Zeit für meinen Glauben
„Allein schaffe ich es nicht“
Ronald Vellukunnel ist wie seine Eltern syro-malabarischer Christ. Seine indische Herkunft prägt seine Art zu glauben. Als Jugendlicher interessiert ihn der Glaube nur noch wenig, vor Kurzem hat er sich aber entschieden, neu in seine Gottesbeziehung zu investieren.
In der Schule von Montag bis Freitag – für den Volksschüler Ronald Vellukunnel ist das mehr als genug. Dass er auch noch sonntags Religionsunterricht hat, eine Stunde vor der Heiligen Messe in der indischen Gemeinde, gefällt dem Buben gar nicht. „Ich war richtig angefressen auf meine Eltern“, erinnert sich der 21-Jährige.
Heute kann er dem Unterricht am Sonntag allerdings auch etwas Positives abgewinnen: „Ich habe wirklich viel über die Sakramente und die Hochfeste gelernt. Aber als Kind hätte ich in dieser Zeit einfach gern was Anderes gemacht.“ Ronalds Eltern stammen aus Kerala in Südindien und sind syro-malabarische Christen, gehören also einer mit Rom unierten Kirche an. „Die Christen in Kerala werden auch Thomaschristen genannt, weil es der Heilige Thomas war, der das Christentum nach Indien gebracht hat“, erzählt Ronald.
Mitte der Neunziger Jahre wandern die Eltern nach Österreich aus. Ronalds zwei Geschwister werden hier geboren, er selbst kommt während einer Reise seiner Mutter in Indien zur Welt.
Kein Schlafwandeln mehr
Von Geburt an besucht Ronald mit seiner Familie die indische Gemeinde in Wien. Rückblickend betrachtet er das Gemeindeleben mit gemischten Gefühlen. Er versteht die Sprache in den Gottesdiensten nicht besonders gut und erlebt den Gottesdienstbesuch als Zwang. Andererseits: „In meiner Kindheit habe ich viel von Gott erfahren. Meine Eltern haben mir auch viel über unsere Familie in Indien erzählt. Zum Beispiel über meinen Opa, der der Kirche in Indien ein Grundstück geschenkt hat und dort eine Kirche bauen hat lassen.“
Glaube und Gebet gehören für ihn zum Alltag, dass Gott heilt und Wunder tut, ist für ihn selbstverständlich. „Ich habe auch selber Heilungen erlebt“, ist Ronald überzeugt. „Als ich ein Kind war, bin ich viel schlafgewandelt. Ich habe nachts versucht, vom Stockbett zu springen und aus dem Haus zu gehen. Meine Eltern sind mit mir nach Indien in eine Kirche gefahren, in der viele Heilungen passieren. Dort hat ein Priester für mich gebetet und seitdem bin ich nie wieder schlafgewandelt.“
Für den Glauben geschämt
In der Pubertät ergeht es Ronald wie vielen anderen Jugendlichen. Er ist unter seinen Schulkollegen und Freunden der einzige, der gläubig ist. „Die anderen haben sich lustig darüber gemacht. Ich habe mich geschämt und meinen Glauben oft verleugnet.“ Ronald sieht, wie viele gleichaltrige Jugendliche in der indischen Gemeinde wenig Interesse am kirchlichen Leben zeigen und, sobald sie alt genug sind, ihre eigenen Wege gehen.
Er selbst betet vor allem dann, wenn er von Gott etwas möchte – zum Beispiel vor der Nachprüfung in der Schule, die er dann auch tatsächlich besteht. Irgendwann reicht ihm das nicht mehr. „Ich wollte wieder eine festere Beziehung mit Gott und mir mehr Zeit für ihn nehmen. Seit über einem Jahr bete ich immer am Abend: ich danke Gott für den Tag, gehe den Tag in Gedanken noch einmal durch und bitte für meine Anliegen. Danach lese ich noch in der Bibel.“
Seit einiger Zeit geht Ronald in einen Gebetskreis, wo er auch andere gläubige Jugendliche trifft. Das ist wichtig, findet er. „Ich hatte vorher nie Freunde, mit denen ich meinen Glauben teilen konnte. Aber ich brauche andere junge Leute, die auch an Gott glauben. Ganz alleine schaffe ich das nicht.“
Autor:Sandra Lobnig aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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