Erntedank
Bei diesem Fest helfen alle mit
In der Pfarre Kirchberg am Wechsel beginnen die Vorbereitungen für das Erntedankfest bereits im Juli. Bäuerin Vroni Bauer schaut sich dann nach Getreide für die traditionelle Erntedankkrone um. Das Erntedankfest wird jedes Jahr von einem anderen Viertel des Ortes übernommen. Bauern und Bäuerinnen spenden ihre Produkte für die Agape und helfen bei Organisation und Ausrichtung des Festes mit.
Zum Erntedankfest in der Pfarre Kirchberg am Wechsel ist alles versammelt: Die Bauern und Bäuerinnen bringen die Erntedankkrone auf einem festlich geschmückten Anhänger ins Ortszentrum. Gezogen wird dieser von einem ebenso aufgeputzten Traktor. Mascherlverkäufer sind bereits ausgeschwärmt und bieten Sträußerl mit Ähren, Blumen und Grün zum Anstecken an. Kinder aus Kindergarten und Volksschule tragen Körbchen mit Erntegaben. Die Musikkapelle spielt, Pfarrer Herbert Morgenbesser kommt mit den Ministrantinnen und Ministranten zum Hauptplatz, um die festliche Erntedankkrone zu segnen und hinauf zur Kirche zu geleiten. Viele haben sich für das Fest in Dirndl und Lederhose gekleidet.
Groß und Klein feiern mit
„Das Erntedankfest in Kirchberg wird immer sehr schön gestaltet. Es nimmt ein großer Teil der Bevölkerung teil, angefangen von Kindergarten und Schule, vielen Erwachsenen und den Bauern natürlich“, erzählt Pfarrer Herbert Morgenbesser dem SONNTAG.
Gemeinschaft stiftend ist in der Pfarre Kirchberg nicht nur das Erntedankfest selbst, sondern schon dessen Vorbereitung, wie Veronika Bauer, dem SONNTAG erzählt. Die Bäuerin aus dem Alpltal ist in die Planung des Erntedankfestes jedes Jahr eng eingebunden: „Wir beginnen mit der Vorbereitung bereits im Juli. Da erkundige ich mich, wo welches Getreide steht und wann es reif zum Schneiden ist. Es wird jetzt schon früher reif und wenn es einmal gedroschen wurde, ist es zu spät.“ Das Getreide sammelt die Bäuerin für das Flechten der Erntedankkrone. „Alle Bauern sind bereit, dass sie etwas von ihrem Getreide für die Erntedankkrone hergeben. Für einen der vier Bögen auf der Krone brauchen wir fünf größere Buschen“, berichtet sie. Das Getreide muss gut getrocknet werden und wird dafür aufgehängt.
Da das Kirchberger Pfarrgebiet recht groß ist, wurde es schon vor langer Zeit in vier Viertel eingeteilt. Der Brauch ist, dass jedes Jahr ein anderes Ortsviertel die Vorbereitung des Erntedankfestes übernimmt. „Im August wird eine Bauernfamilie gesucht, bei der die Erntedankkrone geflochten wird. Diese stellt den Raum zur Verfügung und hilft fleißig beim Organisieren.“ Dann werden die Leute vom Viertel eingeladen und gemeinsam wird überlegt, was alles zu tun ist: Sträußerl binden, die Agape vorbereiten, klären, wer die Krone beim Fest transportiert u. v. m.
Leopold Teufelsbauer – Erfinder des Erntedankfestes
Erntedankfeste, wie sie heute in unseren Gegenden gefeiert werden, gibt es etwa seit den 1930-er und 40-er Jahren. „Sichtbares Zeichen ist die Erntekrone, eine Bügelkrone mit vier oder sechs Bögen, die auf einem Reifen sitzen und meist in einem Kreuz münden“, schildert Ethnologin Helga Maria Wolf. „Das meterhohe Metallgestell ist mit Getreide verschiedener Arten umwunden, das Kreuz an der Spitze aus vergoldeten Nüssen, Mohnkapseln oder etwas Ähnlichem gefertigt.“
Entwickelt wurde das Erntedankfest, wie wir es kennen, von dem Priester und Volksbildner Leopold Teufelsbauer (1886-1946). „Teufelsbauer widmete 1933 dem Erntedankfest eine Kleinschrift des von Pius Parsch (1884-1954) geleiteten Volksliturgischen Apostolats in Klosterneuburg. Das Heft gibt ein Modell bis ins Detail, von der Einladung über Lieder und Texte, Herstellung der Erntekrone und Anregungen für das anschließende Dorffest. Als Direktor des bäuerlichen Fortbildungswerkes in Hubertendorf bei Blindenmarkt (Niederösterreich) hatte Teufelsbauer starken Einfluss auf die Verbreitung des Brauches“, führt Helga Maria Wolf aus.
Das Programm der Erntedankfeste orientiere sich nach wie vor am Teufelsbauer-Modell: „Festgottesdienst, Segnung der Erntegaben, Agape, Frühschoppen, Umzug mit der Erntekrone und rustikal geschmückten Wagen, Tanz und Unterhaltung. Gerne werden in das Festgeschehen Kinder einbezogen, die Körbe mit Früchten zum Altar bringen, und die Erntegaben sozialen Zwecken zugeführt.“
In manchen Pfarren, wie etwa in Leopoldsdorf, gibt es mittlerweile den schönen Brauch, beim Erntedankfest eine Tombola zu veranstalten. Zu gewinnen gibt es Körbe und Kisterl mit frisch geerntetem Obst und Gemüse aus der Region.
Krone flechten und Traktor aufputzen
Die Krone wird jedes Jahr anders gestaltet, abhängig davon, welches Getreide man hat, „manchmal gibt es mehr Weizen, manchmal mehr Roggen. Verziert wird die Krone mit dem, was wir in der Natur finden.“ Ca. drei Wochen vor dem Erntedankfest treffen sich die Helferinnen und Helfer, um die Krone zu flechten und Sträußerl zu binden. „Viele helfen mit, die meisten können das“, freut sich Veronika Bauer.
Auch die Fest-Agape wird von den Bauern des Viertels vorbereitet. „Da gibt es Aufstriche und Bauernbrot, Most und Süßmost.“ Die Bäuerinnen und Bauern spenden die Speisen und Getränke und helfen auch beim Ausschenken.
Letzter Schliff und eine gute Bewirtung
Endspurt der Vorbereitungen ist der Samstagnachmittag vor dem Fest. Da bekommen Erntedankkrone, Traktor und Anhänger den letzten Schliff, auch die Kirchenstiege wird aufgeputzt. Den Altarraum der Kirche schmückt ein ehrenamtliches Team mit Herbstfrüchten. Sämtliche Helferinnen und Helfer werden bei der Gastfamilie meist noch bewirtet.
Im nächsten Jahr ist dann wieder ein anderes Ortsviertel dran. Möge den Bauern auch dann wieder eine gute Ernte beschert sein ...
Autor:Agathe Lauber-Gansterer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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