Glaubenszeugnis
Die Gespräche sind häufig sehr berührend

Ein Begräbnis zu leiten bedeutet, Menschen Begleitung und Trost zu geben. | Foto: privat
  • Ein Begräbnis zu leiten bedeutet, Menschen Begleitung und Trost zu geben.
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In der Propsteipfarre Wiener Neustadt heißen Kapläne Kuraten. Patrick Hofer ist einer von ihnen. Seine Aufgaben erfüllt er in der Teilgemeinde in der Erlöserkirche.

Sie übernehmen in Ihrer Gemeinde einen großen Teil der Begräbnisse und machen das ausgesprochen gern. Warum gerade Begräbnisse?
Ich habe schon bei meinem Praktikum in Ober St. Veit – damals war ich noch kein Priester – die Erlaubnis bekommen, Begräbnisse zu halten. Das war der erste pastorale Dienst, den ich selbstständig ausüben konnte. Begräbnisse habe ich dabei immer als pastorale Chance erlebt. Man kommt mit den Menschen ins Gespräch, auch mit denen, die schon sehr lange keinen Kontakt mehr mit der Kirche hatten. Die, da ein lieber Mensch verstorben ist, Begleitung und Trost durch die Kirche und einen Priester suchen.

In welchem Rahmen finden diese Gespräche statt?
Wenn ich vom Bestattungsunternehmen verständigt werde, bekomme ich die Kontaktdaten vom Auftraggeber des Begräbnisses. Ich rufe an und lade die Leute zu mir ein. Es kommt sehr selten vor, dass jemand sagt, er möchte nicht kommen. Die Gespräche sind häufig sehr berührend, ich bekomme oft ganze Lebensgeschichten zu hören. Wir reden über das Leben nach dem Tod, darüber, ob es Gott wirklich gibt. Fragen, die sich diese Menschen lange nicht gestellt haben, werden relevant, weil ein Familienmitglied verstorben ist.

Gibt es ein Begräbnis, das Ihnen in besonderer Erinnerung ist?
Unlängst hatte ich eine sehr bewegende Beerdigung. Der Verstorbene hat in seiner Pension auf Jahrmärkten an der Drehorgel gespielt. Beim Begräbnis waren einige seiner Kollegen da, die beim Gang zum Grab seine Lieblingsmelodien gespielt haben. Sehr beeindruckt hat mich auch das Begräbnis eines elfjährigen Buben, der von Geburt an schwer erkrankt war und dann gestorben ist. Seine Mutter ist eine sehr gläubige Frau. Ich habe gestaunt, wie überzeugt sie – trotz all dem Schmerz – war, dass ihr Kind nun bei Gott ist. Von ihrem starken Glauben konnte ich viel lernen.

Manchmal treten Angehörige von Verstorbenen, die aus der Kirche ausgetreten waren und die Sie seelsorglich begleiten, wieder in die Kirche ein.
Das kommt immer wieder vor. Ein über 80-jähriger Mann zum Beispiel, dessen Gattin verstorben war, war seit über 40 Jahren ausgetreten. Nach der Beerdigung hat er zu mir gesagt: Die Gespräche und die Feier waren so tröstend, dass er wieder in die Kirche zurück möchte. Die Kirche hat ihm in dieser schwierigen Situation viel Rückhalt gegeben.

Abgesehen von Begräbnissen, was mögen Sie sonst noch an Ihrem Dienst als Kurat in Wiener Neustadt?
Für mich ist es eine große Freude und zugleich Herausforderung, dass ich als Kaplan eine Leitungsfunktion übernehmen darf. Ich bin für die Gemeinde hier verantwortlich. Am Anfang war das gar nicht so einfach, weil alles neu war. Ich musste erst lernen, wie man Sitzungen leitet. Enttäuschend ist für mich, wenn man viel Zeit und Energie in manche Bereiche der Pastoral investiert und dann wenig Ergebnisse sieht. Wenn etwa Jugendliche, die bei der Firmvorbereitung sehr interessiert gewirkt haben, sich nicht mehr in der Kirche blicken lassen. Aber das gehört wohl zum Priestersein dazu: Manchmal ist das eigene Wirken fruchtbar, manchmal fruchtloser.

Worauf können Sie in Ihrem priesterlichen Dienst auf keinen Fall verzichten?

Authentisch Priester sein kann ich nur, wenn ich meine Beziehung zu Gott pflege. Wenn ich selbst nicht davon überzeugt bin, dass Gott wirklich da ist, kann ich es auch anderen nicht vermitteln. Ich habe mich bereits vor der Priesterweihe mit Meditation und Kontemplation beschäftigt. Diese Stille ist für mich sehr wertvoll. Alleine in meinem Zimmer, in meiner Gebetsecke sein und spüren, dass Gott da ist.

Nähere Infos zur Gemeinde von Patrick Hofer: erlöserkirche.at

Autor:

Sandra Lobnig aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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