Zeit für meinen Glauben
„Ich habe mir vorgenommen, hundert zu werden“

Johann Zirbs: "Das Schöne war, dass mein Sohn mein Firmpate war.“ 
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Johann Zirbs ist ein Spätberufener. Zumindest was sein heute wichtigstes Engagement in seiner Gemeinde angeht. „Ich bin der Haus- und Hoffotograf von St. Elisabeth. Ich fotografiere bei der Erstkommunion, bei der Firmung und bei vielen anderen Anlässen.“ Johann ist 75, als er mit dem Fotografieren in der Pfarre beginnt. Geplant hat er das nicht. „Irgendwann bin ich mit dem Fotoapparat durch die Gegend spaziert, da hat mich der Pfarrer gefragt, ob ich nicht öfter fotografieren könnte.“ Heute ist Johann 88 und nach wie vor begeisterter Fotograf. Mit der Technik hat er keine Probleme. Sein Grundsatz: „Das, was mich interessiert, das mache ich auch.“

Diskussionen mit dem Pfarrer

Seit 1953 ist die große rote Backsteinkirche in der Argentinier- straße, St. Elisabeth, Johanns Heimatkirche. Damals, direkt nach seiner Hochzeit, zieht er mit seiner Frau in eine Gemeindewohnung im vierten Bezirk, in der er noch heute als Witwer lebt. Weil sein Vater bei der Arbeit als Spengler tödlich verunglückt, überredet ihn seine Familie beruflich umzusatteln. Johann wechselt von der Spenglerei zur Eisenbahn. „Ich habe im Schichtdienst gearbeitet, da war es oft schwierig mit der Sonntagsmesse. Nach einem 12- oder 13- Stundendienst verlangt auch der Körper seine Rechte.“ Johann ist pragmatisch. Seinen Glauben stellt er ohnehin nie in Frage. „Mein Glaube war wie ein Fundament und immer da.“ In St. Elisabeth werden seine vier Kinder getauft und gefirmt. Dort freundet er sich mit dem langjährigen, 2007 verstorbenen Pfarrer Hugo Unterberger an. Eine Freundschaft, in der auch lebhafte Diskussionen ihren Platz haben. „Wir haben auch streiten können. Über die Kirche, über den Glauben. Einmal hatten wir eine wochenlange Debatte, und ich habe irgendwann gesagt: ‚Hugo, nimm zur Kenntnis: Ich glaube! Und alles andere ist mir wurscht!‘“ Theologische ‚Detail- fragen‘, wie Johann es nennt, sind ihm nicht wichtig.

Firmung mit siebzig

Wichtig ist es ihm hingegen, seine Firmung nachzuholen. „Nach dem Krieg sind wir öfter übersiedelt, ich war schon voll im Beruf. Dann kam die Hochzeit, danach die Kinder. Die Firmung ist da untergegangen.“ Mit fast siebzig tritt Johann an Pfarrer Unterberger heran. Sein Wunsch: Von Kardinal König, der ihn stets sehr beeindruckt hat, gefirmt zu werden. Johann erinnert sich: „Dann kam der Tag: alle anderen waren sechzehn, siebzehn Jahre. Kardinal König war schon über neunzig. Das Schöne war, dass mein Sohn mein Firmpate war.“
Auf die Tücken, die das Alter mit sich bringt, stellt Johann sich ein. So hat er vor Kurzem die Seiten in der Kirche gewechselt. Mit seinem Hörgerät kann er nicht mehr im rechten Seitenschiff der Kirche vor dem Tabernakel sitzen. „Früher bin ich nach der Kommunion immer bei Ihm gestanden, hab mein Gebet gemacht, Ihm von meinen Wehwehchen erzählt und davon, was mir gut tun würde, wenn’s anders wär. Heute sitze ich beim Marienaltar auf der linken Seite und rede eben mit Ihr. ‚Du bist ja seine Mutter‘, sag ich, ‚Kannst du ihm das nicht sagen?‘“ Ans Aufhören als Fotograf denkt Johann nicht, ans Ende des Lebens auch nicht. „Ich habe mir vorgenommen, dass ich hundert werde.“

Johann Zirbs: "Das Schöne war, dass mein Sohn mein Firmpate war.“ 
 | Foto: Privat
„Irgendwann bin ich mit dem Fotoapparat durch 
die Gegend spaziert, da hat mich der Pfarrer gefragt, ob ich nicht öfter fotografieren könnte“, erzählt Johann Zirbs. | Foto: Privat
Autor:

Sandra Lobnig aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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