie diese Zeit erlebt?

Das war ein schmerzliches Thema in den vergangenen zwei Monaten. Wir mussten uns total zurückziehen. Z.B. die Krankenbesuche, die wir sonst machen, bei denen wir Alte und Kranke zu Hause besuchen, waren in der ersten Zeit überhaupt nicht mehr möglich. Das hat weh getan! Mir persönlich und sicher viel mehr noch den betroffenen Personen. In diesem Zusammenhang gibt es schon auch sehr kritische Stimmen, die sich fragen, ob wir uns als Kirche da nicht zu sehr zurückgezogen haben. Aber es war eine Entscheidung, die die Kirche am Beginn dieser Krise sehr schnell treffen musste, und man kann sicher darüber diskutieren. Aber viel wichtiger ist es jetzt, dass wir nach vorne schauen und wieder Schritt für Schritt in Richtung Normalität gehen. Das ist schon ein sehr gutes Gefühl, muss ich sagen.

  • Was nehmen Sie persönlich von den vergangenen Wochen als Erfahrung mit?

Wir haben alle Möglichkeiten genutzt, die es heute mit Hilfe der Medien gibt. Wir haben die Sonntagsmesse live gestreamt, wir haben wöchentlich Videoimpulse ins Netz gestellt, um einfach mit den Menschen in der Gemeinde in Kontakt zu bleiben. Es ist super, dass es alle diese Möglichkeiten gibt und jetzt auch weiterhin noch Fernsehgottesdienste an den Sonntagen und auch an Wochentagen übertragen werden. Aber es ist trotzdem immer nur eine Notlösung.

Kirche ist Gemeinschaft und lebt von Gemeinschaft. Gerade in der Liturgie ist es ein großer Unterschied, ob ich zu Hause vor dem Fernseher oder dem Laptop sitze und mir einen Gottesdienst anschaue, oder ob ich ihn in Gemeinschaft erleben darf. Deswegen bin ich froh und dankbar, dass wir wieder gemeinsam feiern dürfen und ich freue mich, dass sich Viele wieder auf diese Möglichkeit einstellen und wieder in die Kirche kommen, um in der Gemeinschaft der Pfarre wieder Gottesdienst zu feiern. Das freut mich persönlich sehr.

  • Was bedeutet es für Sie, als Pfarrer, wenn Menschen nicht in die Kirche hinein dürfen weil kein größeres Platzangebot vorhanden ist?

Das tut mir sehr weh. Deshalb bieten wir auch parallel einen zweiten Gottesdienst im Pfarrzentrum an. Das ist dann zwar keine Eucharistie, aber es ist eine Wortgottesdienstfeier. Das ist ein Versuch, das irgendwie abzufedern – kein Idealzustand, ja, das ist mir schon bewusst.

  • Denken sie, dass es richtig war zu sagen: Wir als Kirche wollen auch diese Maßnahmen umsetzen?

Ich glaube, dass das die richtige Entscheidung war. Also es gibt auch Gläubige die sagen: Gott ist unser Chefarzt und Kommunion kann nicht ansteckend sein. Das stimmt schon, aber Christ sein heißt immer auch vernünftig sein. Wenn die Umstände es fordern dass man Hygienevorschriften und Abstandsregeln einhält dann ist das für mich überhaupt keine Frage dass ich mich auch als Christ und als Pfarrer an solche Vorgaben halten und halt im Rahmen der geltenden Bestimmungen das bestmögliche tun werde.

Es war schmerzlich, aber ich glaube es war die richtige Entscheidung und wir hoffen, dass wir auch als Kirche einen Beitrag geleistet haben um gut mit dieser großen Krise mit diesem Problem umzugehen, dass die Neuinfektionen ganz niedrig bleiben und noch weiter sinken, so dass wir bald wieder in Richtung Normalzustand unterwegs sind und bald wieder uneingeschränkt gemeinsam Gottesdienste feiern können.

Heilige Messe in der Pfarre Gießhübl | Foto: Pfarre
Josef Grünwidl ist Pfarrer in Perchtoldsdorf und Gießhübl | Foto: privat
Autor:

Der SONNTAG Redaktion aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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