Jenseits der Wissenschaft
Gibt es Wunderheilungen?
Rund um Ostern stellen wir die Frage, ob Gott auch heute noch heilt. Gibt es Wunderheilungen? Oder hat es immer medizinische Gründe, wenn Menschen scheinbar plötzlich wieder gesund werden? Spannende Einblicke in einen Bereich, bei dem die reine Wissenschaft definitiv an ihre Grenzen stösst.
Wenn es um Wunderheilungen geht, sind selbst die gläubigsten Christen manchmal skeptisch. Greift Gott tatsächlich ein und heilt Menschen? Und wenn ja, warum dann manchmal schon – oft aber auch nicht?Das sind Fragen, die wahrscheinlich niemand schlüssig erklären kann. Aber: „Wunder gibt es!“, bekräftigt Pater Andreas Resch im Interview mit dem SONNTAG. Der Redemptorist ist Theologe, Psychologe und Experte im Bereich der Grenzgebiete der Wissenschaft (Paranormologie). Von 1969 bis 2000 war P. Resch Professor an der Accademia Alfonsiana (Päpstliche Lateranuniversität in Rom), hielt zahlreiche Gastvorlesungen in den USA, Japan und Australien. Er veröffentlichte zahlreiche Bücher über Heilige und deren Wunderheilungen, außerdem ein Buch speziell über die Wunder im französischen Wallfahrtsort Lourdes. Einen großen Teil seines Lebens und seines beruflichen Wirkens hat sich P. Resch mit Wundern und Wunderheilungen beschäftigt und und sagt mit Überzeugung: „Gott vollbringt immer wieder Wunder, vor allem Heilungswunder, auch in der heutigen Zeit. Dazu haben wir bestuntersuchte Fälle rund um Heiligsprechungen und Seligsprechungen, für die jeweils ein Wunder verlangt wird.“
Was ist ein Wunder?
Man spricht von einem Wunder, wenn von medizinischer oder wissenschaftlicher Seite eine Heilung nicht erklärt werden kann – und sich die Frage stellt, was die Ursache ist. In so einem Fall erfolgen dann Untersuchungen durch Mediziner und Naturwissenschaftler. Daraufhin muss auch noch eine theologische Kommission über die Frage entscheiden, ob ein göttlicher Einfluss gegeben war. Jedes Mal, wenn jemand selig- oder heiliggesprochen werden soll, stellt sich genau diese Frage: Ob Gott durch diese Person ein Wunder vollbracht hat. Denn es ist immer Gott, der das Wunder tut, nie die Person selbst.
Gibt es auch Wunder, die nicht mit Heilung zusammenhängen?
Als klassisches Wunder verstehen wir grundsätzlich eine Wunderheilung, die sich auch beweisen lässt. Darüber hinaus gibt es aber die volkstümliche Bezeichnung „Wunder“ auch für innere psychologische Erlebnisse, die Menschen erfahren. Wie zum Beispiel plötzliche innere Erleuchtungen oder Einfälle, die große Problematiken lösen können; oder andere Veränderungen einer äußeren Situation, die wissenschaftlich nicht erklärbar sind. Es kann sein, dass Gott hier tatsächlich eingreift, aber man kann diese Ereignisse nicht beweisen.
Und lassen sich Wunderheilungen im Gegensatz dazu beweisen?
Einen letzten Beweis eines Wunders im Sinne einer göttlichen Einwirkung können wir nie erbringen, aber wir können sie nicht ausschließen. Bei der Inderin Alfonsa zum Beispiel, die inzwischen heiliggesprochen wurde, hat man einen Jungen auf ihr Grab gelegt, der Klumpfüße hatte. Daraufhin wurde er noch in derselben Nacht vom Klumpfuß geheilt. Oder beim Fall des immer noch lebenden Vittorio Micheli aus dem Valsugana-Tal im Trentino: Dieser hatte Krebs und sein ganzer Hüftknochen war betroffen. Man brachte ihn nach Lourdes und legte ihn ins Bad, woraufhin sein Knochen innerhalb von Sekunden nachgewachsen ist. Für so etwas gibt es keine medizinischen oder wissenschaftlichen Erklärungen. Aber die Tatsache, dass diese Menschen geheilt wurden, lässt sich beweisen.
Wie wird so etwas bewiesen?
Zuerst erfolgt eine diözesane Untersuchung unter Beteiligung von Ärzten und kompetenten Personen. Wenn man dabei zur Überzeugung kommt, dass die Heilung wissenschaftlich nicht erklärbar ist, dann ist Rom am Zug. Normalerweise werden dann zwei Fachärzte in die Diözese geschickt, die sich den Fall noch einmal anschauen; und wenn beide zur Auffassung gelangen, dass der Fall einer konkreteren Untersuchung wert ist, befasst sich in Rom anschließend die sogenannte „consulta medica“, ein medizinischer Rat, damit, bestehend aus sieben Medizinern. Wenn der Rat einstimmig oder mehrheitlich zum Ergebnis kommt, dass der Fall medizinisch nicht erklärbar ist, kommt das Ganze vor die Theologenkommission, welche die Frage zu beantworten hat, ob die Wunderheilung tatsächlich unter göttlichem Einfluss erfolgt ist. Dann steht am Ende noch die Kommission der Kardinäle und Bischöfe und letztlich das Urteil des Papstes.
Papst Franziskus hat am Petersplatz die Stirn eines Kindes berührt, das dann anscheinend von einer Krankheit geheilt wurde. Ein Wunder?
Wir haben solche Phänomene nicht nur bei Franziskus, sondern vorher auch schon bei Benedikt XVI. und Johannes Paul II. So etwas könnte tatsächlich als Wunder anerkannt werden, aber defintiv nicht für eine etwaige Heiligsprechung.
Warum nicht?
Es könnte sich dabei um eine sogenannte Spontanremission handeln. Also um eine unerwartete Besserung oder Heilung der Krankheit, die dadurch hervorgerufen wurde, dass durch die Berührung des Papstes die Bioenergie und Selbstheilungskraft des Kindes stimuliert wurde und es deshalb gesund wurde. Zur Anerkennung eines Wunders muss aber gänzlich ausgeschlossen sein, dass es sich um eine Selbstheilung handeln könnte, die im Menschen Kräfte mobilisiert, durch die er gesund wird. Ein Wunder ist es nur dann, wenn die Heilung tatsächlich vollkommen von außen herbeigeführt wird.
Warum sind selbst Christen skeptisch, wenn es um das Thema Heilung geht?
Es ist für Menschen schwierig, an etwas zu glauben, das sie nicht greifen können. Dazu kommt, dass selbst Theologieprofessoren das Thema Wunder meistens aussparen, fast nie über Gnadenwirkungen sprechen, weil sie Angst haben, dass sie dann von der Naturwissenschaft ausgelacht oder nicht ernst genommen werden. Fest steht aber, dass es viele Wunder gibt. Und noch etwas steht fest: Ein Wunder ist immer eine direkte Antwort auf ein Gebet oder eine Fürbitte. Ohne Gebet – kein Wunder.
Haben Sie persönlich schon Wunder erlebt?
Vor Jahren wurde mir von einem Arzt eine Frau zur psychotherapeutischen Behandlung geschickt, die zuvor jeden Abend in ein Gitterbett gelegt werden musste, weil sie sonst sich und andere gefährdete. Als sie mir gegenübersaß, hatte ich das Gefühl, als ob mir jemand mit einer Eisenstange auf die Brust schlagen würde. Ich sagte, dass ich ihr als Psychologe nicht helfen kann, aber ich kann ihr als Priester helfen. Ich habe dann ganz im Stillen für sie gebetet: „Sollte dich der böse Feind belasten, so weiche er im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes.“ Die Frau hat das nicht mitbekommen, weil ich das im Stillen gemacht habe. Am nächsten Tag rief mich aber der Arzt an und sagte, dass die Frau gesund sei und zehn Jahre später hat sie mich bei einem Vortrag besucht und mir bestätigt, dass sie seitdem gesund ist.
Autor:Michael Ausserer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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