Pater Anselm Grün: Werke der Barmherzigkeit - Teil 7
Ich war tot, doch siehe, ich lebe

Wir vertrauen darauf, dass die Liebe stärker ist als der Tod. Wir sterben in die Liebe Gottes hinein. | Foto: pixabay
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  • Wir vertrauen darauf, dass die Liebe stärker ist als der Tod. Wir sterben in die Liebe Gottes hinein.
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Wir glauben, dass der Verstorbene mit dem, was sein Leib bedeutet, mit seiner einmaligen Person, in Gott hinein gerettet wird.

In der Gerichtsrede Jesu in Mt 25 ist nur von sechs Werken der Barmherzigkeit die Rede. Doch schon im 4. Jahrhundert wurde das siebte Werk hinzugefügt: „Tote begraben“. Ausschlaggebend war dabei das Wort des alten Tobit, der das Beispiel eines frommen Juden war. Er erzählt von sich, dass er den Brüdern seines Stammes schon immer aus Barmherzigkeit viel geholfen hat: „Ich gab den Hungernden mein Brot und den Nackten meine Kleider; wenn ich sah, dass einer aus meinem Volk gestorben war und dass man seinen Leichnam hinter die Stadtmauer von Ninive geworfen hatte, begrub ich ihn. Ich begrub heimlich auch alle, die der König Sanherib hinrichten ließ.“ (Tob 1,17f)

In allen Kulturen und Religionen hat man Rituale bei der Bestattung und Verabschiedung der Toten entwickelt. Tote zu begraben war Ausdruck der Achtung und Würdigung des Menschen. Und es war Ausdruck des Glaubens, dass der Verstorbene nicht einfach vergessen wird und aufhört zu existieren. Die Totenkulte gehen davon aus, dass der Tote in einer anderen Art, in der jenseitigen Welt, weiterleben wird.

Wir Christen bestatten unsere Toten im Glauben an die Auf­er­stehung. Wir legen ihren Leib in das Grab. Doch wir glauben, dass er schon im Tod Anteil hat an der Auferstehung Jesu. Auferstehung ist etwas anderes als die Unsterblichkeit der Seele.

Wir glauben, dass der Verstorbene mit dem, was sein Leib bedeutet, mit seiner einmaligen Person, in Gott hinein gerettet wird. Und wir vertrauen darauf, dass die Liebe stärker ist als der Tod. Wir sterben in die Liebe Gottes hinein. Wir haben diese Liebe Gottes hier immer wieder erlebt. Und der Tod kann auch die Liebe zwischen uns nicht zerstören. Unsere Liebe wird den Tod überdauern. Wir werden einander in Liebe wieder sehen.

Zu Ostern feiern wir die Auferstehung Jesu. Jesus ist nicht im Tod geblieben. Er begegnet uns täglich in der Eucharistie als der Auferstandene, der den Tod überwunden hat. Wenn wir Eucharistie feiern, feiern wir Tod und Auferstehung Jesu. Wir feiern, dass es keinen Tod gibt, der nicht in Leben verwandelt werden kann. Und wir feiern in jeder Eucharistie auch die Gemeinschaft mit den Verstorbenen, die wir gekannt haben. Wir denken daran, dass sie jetzt, da wir das Mahl Jesu feiern, im Himmel das ewige Hochzeitsmahl feiern. So erleben wir in jeder Eucharistiefeier auch die Gemeinschaft mit ihnen.

Der Toten gedenken bedeutet nicht, in der Vergangenheit zu leben. Vielmehr geht es darum, die Botschaft zu verstehen, die sie durch ihr Leben und Sterben an uns richten, und auf diese Botschaft mit unserem Leben antworten.

So wie den Jüngern erst nach der Auferstehung Jesu die wahre Bedeutung Jesu und seiner Worte aufgegangen ist, so erkennen wir oft erst nach dem Tod, wer dieser Mensch war, was er in seinem Leben ausdrücken wollte. Vielleicht konnte er während seines Lebens das einmalige Bild, das Gott sich von ihm gemacht hat, nicht leben. Im Tod leuchtet dieses unverfälschte Bild Gottes auf.

So feiern wir zu Ostern das Geheimnis, dass die Toten in Gott hineinsterben und dass in der Auferstehung ihre wahre Gestalt aufleuchtet. Wir feiern zu Ostern, dass uns der Tod nicht voneinander trennen wird, weil die Liebe stärker ist als der Tod.

Serie: Pater Anselm Grün: Werke der Barmherzigkeit

Wir vertrauen darauf, dass die Liebe stärker ist als der Tod. Wir sterben in die Liebe Gottes hinein. | Foto: pixabay
Pater Anselm Grün  | Foto: https://www.anselm-gruen.de/
Autor:

Der SONNTAG Redaktion aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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