Halbzeit in der Fastenzeit
Es geht auch um einen neuen Lebensstil
Seit knapp 20 Tagen wird gefastet. Durch den Verzicht machen wir uns frei: für uns selber, den Nächsten und für Gott. Wie geht es den Menschen jetzt zur Halbzeit, hat sich das Fasten schon positiv ausgewirkt und halten sie weiter durch?
Schon die Sprache gibt einen wichtigen Hinweis auf die Bedeutung der Zeit, in der wir uns gegenwärtig befinden: Während die Zeit der Vierzig Tage vom Aschermittwoch bis Ostern kirchensprachlich als „Österliche Bußzeit“ oder als „Vierzig Tage“ („Quadragesima“) bezeichnet werden, wird im Deutschen diese Zeit als „Fastenzeit“ bezeichnet. Bald sind wir bei der Hälfte dieser Zeit angelangt. Halten wir uns deshalb noch einmal vor Augen, worum geht es dabei geht: Nach dem Vorbild Jesu, der vierzig Tage lang in der Wüste gefastet hat, bevor er sein öffentliches Leben begann, haben auch die Christen von Anfang an Zeiten des Fastens eingehalten. In der Fastenzeit lädt die Kirche alle Gläubigen ein, sich durch Buße und Umkehr auf die Feier des Todes und der Auferstehung Christi vorzubereiten. Die Heilige Schrift spricht hauptsächlich von drei Formen als Zeichen der Umkehr: Fasten, Beten und Almosengeben.
Keine übertriebene Askese
„In der Österlichen Bußzeit kann es darum gehen, das Leben zu ordnen, und dabei mit den ganz gewöhnlichen und alltäglichen Dingen zu beginnen: wie Essen, Trinken, Schlafgewohnheiten, Arbeitsausmaß, Muße und Gebet“, schreibt der Linzer Diözesanbischof Manfred Scheuer in seinem heurigen Fasten-Hirtenbrief: „Gefragt ist nicht eine übertriebene Askese, sondern das rechte Maß, das gute Gleichgewicht, eine Ordnung, die von Freiheit und Liebe geprägt ist.“ Und weiter: „Die Österliche Bußzeit kann auch eine Zeit der Einübung in die gute Aufmerksamkeit für den Leib sein: Ich achte auf die Signale des Leibes und suche ein gutes Maß an Bewegung und Ruhe.“ Auch die Sorge um den Körper soll verstärkt in den Blick genommen werden.
Sich selbst und den Lebensstil ändern
Viele Christen begannen am Aschermittwoch zeichenhaft und ganz bewusst ihre „Fastenzeit“, indem sie sich beispielsweise in freier Entscheidung vornahmen, bis Ostern auf Alkohol, Rauchen oder Süßigkeiten zu verzichten. Was ist der Sinn eines solchen persönlichen Fastenopfers? Es kann darum gehen, sich selbst und den eigenen Lebensstil so zu ändern, dass durch Besinnung und Gebet, heilsamen Verzicht und neue Sorge füreinander, Jesus wieder mehr Raum im Leben des Einzelnen gewinnt. Konkret: Verzicht etwa auf Fleischspeisen, spürbare Einschränkung im Konsum, besonders bei Genussmitteln, Dienste und Hilfeleistungen für den Nächsten. Durch Fasten, Gebet, Umkehr und Buße sollen die Christen ihrem Leben einen neuen Sinn geben.
Der ganze Mensch soll frei werden
Fastenzeit heißt grundsätzlich weniger für sich selbst fordern und verbrauchen. Der Sinn dahinter: Der ganze Mensch soll frei werden und sich selbst wiederfinden. Er soll einüben und verwirklichen, was wir durch die Taufe geworden sind: ein neuer Mensch, in dem Jesus Christus sichtbar wird. Die Kirche schreibt den Gläubigen nicht detailliert vor, auf welche Weise sie während der Fastenzeit fasten sollen. Aber die meisten Christen tun es.
Bis Ostern gilt es noch durchzuhalten. Wir vom SONNTAG wünschen dafür viel Kraft, Ausdauer und Freude.
Meinungsumfrage: Ich faste, indem ich..
Pfarre Neuottakring
„Das ist ein Fasten wie ich es liebe!“ Fast erwischt mich die Anfrage „In der Fastenzeit faste ich, indem ich …“ am falschen Fuß, bin ich doch gerade auf Schiurlaub in einem ziemlich exklusiven Hotel, in dem jeder Wunsch – auch nach Essbarem – schon erfüllt wird, bevor man ihn noch äußert. Doch halt: Lautet mein Fastenvorsatz heuer denn nicht: Ich will mehr? Ich will achtsamer sein, wenn es in meiner Umgebung jemandem nicht so gut geht: dem Zeitungsverkäufer einmal etwas im Supermarkt mit einkaufen. Nicht wegschauen sondern hinschauen, wenn ein überforderter Vater seinen Sohn öffentlich ohrfeigt. Dem Griesgram in der U-Bahn ein Lächeln schenken (hab ich von meiner Enkelin gelernt). Ganz einfach: mehr hinschauen statt wegschauen. Das kann ruhig noch nach Ostern weitergehen!
Ursula Meißl, Pfarre Neuottakring (Wien 16)
Provinzoberin der Steyler Missionarinnen
In der Fastenzeit faste ich, indem ich …
Auf Süßes und Alkohol verzichte.
Mir öfters bewusst eine Pause gönne (gute Übung – nicht nur – für Workaholics!).
Das hilft mir …
Aufmerksamer zu sein auf die eigenen und die Bedürfnisse anderer.
Gegenwärtig zu sein in der Zuwendung zu Menschen und zu Gott sowie bei der Erfüllung der täglichen Arbeit.
Die Zielrichtung meines Fastens ist zu finden beim Propheten Jesaja 58, 1-11.
Sr. Hemma Jaschke, Provinzoberin der Steyler Missionarinnen
Abt des Schottenstiftes
Die Benediktsregel sieht in den Vierzig Tagen vor Ostern eine besondere Gelegenheit, „auf das Leben zu achten“, es zu hüten, sorgfältig damit umzugehen und ehrlich wahrzunehmen, was „ist“ und was noch nötig wäre, damit mein und unser Leben als Gemeinschaft mehr zum Eigentlichen hinführt. Benedikts Thema für die Fastenzeit sind die Fragen: Wo stehe ich? und: Was muss ich tun oder lassen – und: Was müssen wir tun? Diesem Ziel dienen die Fastenübungen, die sowohl ein „Mehr“ als auch ein „Weniger“ umfassen: über die gewohnten Pflichten unseres Dienstes hinaus einerseits und der Verzicht bei Essen und Trinken, Geschwätz und Albernheiten anderseits. Dahinter steht die Frage, ob ich mich in dieser Welt bereits so gut eingerichtet habe, dass ich nichts weiter erwarte.
Johannes Jung, Abt des Schottenstiftes (Wien 1)
Pfarre Großebersdorf
Ich faste, indem ich bewusst auf ein harmonisches liebevolles Miteinander achte. „Wer weiß, wie lange wir einander haben“, hat meine Oma immer gesagt. Fastenzeit bedeutet für mich daher, die Endlichkeit unserer Erdenzeit sowohl mir selbst als auch meinen Kindern neu bewusst zu machen. In der Fastenzeit vermeide ich, in Supermärkten einzukaufen. Stattdessen gehe ich auf offene Märkte, um frische Lebensmittel direkt von regionalen Landwirten zu kaufen, wobei meine Familie auf Fleisch weitestgehend verzichtet. Das Thema „Autofasten“ ist am Land ein „heißes Eisen“, weil es fast unmöglich ist, unter der Woche darauf zu verzichten. Dennoch halte ich mindestens einen Tag pro Woche autofrei, indem ich bewusst versuche, Autofahrten auf das Notwendigste zu reduzieren und alle Erledigungen zu verbinden.
Romana Tschiedel, Pfarre Großebersdorf
Autor:Stefan Kronthaler aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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