Passionsspiele Kirchschlag
Ein Glas Milch als „Honorar“

Mit ein paar Aposteln: „Maria Magdalena“ Stefanie Glatz und „Jesus“ Christoph Reisner. | Foto: Passionspiele Kirchschlag/Pfarre Kirchschlag
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  • Mit ein paar Aposteln: „Maria Magdalena“ Stefanie Glatz und „Jesus“ Christoph Reisner.
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Nach verlängerter Pause aufgrund der Corona-Pandemie starten die großen Passionsspiele unserer Erzdiözese am 14. August. Heuer feiern die traditionsreichen Passionsspiele Kirchschlag ihr 90-jähriges Bestehen. Gegenüber dem SONNTAG erläutern die Darstellerinnen und Darsteller von Maria Magdalena, Jesus und Judas die Faszination ihrer Rollen. Und warum sie begeistert mitspielen.

Mehr als 500 Frauen, Männer sowie Jugendliche und Kinder wirken bei den Passionsspielen Kirchschlag mit. Diese finden heuer nach siebenjähriger Pause wieder statt, die Premiere ist am 14. August. In diesem Jahr feiert die Inszenierung von Jesu Leiden, Tod und Auferstehung in Kirchschlag das 90-Jahr-Jubiläum: Pfarrer Franz Füssl rief die Passionsspiele im Jahr 1932 ins Leben. Mittlerweile werden die Passionsspiele im Fünf-Jahres-Rhythmus aufgeführt. Pandemiebedingt musste die Spielpause zuletzt auf sieben Jahre verlängert werden, umso größer ist die Freude über die heurige Inszenierung unter der Regie von Manfred Waba. 1959 wurde ein eigenes Passionsspielhaus errichtet, das akustisch so gebaut ist, dass man an jedem Platz gut versteht und eine uneingeschränkte Sicht auf die Bühne hat. Für Thomas Marosch, Pfarrer von Kirchschlag, sind die Passionsspiele „eine großartige Möglichkeit, um Jesus und die Geschichte Gottes mit uns Menschen besser kennen zu lernen und das Evangelium wieder neu zu erfahren“. Der SONNTAG sprach mit den beiden Darstellerinnen der Maria Magdalena und mit den Jesus- und Judas-Darstellern über die Herausforderungen ihrer jeweiligen Rolle.

Gewinnspiel

Der SONNTAG verlost für die Vorstellung bei den Passionsspielen in Kirchschlag am 4. September 2022 insgesamt 25 x 2 Eintrittskarten unter allen neuen Testabonnenten.

Testen und gewinnen

„Selbständige“ Maria Magdalena
Das erste Mal war Viola Stocker, eine der beiden Darstellerinnen der Maria Magdalena, 2010 aktiv bei den Passionsspielen dabei und durfte tatkräftig beim Volk mitwirken. „Ich spiele deshalb gerne mit, weil ich ein ganzes Jahr hindurch Teil einer liebevollen Gemeinschaft sein darf, in der aufeinander geachtet wird. Spaß macht es natürlich auch“, sagt Stocker zum SONNTAG. Ab September 2022 ist die 19-Jährige Studentin an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien. „An Maria Magdalena fasziniert mich ihre Selbstständigkeit. Zu ihren Lebzeiten ganz ohne Ehemann oder Vater unterwegs zu sein, war sicher kein leichtes – oder übliches – Unterfangen“, sagt Stocker. „Dennoch folgt sie Jesus nach und wird eine seiner wichtigsten Botschafterinnen. Vor allem aber wird sie in dieser Nachfolge ernst genommen und Jesus begegnet ihr, entgegen der patriarchalischen Ordnung, ganz auf Augenhöhe.“

Jesu „Liebe für die Menschheit“
„Bereits als Kind war ich mit dem Volk beim Einzug dabei“, sagt Christoph Reisner, einer der beiden Jesus-Darsteller. Er spielt in seiner Freizeit leidenschaftlich gerne Theater, „hauptsächlich Komödien“. Reisner: „Das Passionsspiel bietet eine gute Abwechslung, weil es mehr Tiefe besitzt und den Menschen nahegeht. Mit meiner ganzen Leidenschaft und Energie freue ich mich sehr darauf, in die Rolle von Jesus Christus schlüpfen zu dürfen.“ – „Noch dazu ist die Passionsspiel-Gemeinschaft eine ganz besondere Gemeinschaft und die positive Energie des Zusammenhalts ist regelrecht zu spüren“, sagt der 32-jährige Gärtner. An Jesus fasziniert Reisner „seine selbstlose Art von Liebe für die Menschheit. Er hat sich seinem Schicksal gestellt, obwohl er wusste, welche Qualen ihm bevorstehen. Das erfordert sehr viel Mut und Willenskraft.“

Tickets

Die Passionsspiele in Kirchschlag finden an 23 Spielterminen von 14. August bis 26. Oktober 2022 statt.

Kartenreservierungen: passion.at oder per E-Mail an passionsspiele@kirchschlag.at sowie unter der Telefonnummer 02646 2243-14.

Maria Magdalena „folgt Jesus loyal“
Auch die 26-jährige Studentin Stefanie Glatz stellt Maria Magdalena dar. Schon als Kind hat sie „im Volk mitgespielt“. Ihr gefällt „das Gemeinschaftsgefühl, und dass man gemeinsam Großes auf die Beine stellen kann“. Glatz: „An Maria Magdalena fasziniert mich, dass sie Jesus loyal folgt und bis zu seinem Ende an seiner Seite bleibt.“

Kein Sonntag ohne SONNTAG: „Jesus“ Florian Grabner. | Foto: Passionspiele Kirchschlag/Pfarre Kirchschlag
  • Kein Sonntag ohne SONNTAG: „Jesus“ Florian Grabner.
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„Gerechter“ und „selbstloser“ Jesus
Auch Florian Grabner ist ein Jesus-Darsteller. Schon seit seinem dritten Lebensjahr, seit 2005, darf er sich „einen Mitwirkenden der Passionsspiele Kirchschlag“ nennen. Der 20-Jährige studiert zurzeit an der Pädagogischen Hochschule Niederösterreich Pädagogik/Primarstufe. „Ich spiele gerne mit, da das Gemeinschaftsgefühl der Passionsspielgemeinde ein wirklich Einzigartiges ist“, sagt Grabner. „Ein weiterer Grund, warum ich mit solch einer Begeisterung mitwirke, ist, dass alle Mitwirkenden freiwillig dabei sind und die Einnahmen sozialen Einrichtungen zugutekommen.“ An Jesus faszinieren ihn „in erster Linie die Botschaften wie Nächstenliebe, das Streben nach Gerechtigkeit und Selbstlosigkeit und mit welcher Entschlossenheit und wie willensstark er diese überbringt“.

Judas mit einer „Bandbreite der Emotionen“
Eine nicht einfache Rolle ist die des Judas. Kurt Leidenfrost spielt „seit früher Kindheit“ bei den Passionsspielen mit. „Als Kind und Jugendlicher im Volk, dann eine Saison als Souffleur“, sagt er zum SONNTAG: „Ab 1985 in der Rolle des Judas, heuer zum achten Mal.“ Warum er gerne mitwirkt? „Aus Freude am Spielen, am Gestalten dieser interessanten Figur, wegen des Gemeinschaftserlebnisses, wie ich es in dieser Größe und Intensität über fast ein ganzes Jahr kaum woanders erlebt habe, die ewige Aktualität der Passionsgeschichte, die Resonanz beim Publikum und den Mitspielern, und, und, und ...“, zählt er auf. Für den 61-jährigen Angestellten ist die Person des Judas „äußerst vielschichtig mit einer großen Bandbreite an Emotionen“. „Meist war Judas abgestempelt als bloßer Verräter und jahrhundertelang willkommenes Werkzeug von Antisemiten“, betont Leidenfrost. „Auch heute noch geht vieles von seiner Geschichte verloren“, sagt er: „Beispielsweise das Rätsel der Entstehung seines grundlegenden Wandels, seiner folgenschweren Entscheidung oder die tiefe Reue, die er voll Verzweiflung empfindet.“

Mehr als der Verräter: Kurt Leidenfrost spielt den „Judas“. | Foto: Passionspiele Kirchschlag/Pfarre Kirchschlag
  • Mehr als der Verräter: Kurt Leidenfrost spielt den „Judas“.
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Judas, mehr als „ein Sündenbock“
Auch Michael Aulabauer stellt den Judas dar. Schon seit seiner frühesten Jugend spielt er bei den Passionsspielen mit. Er schätzt dabei besonders „die Gemeinschaft“. „Der Zusammenhalt unter den Spielern ist wirklich einzigartig“, weiß er aus langjähriger Erfahrung. Die Rolle des Judas wurde dem 51-jährigen Drucker vor vielen Jahren vom damaligen Regisseur zugedacht. „Mir persönlich fällt es schwer, Judas als den Bösen, den Sündenbock zu sehen“, sinniert Aulabauer. „Vielleicht war es ihm vorherbestimmt, Jesus zu verraten und alles ins Rollen zu bringen.“ Aulabauer verweist auf den Anfang des Passionsspieles in Kirchschlag. Dort heißt es: „Ist keiner hier, der schon verraten hat für Geld?“

Geld bekommen die Darstellerinnen und Darsteller keines, sondern ein traditionsreiches „Honorar“ pro Aufführung: ein Glas Milch.

Autor:

Stefan Kronthaler aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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