Seelsorge in "Corona-Zeiten"
„Auch mit 1m Abstand ist Christus unter uns“
Kann der Glaube Kindern und Jugendlichen durch unruhige Zeiten helfen? Welche Rolle können dabei die Eltern, die Familie spielen? Und wie kann kirchliche Kinder- und Jugendarbeit in Zeiten des „Social Distancings“ funktionieren?
DER SONNTAG hat darüber mit Judith Werner von der „Jungen Kirche“, der Servicestelle der Erzdiözese Wien für Kinder-, Ministranten- und Jugendseelsorge, gesprochen.
Intensive, arbeitsreiche Wochen liegen hinter den Verantwortlichen der „Jungen Kirche“, der Servicestelle der Erzdiözese Wien für Kinder-, Ministranten und Jugendseelsorge. „Wir haben uns als ,Junge Kirche‘ gleich zu Beginn des Lock-Downs überlegt, was Menschen und Pfarren in den nächsten Wochen von uns brauchen könnten“, erzählt Judith Werner: „Manches davon war klar, manches eher Spekulation. Wir haben dann sehr rasch einige neue Arbeitsgruppen auf den Weg gebracht.
Wir waren – und sind das natürlich auch weiterhin – erreichbar zu allen Fragen rund um Kinder- und Jugendpastoral, Sakramentenvorbereitung, Sommerlager und vieles mehr. Und wir haben Ideen aufgegriffen von Pfarren, die trotz Ausgangsbeschränkungen Kontakt mit Kindern und Jugendlichen halten konnten.“
Viele Pfarren seien in der Krise wirklich kreativ gewesen, so Judith Werner, sei es über ein Videoprojekt mit wöchentlichen Challenges wie etwa das Bauen einer Kugelbahn, oder der Gestaltung eines Sockenmonsters, über Ideen wie das Ratschen heuer organisiert werden kann oder welche Themen und Tools man zum Beispiel in der Sakramentenpastoral in dieser Situation einsetzen kann. Unter dem Motto „Kriseng’schichten und Coronasachen“ hat die „Junge Kirche“ außerdem ein Videoprojekt gestartet, in dem junge Menschen erzählen, was sie in dieser Krise beschäftigt und was sich für sie verändert hat und wie der Glaube sie durch diese Zeit begleitet. (www.erzdioezese-wien.at/jungekirche)
In der Krise nicht allein
Aber warum ist der Glaube besonders in schweren Zeiten so wichtig für uns? Wie kann er auch Kindern und Jugendlichen durch eine Krise helfen? Und welche Rolle spielen dabei nicht nur die Jungschar- und Jugendgruppenleiter und die Firmbegleiter, sondern auch die Eltern, die Familie?
„Als Christen und Christinnen glauben wir ja nicht nur an ,etwas Höheres‘, sondern an ein DU, an jemand, der mit uns unterwegs ist. Das gelte natürlich auch dann, wenn es schwierige Zeiten sind“, sagt Judith Werner dazu. „Die Hoffnung, die uns trägt, hat einen Namen: Jesus Christus. Gerade in Krisen glauben zu können erlebe ich als großes Geschenk! Ich erlebe den Glauben als persönliche Beziehung zwischen Gott und mir und da gibt er auch Halt und Zuversicht! Und was ich selbst als Hilfe und Stütze erlebe, das gebe ich gerne an andere Menschen weiter - auch an Kinder und Jugendliche.“
Und dann gebe es da natürlich noch einen Aspekt, der speziell auch für Kinder und Jugendliche ein guter und tröstlicher Gedanke ist: „Wer glaubt, ist nie allein! Wir sind Teil einer großen, weltumspannenden Gemeinschaft, die in vielen Gemeinden vor Ort konkret wird. Und die Kirche vor Ort ist ein großartiges Netzwerk, das da ist und etwa auch rasch und unkompliziert helfen kann, wenn Menschen Hilfe und Unterstützung brauchen.“ Das zu wissen, tut gut. Das zu erleben baut auf. „Gerade jetzt brauchen Kinder und Jugendliche in ihrer Umgebung Erwachsene, die ihnen die Möglichkeit geben, den Glauben zu entdecken, indem sie ihn vorleben“, ist Judith Werner überzeugt: „Es geht ja nicht nur darum, persönliche Formen des Betens zu finden, sondern auch zu verstehen, dass wir uns aus dem Glauben heraus für andere, füreinander einsetzen, dass wir füreinander da sind, zuhören, mitfühlen und dass das Freude macht.“
Ideensammlung
Für all jene Eltern, die nach Ideen suchen, wie sie dieses Entdecken des Glaubens zu Hause möglich machen können, ist die Kreativseite der „Jungen Kirche“ eine Inspiration. „Zur Zeit stellen wir unter dem Titel ,Reli.kreativ‘ wöchentlich Anregungen zur Verfügung, wie man zuhause mit Kindern Glaubensthemen aufgreifen kann, mit Mal- oder Bastelanleitungen, einem Bewegungsspiel, musikalischen Ideen oder anderen Elementen zum Tun oder Erleben“, sagt Judith Werner: „Beim Projekt Soulspace, das normaler Weise in Schulen oder Pfarren stattfindet, haben wir die Ideen so umgebaut, dass sie als ,Soulspace@home‘ zuhause umgesetzt werden können. Was wir in den letzten Wochen ausprobiert haben, ist wirklich vielfältig. Man findet alle diese Angebote auf stayconnected.jungekirche.wien – einfach reinschauen und auswählen, was für die eigenen Kinder, aber auch für Enkelkinder oder Patenkinder oder auch für sich selbst passt!“
Mit offenen Herzen
Ob die Corona-Krise die Kinder- und Jugendpastoral verändern wird, fragen wir Judith Werner. „Ich weiß es nicht“, ist ihre ehrliche Antwort. Generell hoffe sie, dass diese Krise uns als Kirche insgesamt verändert und dass sich das auch in der Kinder- und Jugendpastoral auswirkt. Sie habe in den vergangenen Wochen von einigen Pfarren gehört, die Gottesdienste als Livestream anbieten, wie viele dankbare Rückmeldungen sie von Menschen bekommen – auch von Menschen, die nicht zur Kerngemeinde gehören. „Das muss uns doch zu denken geben im Hinblick auf die Zeit nach der Krise.
Ich wünsche mir, dass wir jetzt neu und besser lernen, mit offenen Augen und Ohren, Herzen und Händen durch die Welt zu gehen. Ich wünsche mir, dass wir Wege suchen, mit Menschen nicht nur virtuell, sondern auch ,real‘ in Kontakt zu kommen. Ich wünsche mir, dass wir mit denen, die (noch) nicht zu uns gehören, und natürlich auch miteinander so umgehen, dass andere sagen: „Wow, da steckt mehr dahinter. Da möchte ich dazu gehören!“ Egal, wie jung oder alt sie sind.
Es geht um mehr
Dass wir alle voneinander mindestens 1 Meter Abstand halten müssen, habe natürlich Auswirkungen auf das, was mit Gruppen möglich ist oder nicht. „Vielerorts bemühen sich aber etwa die Verantwortlichen von Firmgruppen, trotz Abstand Kontakt zu halten und Impulse digital zu verschicken oder online zur Verfügung zu stellen. Viele Pfarren haben Sommerlager abgesagt, andere haben sich entschieden, doch gemeinsam wegzufahren und tüfteln jetzt daran, was dabei konkret zu beachten ist. Und natürlich werden wir noch länger keine Spiele und Methoden verwenden können, bei denen Körperkontakt nötig ist. Wir passen auf beim gemeinsamen Essen und Trinken. Und auch Liturgie werden wir noch länger nur unter strengen Auflagen feiern können.“
Letztlich gehe es in der Kirche aber doch um mehr als das „äußere Erscheinungsbild“. „Es geht darum, dass Christus mitten unter uns ist, wenn wir uns in seinem Namen versammeln. Und an dieser Zusage ändert 1 Meter Sicherheitsabstand ganz sicher nichts.“
Nähere Infos unter:
www.erzdioezese-wien.at/jungekirche
via Telefon: 01/515 52 -3393 oder
per E-Mail: office@jungekirche.wien
Autor:Andrea Harringer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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