Zum Bibelpfad am 24. September
Die Bibel ist kein Buch mit sieben Siegeln

Die Bibel Nicht nur ein Geschichtsbuch, sondern in erster Line ein Glaubens- und Lebensbuch.  | Foto: Archiv
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  • Die Bibel Nicht nur ein Geschichtsbuch, sondern in erster Line ein Glaubens- und Lebensbuch.
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Der Wiener Universitätsprofessor für Neues Testament, Markus Tiwald, spricht anlässlich des „Bibel-Pfades“  am 24. September um 17 Uhr beim „Bibel-Talk“ des SONNTAG in der Deutschordenskirche (Singerstraße 7, Wien 1). Markus Tiwald erläutert den einfachen Zugang zur Bibel und warum die Heilige Schrift als Buch der Glaubens- und Lebenszeugnisse einfach zeitlos ist.

Die Bibel nimmt man nicht „zur Hand“, sondern „zu Herzen“ – das gilt für den Wissenschaftler wie auch für den gläubigen Christen, denn nur so kann „das Wort Fleisch werden“, antwortet Univ.-Prof. Markus Tiwald auf die Frage, wie oft er die Heilige Schrift zur Hand nimmt. „Wenn ich die Bibel als Gespräch mit dem lebendigen Gott verstehe, dann werde ich in diesen Dialog mit hineingenommen. Die Bibel wird so zur Lebens-Identität, in der man sich täglich bewegt, 24 Stunden pro Tag“.

Warum ist die Bibel für Sie kein Buch mit sieben Siegeln?
MARKUS TIWALD: Das Bild vom „Buch mit sieben Siegeln“ stammt aus der Offenbarung des Johannes (Offenbarung 5,5). Aber gerade dort wird gesagt, dass die Siegel geöffnet werden, weil Christus uns in die volle Wahrheit führt. Das heißt auch: die Bibel ist nicht nur ein Geschichtsbuch, sondern in erster Linie ein Glaubens- und Lebensbuch.

Markus Tiwald lehrt Neues Testament an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien.

 
Warum haben manche Christen gleichsam eine Angst vor der Bibel? Was schreckt diese Menschen ab, die Bibel einfach einmal zur Hand zu nehmen und darin zu lesen?
Zunächst: Die lebendigen Erfahrungen von Menschen sind zeitlos – daher ist auch die Bibel als Buch der Glaubens- und Lebenszeugnisse zeitlos. Aber die sprachliche Gestalt dieser Zeugnisse ist im Neuen Testament 2000 Jahre alt, im Alten Testament bis zu 3000 Jahre. Sprache wandelt sich schnell – denken wir nur an die Änderung in unserer Kommunikation, die sich in den letzten zwanzig Jahren mit E-Mails, SMS und Twitter ergeben haben. Daher bedeutet Bibellektüre auch immer einen Übersetzungsprozess.

Wie sollen wir dann die Bibel lesen lernen? Was empfehlen Sie?
Der oben genannte Übersetzungsprozess kann (und soll sogar!) auf verschiedenen Ebenen ablaufen. Die erste Ebene ist natürlich die der persönlichen Betroffenheit – die Bibel ist ein Glaubensbuch und will auch als solches gelesen werden. Doch dann ist da auch immer die Frage der wissenschaftlichen Hintergründe, die Frage der Geschichtsforschung: „Wie war es wirklich?“ G. E. Lessing konnte in der Aufklärung noch sagen, dass ein „garstig breiter Graben“ zwischen dem Jesus der Historie und dem Christus des Glaubens liegt. Mittlerweile hat die moderne Bibelforschung viel dazu beigetragen, Brückenschläge über diesen Graben zu ermöglichen. Unerlässlich ist dabei, Jesus in seinen historischen Kontext – das Judentum der damaligen Zeit, mit seinen Hoffnungen und seinem Glauben an Gott – einzupassen. Aus diesem Kontext wird klar, warum Jesus so handelte – und wie diese Ansätze dann später im Christentum weitergeführt wurden. Heute betont man wohl weniger, wie „garstig breit“ der Graben doch ist, sondern sieht eher die durchgehenden Entwicklungslinien. Also auch hier eher eine „Hermeneutik, eine Auslegung der Kontinuität“, nicht eine „Hermeneutik des Bruchs“.

Einladung zum Bibelpfad
am 24. September unter
dersonntag/bibelpfad/

Die Bibel Nicht nur ein Geschichtsbuch, sondern in erster Line ein Glaubens- und Lebensbuch.  | Foto: Archiv
Markus Tiwald  lehrt Neues Testament an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Wien.  | Foto: privat
Autor:

Stefan Kronthaler aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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