Die Kleinen Schwestern Jesu
Ein Lächeln und ein Hoffnungsschimmer
Sr. Waltraud Irene kennt den Alltag der Menschen: 15 Jahre arbeitete sie als Kassiererin im Supermarkt, bevor sie in den Orden der Kleinen Schwestern eintrat. Auch dann war sie noch an der Kassa oder als Putzfrau tätig. Mit dem SONNTAG sprach sei über das Leben der Ordensfrauen in Wien-Favoriten und erzählt, was ihr in der Zeit der Corona-Pandemie besonders wichtig ist.
Sie gehen den Weg eines kontemplativen Lebens mitten in der Welt der Armen und einfachen Leute. Sie leben in kleinen Gemeinschaften, meist zu dritt oder viert, in einfachen Mietwohnungen: Die Kleinen Schwestern Jesu. In Wien-Favoriten wohnen am Antonsplatz die drei Kleinen Schwestern Brigitta Maria, Waltraud Irene und Anita Maria. „In der multikulturellen Umgebung des 10. Bezirkes dürfen wir Freundschaft und Begegnung mit Menschen vieler verschiedener Kulturen und Religionen leben“, erzählen sie auf ihrer neu gestalteten und lesenswerten Homepage.
Die drei Ordensfrauen sind bereits in Pension und engagieren sich jetzt ehrenamtlich in verschiedenen Bereichen.
Sr. Waltraud Irene, 62, stammt aus Vorarlberg und lebt seit 33 Jahren in der Gemeinschaft der Kleinen Schwestern Jesu. Wie alle Kleinen Schwestern Jesu ist auch sie vor ihrer Pensionierung einem ganz „normalen“ Beruf nachgegangen: „Ich habe schon vor dem Eintritt in die Gemeinschaft 15 Jahre lang im Lebensmittelhandel als Kassiererin gearbeitet, war später auch als Kleine Schwester viel im Handel tätig, bei SPAR und im Baumarkt an der Kasse, aber auch in einer Großwäscherei, im Gastgewerbe, in einer Näherei und in einer Putzfirma“, erzählt Sr. Waltraud dem SONNTAG.
Jetzt in der Pension geht sie einer ehrenamtlichen Beschäftigung nach, lernt Deutsch mit Flüchtlingskindern und unterstützt diese beim Hausaufgaben machen. Der Weg als Kleine Schwester Jesu war für sie der richtige, blickt sie dankbar zurück: „Für mich ist nur eine Gemeinschaft in Frage gekommen, die nicht im Kloster lebt, sondern mitten in der Welt ist. Es war mir wichtig, Zeit für das Gebet zu haben und weiterhin ganz normal arbeiten gehen zu können. Das hab ich bei den Kleinen Schwestern Jesu gefunden, wofür ich sehr dankbar bin. Ich finde, wir dürfen eine sehr schöne Berufung leben.“
Hoffnung in der Krise
Die Corona-Pandemie hat auch das Leben der kleinen kontemplativen Ordensgemeinschaft am Antonsplatz verändert, das Gebet für die Welt ist noch mehr ins Zentrum gerückt: „Wir haben mehr Zeit für das Gebet, und nehmen ganz bewusst auch all die Menschen herein, die es jetzt besonders schwer haben.
Was uns dabei hilft ist ein klar strukturierter Tag und die Regelmäßigkeit des Gebetes“, schildert Sr. Waltraud. In der Früh feiern die Schwestern wie viele andere den Gottesdienst über Livestream mit. „Dieser Gottesdienst, aber auch die tägliche Anbetung vor dem Allerheiligsten ist für uns eine wertvolle geistliche Nahrung, so Sr. Waltraud: „Wir fühlen uns als Gebets-Delegierte für so viel Leid, das derzeit unsere Welt prägt und wir glauben auch ganz fest daran, dass da mitten drinnen Gott am Werk ist. Von dieser Hoffnung möchten wir Zeugnis geben.“
Am Abend verfolgen die drei Frauen miteinander die Nachrichten und gehen anschließend in die Kapelle, um für all die großen und kleinen Anliegen zu beten, besonders auch weltweit, weil sie in vielen verschiedenen Ländern Mitschwestern haben.
Gastfreundschaft im Kleinen
Zentrale Berufung der Kleinen Schwestern Jesu ist es, wie einst Jesus in Nazaret mitten unter den Menschen zu wohnen, eine von ihnen zu werden, ihre Nöte und Sorgen mitzutragen und ihre Freude zu teilen. „Für uns als Kleine Schwestern ist die Gastfreundschaft sehr wichtig, und da sind wir jetzt wegen Corona sehr begrenzt.
Wir laden immer wieder einzelne Personen zum Mittagessen ein, und da haben wir wirklich Zeit – nur für diese konkrete Person“, sagt Sr. Waltraud. Auch die Besuche im Altersheim seien jetzt sehr reduziert. „Viel Kontakt passiert über Telefon und E-Mail mit all unseren Freunden, und die verschiedensten Treffen innerhalb der Gemeinschaft müssen wir jetzt auch über Skype und Zoom machen.“
Vorbild Charles de Foucauld
Heute gibt es rund 1.300 „Kleine Schwestern Jesus“ in mehr als 60 Ländern weltweit. In Österreich leben die Ordensfrauen in Wien, Graz, Linz und Regelsbrunn (Niederösterreich).
Auf Grundlage der Ideen des seligen Charles de Foucauld (1858-1916) wurde im Jahr 1936 durch fünf französische Priester die Gemeinschaft der „Kleinen Brüder Jesu“ gegründet. 1939 folgte durch Magdeleine Hutin die Gründung der Gemeinschaft der „Kleinen Schwestern Jesu“. Charles de Foucauld könnte noch in diesem Jahr heiliggesprochen werden, doch ein Datum steht noch aus.
Warum heißen sie eigentlich „Kleine“ Schwestern Jesu?
„Wir Kleinen Schwestern schauen gerne auf das Jesuskind in der Krippe. Dieser aufmerksame Blick leitet unsere Entscheidungen und gibt unserem täglichen Leben seine Ausrichtung. Auch wir wollen klein werden. Das bedeutet für uns: Mit den Menschen leben, die in unserer Gesellschaft an den Rand gedrängt werden, mit Migrantinnen, Menschen in prekären Arbeitsbedingungen, Suchtkranken, Randgruppen, Menschen ohne Obdach... unter ihnen und mit ihnen leben wir unser Leben ,für Gott‘“, erzählen die Ordensfrauen.
Das gilt ganz besonders jetzt in der Corona-Pandemie wie Sr. Waltraud unterstreicht: „Am Herzen liegen mir ganz besonders all die Menschen, die bereits jetzt schon am Rande der Gesellschaft sind und die diese Pandemie am härtesten trifft, natürlich aber auch die vielen Flüchtlinge in Bosnien und auf den griechischen Inseln für die dieser kalte Winter eine Katastrophe bedeutet. Dabei nicht helfen zu können, ist mir sehr schwer.“ In dieser Zeit der Krise sieht sie aber auch die Chance, zu mehr Solidarität unter uns Menschen zu finden.
Miteinander auf dem Weg
Stille und Einsamkeit – für viele im Lockdown schon zu viel – werden von den Kleinen Schwestern Jesu übrigens bewusst gesucht: „Normalerweise gehen wir jeden Monat für ein Wochenende ganz ins Schweigen, wobei uns liebe Ordensgemeinschaften bei sich aufnehmen. Da das jetzt nicht möglich ist, nimmt sich jede von uns pro Woche einen Tag der Stille, um Gott mehr Raum zu geben“, erzählt Sr. Waltraud.
Da es trotz des Lockdowns möglich ist, in die Natur hinaus zu gehen, nützen die Schwestern jeden Tag für Spaziergänge und entdecken neu die stille Gegenwart Gottes und die Veränderungen in der Natur. „Wir begegnen dort vielen anderen Menschen und fühlen uns dadurch miteinander auf dem Weg, indem wir uns gegenseitig ein Lächeln schenken.“
Weitere Infos im Internet unter
www.kleineschwesternjesu.net
Autor:Agathe Lauber-Gansterer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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