Zeit für meinen Glauben
Dankbar nach der überstandenen COVID-19-Erkrankung
Carmine Rea dürfte gerade unterwegs gewesen sein. Mit einer Gesichtsmaske, runter gezogen aufs Kinn, winkt er am Beginn des Videotelefonats mit dem SONNTAG in den Computer und beginnt – mit unverwechselbarem italienischem Akzent – zu berichten, was er in den vergangenen Wochen erlebt hat.
von Sandra Lobnig
Wahrscheinlich hat mich das Coronavirus am 5. März erwischt. Ein Gast, den ich zwar nicht eingeladen habe, aber mit dem ich dann eben umgehen musste.“ Carmine Rea, 54, Priester, dessen Berufung im Neokatechumenalen Weg entstanden und gewachsen ist, und der seit 2003 als Pfarrmoderator in St. Benedikt in Simmering tätig ist, hat eine COVID-19-Erkrankung überstanden.
Die Chronologie seiner Erkrankung hat der gebürtige Neapolitaner genau im Kopf: Bis zum 11. März zeigen sich bei Carmine leichte Krankheitssymptome, die der Priester mit seinem Asthma bronchiale und mit Stress in Verbindung bringt. Als er plötzlich 39,5 Grad Fieber bekommt, läuten bei ihm die Alarmglocken. „Ich hatte noch nie in meinem Leben so hohes Fieber. Da war mir klar: Das Virus hat mich erwischt.“ Fünf Tage später hat Carmine Gewissheit: Er ist an Covid-19 erkrankt. „Als ich dann das Ergebnis hatte, habe ich eine Panikattacke bekommen.“
„Möchte nicht im Sarg nach Hause gebracht werden“
Er kommt am 16. März ins Kaiser-Franz-Josef Spital und erlebt dort eine schlimme Nacht. Angst vor dem, was vielleicht kommen wird, packt ihn. Sorge, dass er seine Familie in Italien nie wieder sehen wird. „Ich hatte keine Panik sterben zu müssen, aber ich hatte große Sorge, dass mich meine Brüder und ihre Familien im Sarg nach Hause zurückbekommen.“
Am nächsten Tag stellen die Ärzte eine Lungenentzündung fest. Carmine muss beatmet werden, bekommt Medikamente, die zum Glück nach wenigen Tagen anschlagen. „Am 19. März am Vormittag kommt der Primar der Abteilung zu mir und sagt mir sehr überzeugend: ‚Sie sind kein Risikopatient mehr und aller Voraussicht nach werden Sie in einer Woche bis zehn Tagen wieder gesund nach Hause gehen können.‘ So war es dann auch.“
Himmlische Hilfe
„Das war die medizinische Seite“, sagt Carmine und erzählt weiter, wie stark er die Hilfe des Himmels in dieser Zeit erlebt hat. „Ich habe mein Stundenbuch mit einer Reliquie des Heiligen Padre Pio eingepackt, das ich normalerweise nie mitnehme, wenn ich außer Haus gehe. Außerdem einen Rosenkranz, den mir ein Priester aus meiner Gemeinschaft geschenkt hat, der selbst am Coronavirus gestorben ist und dann in dasselbe Spital zur erforderlichen Obduktion gebracht wurde.“ Kein Zufall, findet Carmine.
Der Hl. Padre Pio, aber vor allem die Jungfrau Maria sind ihm während seines Spitalsaufenthalts ganz besonders nahe. „Ich habe die Jungfrau Maria neu entdeckt. Meine eigene Mutter ist schon gestorben, aber die Mutter Jesu war mir genauso nahe.“ Das Fest Verkündigung des Herrn am 25. März bringt in Carmines Krankheitsverlauf eine Wende. „Es war der letzte Tag der Medikamente, ich brauchte keinen Sauerstoff mehr und habe zum ersten Mal ein großes Frühstück gegessen.“ Während des Spitalsaufenthalts konnte er auch ältere Menschen in seinem Zimmer unterstützen und sogar in einer Nacht einen sterbenden Menschen mit priesterlichem Gebet bis zum Tod und darüber hinaus begleiten.
Ältere Menschen blühen auf
Am 29. März wird Carmine entlassen. Er muss noch zwei Wochen zu Hause bleiben und ist seit Mitte April wieder als Pfarrer im Einsatz. „Ich bin sehr beeindruckt von der Liebe, die mir gezeigt wird. Viele aus der Pfarre haben Essen oder Geschenke gebracht oder Geld für die Armen. Auch Menschen, die sonst gar nicht in die Kirche kommen.“
Aufgrund der überwundenen Covid-19-Erkrankung ist Carmine nun laut MA15 und seiner Lungenärztin immun und kann unter Wahrung von bestimmten Sicherheitsmaßnahmen auch andere Menschen treffen. „Ich besuche jetzt – trotzdem mit Sicherheitsabstand – die älteren Leute in der Pfarre, die sehr unter der Situation leiden. Das sind so schöne Gespräche, und ich merke richtig, wie sie aufblühen.“
Dass er die Krankheit so gut überstanden hat, macht ihn sehr dankbar: „Bestimmt ist es im Himmel wunderschön. Aber es ist auch schön, auf dieser Erde mit der himmlischen Hoffnung weiterzuleben.“
Autor:Sandra Lobnig aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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