Glaubenszeugnis
„Fürchte dich nicht zu Tode!“
Vom zu Weihnachten 2021 verstorbenen Pfarrer Georg Stockert hat Eveline Pfleger vor allem eines gelernt: Sich nicht von Angst lähmen zu lassen, sondern dort zu helfen, wo man gebraucht wird.
Eveline Pfleger ist Pfarrsekretärin in der Pfarre Aspern. Die 55-Jährige hat schon oft erlebt, was Menschen erreichen können, wenn sie sich gemeinsam engagieren.
EVELINE PFLEGER
Alter: 55
Beruf: Pfarrsekretärin, Pfarre Aspern
Lebensmotto: Das ergibt sich für mich an jedem Tag neu. Ich lasse mich auf das ein, was ist.
Sonntag bedeutet für mich: ein ganz besonderer Tag, der sich vom Alltag abhebt.
Gott ist für mich: Stille.
Frau Pfleger, in Ihrer Pfarre wurden drei ukrainische Flüchtlinge aufgenommen. Auch Sie helfen bei der Betreuung mit.
Die Pfarrcaritas hat bei uns angefragt, ob wir die Möglichkeit haben, ukrainische Flüchtlinge aufzunehmen. Jetzt leben zwei junge Frauen und ein 16-jähriger Bursche in der Wohnung des verstorbenen Pfarrers. Die drei haben es geschafft, recht schnell aus der Ukraine rauszukommen und fühlen sich bei uns – glaube ich – recht wohl.
Es ist nicht das erste Mal, dass Sie in der Pfarre Flüchtlinge betreuen.
Vor einigen Jahren hatten wir 16 afghanische Flüchtlinge bei uns. Einer davon ist heute unser Hausarbeiter. Das ist wirklich großartig in unserer Pfarre: Wir helfen zusammen und setzen uns gemeinsam für alle Menschen in schwierigen Situationen ein.
Mit der Ukraine verbindet Sie und Ihre gesamte Pfarre schon länger eine besondere Beziehung. Wie kam es dazu?
Zuerst haben wir einige Jahre Kinder aus der Ukraine in den Ferien nach Österreich eingeladen. Auch ich hatte sechs Mal ein Mädchen bei mir, das mittlerweile auch aus der Ukraine geflüchtet ist. Aus dieser Aktion heraus entstand gemeinsam mit der Caritas das Kinderheim Aspern in Kiew, das wir nun
schon seit 25 Jahren großzügig unterstützen. Veranstaltungen wie Punschstand oder Flohmärkte kommen diesem Projekt zugute.
Corona hat auch Ihre Pfarre herausgefordert. Darüber hinaus ist Ihr Pfarrer verstorben. Jetzt der Ukrainekrieg und die Flüchtlinge in Ihrer Pfarre. Viele Herausforderung in relativ kurzer Zeit…
In unserer Pfarre helfen viele Hauptamtliche und Ehrenamtliche zusammen, um die Werte,
die uns und unserem langjährigen Pfarrer immer wichtig waren, auch weiter leben zu können. Werte wie Vielfalt, Offenheit, Toleranz, Caritas, Liturgie – eben eine bunte Kirche.
Ohne Pfarrer ist die Situation derzeit vor allem im administrativen Bereich manchmal sehr schwer. Ich bin den vielen Engagierten dankbar, dass wir das Pfarrleben aufrechterhalten können. Wir hoffen alle auf einen neuen Pfarrer, der bald mit uns gemeinsam den Weg der bunten Kirche weitergeht
Sie waren mit Ihrem verstorbenen Pfarrer sehr verbunden, auch in der Zeit seiner Krankheit. Das hat Sie geprägt.
Wir konnten unseren Pfarrer Gott sei Dank bis zum Schluss in der Pfarre begleiten. Er hat bis zum Ende mit erhobenem Haupt gekämpft. Er hatte wahrscheinlich seine persönlichen Krisen, hat aber nie gejammert oder geklagt. Wenn es zurzeit manchmal sehr schwierig ist, dann habe ich die Worte unseres Pfarrers im Ohr, der gesagt hätte: „Fürchte dich nicht zu Tode! Tu etwas!“ Es kann so schnell gehen, dass man plötzlich krank wird, aber auch dann kann man noch schöne Erlebnisse haben. Die Krankheit anzunehmen und trotz allem das Beste draus machen: Das ist mir in dieser Zeit bewusst geworden.
Woher holen Sie sich Ihre Kraft?
Wenn mich mein Enkelsohn anlächelt und charmant um den Finger wickelt, gibt mir das Kraft. Auch in der Natur tanke ich auf. Und meistens lese ich am Beginn des Tages einen kleinen Gedankenimpuls aus einem Büchlein, das bei mir am Nachtkastl liegt. So ein Wort begleitet mich den ganzen Tag.
Autor:Sandra Lobnig aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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