Glaubenszeugnis
„Zu Ostern würde ich nie auf Urlaub fahren“
Die Weinbäuerin und Heurigenwirtin Birgit Liener ist engagierte Pfarrgemeinderätin in Drasenhofen im Weinviertel.
Als Winzerin hört Birgit Liener die Bibelstellen, in denen von der Arbeit im Weingarten, von Reben und Trauen, vom Wein die Rede ist, mit einem etwas anderen Ohr. Aus eigener Erfahrung weiß die 47-Jährige, dass man die Reben zurückschneiden muss, damit sie Frucht bringen. Dass man sauber arbeiten muss und dass man deswegen – wie sie es erst vor Kurzem in einer Lesung in einem Gottesdienst gehört hat – neuen Wein nicht in alte Schläuche füllen darf.
Als Heurigenwirtin ist Ihnen die Symbolkraft des Weines sicherlich in besonderer Weise verständlich, oder?
Auf jeden Fall. Wein steht für Gemeinschaft, Freude, Fest. Auch ich trinke in einer gemütlichen Runde mit Freunden gerne ein Glas Wein oder setze mich im Heurigen zu den Gästen. Am liebsten ist mir dabei ein trockener Weißwein, wie der Weinviertler DAC, der typisch für unsere Region hier ist.
Sie arbeiten eng verbunden mit der Natur und sind vom Wetter abhängig. Wie fühlt es sich an, nicht alles in der Hand zu haben?
Es gibt viele Momente, in denen ich vor allem Dankbarkeit spüre. Wenn wir von Unwettern verschont geblieben sind zum Beispiel. Oder wenn ich in den Keller gehe und dort den Wein beim Werden verkosten darf. Natürlich tragen auch wir unseren Teil, unsere Arbeit und unser Wissen, bei, wir sind uns aber bewusst, dass der gute Wein nicht allein unser Verdienst ist. Vom Wetter sind wir sehr stark abhängig. Wir wissen nicht, wann es umschlägt und müssen sehr oft entscheiden, ob wir die Arbeit jetzt oder später erledigen. Manchmal wird es knapp, dann bin ich froh, wenn wir die Ernte eingefahren haben. Das Erntedankfest spielt deswegen eine große Rolle bei uns.
Wie bleiben Sie im Alltag mit Gott in Verbindung?
Ich genieße die Zeit im Gottesdienst sehr. Das ist eine Zeit, in der ich ungestört bin. Sonst vermischen sich bei mir ja mit der Landwirtschaft und dem Heurigen Arbeit, Familie und Freizeit ständig. Aber der Sonntagvormittag gehört dem Gottesdienst. Mir fehlt am Sonntag etwas, wenn ich ausnahmsweise einmal am Samstagabend in die Messe gehe. Dafür geht es am Sonntagnachmittag gleich im Heurigen weiter. So ist das eben, wenn man im Gastgewerbe tätig ist. Grundsätzlich prägen die Gottesdienste in der Pfarre und die kirchlichen Feste unser Familienleben sehr. Wir würden zum Beispiel nie zu Ostern wegfahren, weil es uns wichtig ist, das Fest in der Pfarre mitzugestalten. Ich bin auch stellvertretende Pfarrgemeinderatsvorsitzende, Kommunionspenderin und Wortgottesleiterin, Lektorin, Chormitglied und im Liturgieteam.
Was sind denn in einer Landpfarre die größten Herausforderungen?
Da ist einerseits die Spannung zwischen Tradition und Neuem, die Frage, wie wir den Glauben für alle Generationen ins Heute übersetzen und lebbar machen können. Herausfordernd ist auch die Mobilität. Und dass es zu Überschneidungen im Pfarrleben mit den Vereinen und anderen Veranstaltungen kommt. Trotzdem ist oft eine starke Zusammenarbeit und Gemeinsamkeit im Ort spürbar.
Es ist nicht selbstverständlich, dass die eigenen Kinder, wenn sie älter werden, weiterhin Interesse am Glauben und am kirchlichen Leben haben…
Für uns war es immer selbstverständlich, dass wir in die Kirche gehen. Auch den Kindern, die jetzt 20, 17 und 15 sind, ist das wichtig. Es ist schön zu sehen, wie das, was man ihnen vermittelt hat, jetzt Früchte trägt. Natürlich weiß ich nicht, wie sich das in ihrem Leben entwickelt. Das ist auch etwas, was man nicht in der Hand hat. Wie in der Landwirtschaft.
Siehe auch: lienerwein.at
Autor:Sandra Lobnig aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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