Hilfe für Schwangere, Mütter und Kinder in Not
Wir lassen uns von Corona nicht aufhalten!

Die große Motivation, das Beste für die Frauen und ihre Kinder herauszuholen, ist wohl auch verantwortlich dafür, dass im vergangenen Jahr – allen Schwierigkeiten zum Trotz – sogar neue Projekte entstanden sind. | Foto: St. Elisabeth-Stiftung/ K. Kuban
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  • Die große Motivation, das Beste für die Frauen und ihre Kinder herauszuholen, ist wohl auch verantwortlich dafür, dass im vergangenen Jahr – allen Schwierigkeiten zum Trotz – sogar neue Projekte entstanden sind.
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1.244 Beratungsgespräche hat die Familien-, Rechts- und Schwangerenberatungsstelle der St. Elisabeth-Stiftung der Erzdiözese Wien im vergangenen Jahr geführt – eine Steigerung im Vergleich zum Vorjahr um knapp 23 Prozent.

Wir haben Nicole Meissner, Geschäftsführerin der St. Elisabeth-Stiftung, getroffen und mit ihr über das vergangene Jahr gesprochen – über Unterstützung, die trotz großer Schwierigkeiten ankommt, über Zuwendung, die auch mit Abstand und Maske funktionieren muss, und über das Engagement für Schwangere, für Mütter und Kinder in Not, das in Zeiten von Corona notwendiger ist als je zuvor.

Hinter Frau M. liegt eine schwere Zeit: Mit nur 22 Jahren wird sie unerwartet schwanger. Zunächst ist ihre Freude groß. Doch ihr Lebensgefährte reagiert nicht, wie sie es sich erhofft hat. Er macht ihr klar, dass er das Kind nicht will und versucht sie zu einer Abtreibung zu bewegen.

In großer Verzweiflung und hin und her gerissen zwischen der Liebe zu ihrem Lebensgefährten und dem Kind, das sie erwartet, wendet sich Frau M. an die Familien-, Rechts- und Schwangerenberatungsstelle der St. Elisabeth-Stiftung. Zahlreiche Beratungsgespräche folgen. Frau M. versucht eine Perspektive für ihr Leben zu bekommen. Schließlich ringt sie sich dazu durch, das Kind zu behalten. Eine mutige Entscheidung, bedenkend, dass sie zu diesem Zeitpunkt arbeitslos ist, keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie hat. Mit ihrem Lebensgefährten kommt es aufgrund dieser Entscheidung zu schlimmen Streitereien und auch Gewalt.

Als Frau M. das nicht mehr aushält, packt sie ihre Sachen und geht ins Frauenhaus. Von dort ruft sie die Beraterin der St. Elisabeth-Stiftung an, bittet erneut um Hilfe, weint ins Telefon. Mithilfe der Beraterin und der Unterstützung durch das Frauenhaus nimmt Frau M. schließlich wieder Kontakt zu ihrer Familie auf, spricht sich aus und zieht wieder bei ihren Eltern ein. Kurz vor Weihnachten bringt sie ein kleines Mädchen zur Welt.

Mit aller Kraft
Frau M. war eine von 1.244 Frauen, die im vergangenen Jahr in der Hoffnung auf Hilfe und Unterstützung für sich selbst und ihr Kind bei der St. Elisabeth-Stiftung gelandet sind. „Die Frauen, die zu uns kommen, sind auf uns angewiesen“, sagt Nicole Meissner, Geschäftsführerin der St. Elisabeth-Stiftung: „Sie wissen nicht weiter. Stehen vor dem Nichts. Erst recht in Zeiten wie diesen.“ Nach der ersten Schockstarre im ersten Lockdown des vergangenen Jahres, habe man die Stiftung deshalb auch „so schnell wie möglich wieder hochgefahren“.

„Prinzipiell funktioniert Arbeit wie die unsere über persönliche Kontakte – die Frauen kommen zu uns, wir beraten sie, wir geben ihnen etwas mit aus unserem Sachspendenlager, betreuen sie in unseren Mutter-Kind-Häusern. Das war vor Corona so und ist es jetzt natürlich auch noch.“

Corona und die damit einhergehenden Maßnahmen – Abstand zu halten und FFP2-Masken zu tragen – hätten das zwar ungemein erschwert, „aber aufhalten lassen wir uns davon sicherlich nicht.

Unsere Frauen stehen durch Corona unter einem ganz besonderen Druck“, sagt Nicole Meissner: „Viele haben ihre Jobs verloren – die sie sich zum Teil hart erarbeitet und erkämpft hatten. Sie haben Existenzängste in einem Ausmaß, das man sich kaum vorstellen kann.“

Die unendliche Perspektivenlosigkeit der derzeitigen Situation käme zu allem erschwerend dazu: „Wir haben im vergangenen Jahr erleben müssen, dass sich die Probleme unsere Klientinnen potenzieren. Schwanger, kleine Kinder, kein Job, keine Wohnung, Gewalt in der Familie – alles auf einmal.“ Dass die St. Elisabeth-Stiftung interdisziplinär arbeite sei gerade da ein unheimlicher Segen. Sozialarbeiter, Arbeitsexperten, Rechts- und Familienberater, Psychotherapeutin – das ganze Wissen und die ganze Erfahrung des Teams komme den Frauen zu Gute.

„Unsere rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stehen mit all ihren Kräften zur Verfügung. Dass Anliegen, dass es unseren Frauen und ihren Kindern gut geht, treibt uns alle an und motiviert uns.“

Neue Wege gehen
Die große Motivation, das Beste für die Frauen und ihre Kinder herauszuholen, ist wohl auch verantwortlich dafür, dass im vergangenen Jahr – allen Schwierigkeiten zum Trotz – sogar neue Projekte entstanden sind. Eines davon ist „Mamas Werkstatt“.

„,Mamas Werkstatt‘ ist so etwas wie eine ,Übungsfirma‘, die unter dem Motto ,Von Mamas für Mamas‘ steht. Wir stellen hier allerlei Gegenstände her, die Mamas im Alltag gut brauchen können – Kirschkernkissen etwa, Kräutersackerl, Lesezeichen, Mutter-Kind-Pass-Hüllen und ähnliches. Das alles verkaufen wir“, erklärt Nicole Meissner: „Das heißt, wir brauchen in dieser Firma Frauen, die die Dinge herstellen, solche, die die Verwaltung abwickeln, andere die die Kinder der arbeitenden Frauen betreuen und vieles mehr. In regelmäßigen Abständen wird der Arbeitseinsatz der Frauen evaluiert und sie bekommen Tipps, was sie besser machen können, oder die Möglichkeit, etwa einen Deutschkurs zu machen oder einen Computerkurs.

16 Frauen pro Jahr bekommen so die Möglichkeit, sich praktisch auf die Arbeitswelt vorzubereiten.“ Am Ende des „Übungsjobs“ bekommen die Frauen dann ein Zeugnis, mit dem sie sich bei einem möglichen zukünftigen Arbeitgeber vorstellen können. „Unsere Erfahrung zeigt, dass die Frauen mit einem solchen Zeugnis wesentlich bessere Chancen auf eine Arbeitsstelle haben als ohne.“

Wenn sie sich für die kommenden Wochen etwas wünschen könnte, dann wäre es mehr Solidarität mit der Randgruppe, um die sich die St. Elisabeth-Stiftung kümmert: Schwangere, alleinerziehende Frauen in Not und ihre Kinder. „Die Corona-Pandemie bringt uns alle an unsere Grenzen“, sagt Nicole Meissner: „Trotzdem trifft sie die Frauen, die zu uns kommen, ganz besonders hart.

Da nicht wegzuschauen, sondern zu helfen, ist wichtig. Oder anders formuliert: Das Bewusstsein, dass es Menschen rund um uns herum wirklich schlecht geht, darf uns in Österreich auch in schweren Zeiten nicht abhanden kommen.“

Die große Motivation, das Beste für die Frauen und ihre Kinder herauszuholen, ist wohl auch verantwortlich dafür, dass im vergangenen Jahr – allen Schwierigkeiten zum Trotz – sogar neue Projekte entstanden sind. | Foto: St. Elisabeth-Stiftung/ K. Kuban
Nicole Meissner
ist Geschäftsführerin der St. Elisabeth-Stiftung | Foto: Steve Schoenlaub
Autor:

Andrea Harringer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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