Heilig in der Politik: Hedwig von Polen
Polens heiliger König

Begabte Diplomatin: Hedwigs Darstellung in der Galerie im Warschauer Königsschloss.
 | Foto: Sammlung Königliches Schloss in Warschau, Porträt von Marcelego Bacciarellego; Nikolaus Stockert
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Hedwig von Anjou stammte nicht nur aus einem Herrschergeschlecht, sie übernahm selbst Verantwortung für ihr Erbe. In Polen legte sie in wenigen Jahren den Grundstein für ein gut entwickeltes Land. Dafür ist die Heilige im Nationalbewusstsein bis heute präsent und unvergessen.

Hedwig, du hast lange auf diesen feierlichen Tag gewartet. Fast sechshundert Jahre sind seit deinem Tod vergangen.“ Es ist ein Freudentag für den polnischen Papst, den früheren Erzbischof von Krakau Karol Wojtyła. Er, der selbst an der altehrwürdigen Jagiellonen-Universität studiert hat, feiert am 8. Juni 1997 die Heilige dieser Universität und Stadt, die Heilige des Landes.

Viel hat die polnische Nation Hedwig (geboren 1373 im ungarischen Buda) zu verdanken: Da es im 14. Jahrhundert noch keine weibliche Form für Ämter gibt, wird Hedwig mit elf Jahren als Erbin ihres Vaters, Ludwig I. (1326–1382), selbst Herrscherin, trägt aber den Titel „König“. Sie heiratet den litauischen Großfürsten Jogaila (1362–1434) anstatt den Habsburger Wilhelm, mit dem sie seit ihrem vierten Lebensjahr verlobt ist. Die Heirat mit dem wesentlich älteren Jogaila ist zunächst eine politische Entscheidung, man will die Macht der Habsburger schwächen. Das hat die österreichische Herrscherfamilie so verärgert, dass sie in der Folge jahrhundertelang die Heiligsprechung Hedwigs verhindert hat.

Hedwigs Ansehen beruhte nicht auf königlichen Insignien, sondern
auf ihrer Geistesstärke und ihrer Herzensgüte.

Das Politikerpaar führt eine glückliche Ehe, Jogaila lässt sich taufen, Litauen wird ein christliches Land. Als begabte Diplomatin legt Hedwig den Grundstein für Polens Größe im 15. Jahrhundert. Gemeinsam kann die polnisch-litauische Allianz auch den militärischen Bestrebungen des mächtigen Deutschen Ordens widerstehen. Hedwig setzt sich für die Befreiung von Kriegsgefangenen ein und erreicht die Freilassung ihres Mannes aus der Kriegsgefangenschaft.

Die zutiefst gläubige Herrscherin ist hochgebildet, beherrscht fünf Sprachen, ist musikalisch und überragt mit einer Körpergröße von 1,80 Metern so manchen Mann. Sie trägt meistens eine einfache Tunika und einen Mantel, gilt aber als eine anmutige Erscheinung.

Unvergessen und präsent

Hedwig starb wenige Wochen nach der Geburt und dem Tod ihrer ersten Tochter 1399. Sie wurde nur 25 Jahre alt. Ihr Sterbetag, der 17. Juli, ist ihr Gedenktag. Eine Legende beschreibt die Fürsorge der jungen Landesmutter: Während einer Fronleichnamsprozession ertrank der Sohn eines Kupferschmieds im nahe gelegenen Fluss. Hedwig warf ihren Mantel über den Körper des Jungen, der wieder zum Leben erwachte. Ihre Heiligsprechung erfolgte 1997 in Krakau durch Papst Johannes Paul II. Ihre letzte Ruhestätte ist im Kirchenschiff der Wawel-Kathedrale, ebenfalls in Krakau.

Wer kann ihre Tränen trocknen?

Sie ist wegen ihrer Hilfsbereitschaft im Volk überaus beliebt, lässt sie doch Spitäler bauen und kämpft gegen die Unterdrückung der Bauern. So ist von ihr der Satz überliefert: „Wir haben zwar den Bauern das Vieh zurückgegeben, aber wer kann ihre Tränen trocknen?“ In Litauen lässt Hedwig Kirchen und Klöster bauen, sie gründet die Diözese Vilnius und die theologische Fakultät der Universität Krakau, der sie später ihr Vermögen vermacht. Ihr Beitrag zur Kulturgeschichte, Wissenschaft und Bildung wirkt bis heute. Dabei ist sie tolerant gegenüber Andersgläubigen.

So sagt Papst Johannes Paul II. über das Leben der Heiligen: „Ihr Ansehen beruhte nicht auf königlichen Insignien, sondern auf ihrer Geistesstärke, ihrer geistigen Tiefe und ihrer Herzensgüte. Lernen wir an ihrem Beispiel, wie wir das Gebot der Liebe in die Tat umsetzen können.“

Begabte Diplomatin: Hedwigs Darstellung in der Galerie im Warschauer Königsschloss.
 | Foto: Sammlung Königliches Schloss in Warschau, Porträt von Marcelego Bacciarellego; Nikolaus Stockert
Autor:

Bernadette Spitzer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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