Die Kraft des Gebetes
Der Lobpreis – das gesungene Gebet

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Gott zu loben und zu preisen bedeutet, Gott um seiner selbst willen zu betrachten. Johannes Eibensteiner liebt es, den Tag mit Lobpreis zu beginnen und hat sich dafür das Gitarre Spielen selbst beigebracht.

Verschlafen und müde – Johannes Eibensteiner geht es morgens oft nicht anders als vielen, die sich nach dem Weckerläuten aus dem Bett quälen. „In der Früh bin ich oft richtig träge“, sagt der 34-Jährige. Was ihn munter macht? „Ich mache Lobpreis. Nehm’ mir in meiner Gebetsecke meine Gitarre, spiele, singe und bete. Der Lobpreis weckt mich einfach auf.“

Am liebsten singt der Niederösterreicher lebendige, schwungvolle Lieder, vertonte Psalmen „oft mit Halleluja drinnen“. Das Gitarre Spielen hat sich Johannes selbst beigebracht. „Seit Kurzem bin ich soweit, dass ich viele Lobpreislieder meiner Gemeinschaft spielen kann.“ Johannes ist Teil der Gemeinschaft Emmanuel, in der der Lobpreis eine wichtige Rolle spielt. „Wenn wir zusammenkommen, ist das erste, das wir machen, Lobpreis. Das kann länger sein oder, zum Beispiel bei einem Planungstreffen, auch nur kurz.“

Das Singen von Lobliedern und das Aussprechen von Gebeten – Lob, Bitte und Dank – in eigenen Worten helfen Johannes sich bewusst zu machen, dass Gott da ist. „Ich stelle mich vor Gott, besinge seine Größe, seine Liebe, seine Taten. Ich rufe mir ins Gedächtnis, was er in der Geschichte und auch in meinem Leben gemacht hat. “ Am Beginn eines Tages gibt ihm das Zuversicht und den nötigen Schwung.

„Wenn viel vor mir liegt und ich vielleicht Angst habe, vor dem, was mich erwartet, holt mich der Lobpreis aus der Angst heraus. Ich mache mir bewusst: Gott ist mit mir.“

Gott um seiner selbst willen betrachten

„Lobpreis, das ist die Fähigkeit von sich selbst abzusehen und auf Gott zu schauen“, sagt Pater Nikodemus Peschl, Priester der Sankt Johannesgemeinschaft. Und er fügt hinzu: „Das ist gar nicht so leicht.“ Anders als beim Bitt- oder beim Dankgebet werde Gott im Lobpreis um seiner selbst willen betrachtet, in seinem Wesen, in seiner Herrlichkeit. Aber streng auseinanderdividieren könne man die unterschiedlichen Haltungen beim Beten ohnehin nicht. „Loben, preisen, bitten, danken – das ist eigentlich ein Ganzes. In der Bibel wird das auch nicht so genau getrennt.“

Lobpreis entspringe aus dem Herzen, sei aber „nicht nur euphorische Ekstase, sondern die tiefste Gabe von Gott, der mich befähigt ihn zu betrachten.“ Um Gott zu loben, müsse der Betende nicht darauf warten, bis ihm danach ist. „Man muss nicht auf das Gefühl warten. Aber wenn ich in diese Haltung eintrete und Gott erkenne, ist das für mich eine Quelle der Freude“, sagt Pater Nikodemus.

Keine Gefühlssache und trotzdem oft emotional

Auch Johannes bestätigt: „Lobpreis ist keine Gefühlssache. Im Gegenteil. Auch wenn ich gerade nur schwarz sehe, wenn alles wie unter einer Wolke erscheint, richte ich mich im Lobpreis auf Gott aus. Gott ist trotzdem gut, auch wenn es mir im Moment schlecht geht. Lobpreis ist Entscheidungssache.“ Gleichzeitig sieht Johannes es nicht negativ, wenn Lobpreis auch mit Emotionen verbunden ist.

Etwas mehr Emotionalität würde Gottesdiensten grundsätzlich gut tun, findet er. „In vielen Texten aus der Heiligen Schrift stecken ganz viele Emotionen drin. Und im Gottesdienst werden sie emotionslos vorgelesen.“ Gefühle würden dazu gehören, weil Menschen eben emotionale Wesen sind. Nur dabei stehen bleiben, dürfe man nicht.

Pater Nikodemus Peschl warnt davor, Emotionen bewusst zu schüren, und beim Lobpreis statt Gott lediglich schöne Gefühle zu suchen. „Der Lobpreis muss immer nach innen führen. Es geht um eine Ekstase der Liebe und nicht um eine Ekstase der Emotionalität.“

Mit erhobenen Händen nach Gott ausstrecken

Viele Betende strecken beim Lobpreis die Arme aus, heben die Hände oder schließen die Augen. Zwingend sei das nicht, sagt Pater Nikodemus. Äußere Gebärden könnten jedoch beim Beten eine Hilfe sein und seien Ausdruck für das Innen. „Das Heben der Hände zum Beispiel ist die Gestalt der Befreiung. Die Hände, die gehoben sind, sind frei, nicht gebunden an das Irdische und verweisen auf Gott“, sagt Pater Nikodemus.

Für Johannes drückt das Heben der Hände seine innere Sehnsucht nach Gott aus. „Ich bin immer eher der schüchterne Typ gewesen und oft am liebsten im Hintergrund. Aber ich merke: Ich will frei sein und das Heben der Hände hilft mir dabei. Manchmal entscheide ich mich einfach dafür. So wie letztes Mal, da bin ich lange einfach nur dagestanden, und irgendwann wollte ich mich nach Gott ausstrecken. Ich merke: Was ich mit dem Leib mache, hat einen Einfluss auf meine Seele.“  

Berichte zu den verschiedenen Formen des Gebetes

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Autor:

Sandra Lobnig aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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