Soziales Sprachrohr
„Nichts Gutes geht verloren“
Vor kurzem erst hatte Bettina Riha-Fink ein langes Gespräch mit einem obdachlosen Mann und hat dadurch wieder mehr begriffen, was Scheitern bedeutet und wieso Menschen sich aufgeben und was ihnen Hoffnung gibt. „Von Menschen in akuten Krisen können wir alle lernen“, sagt sie.
Ich komme aus einer Arbeiterfamilie mit drei Brüdern und war die Einzige in der Familie, die maturiert hat. Wir hatten nicht viel Geld, aber es war für meine Eltern immer ganz normal, anderen zu helfen“, erinnert sich Bettina Riha-Fink, Leiterin der Kommunikation der Caritas Wien, an ihre Kindheit. So war zu Weihnachten immer eine alleinstehende Frau Gast der Familie, weil sie sonst einsam gewesen wäre. Dieses soziale Verständnis hat sie geprägt. „Unsere Lebenswelten werden immer unterschiedlicher, die Kluft zwischen Arm und Reich wird größer. Es hilft uns aber allen, wenn wir Verständnis dafür entwickeln, wie es den Menschen um uns herum geht“, sagt Riha-Fink. Warum also ist jemand jahrelang obdachlos, warum gibt es Geflüchtete ohne Perspektive, warum bleiben Frauen in gewaltvollen Beziehungen? Diese Fragen möchte sie beantworten. Als Sprachrohr der Caritas der Erzdiözese Wien.
Helfen macht glücklich
So einiges hat sich Bettina Riha-Fink als Kommunikationsexpertin in den letzten Jahren einfallen lassen. So gründete sie gemeinsam mit anderen die Plattform „fuereinand’“. Diese Plattform wurde innerhalb weniger Monate zu einer wichtigen digitalen Community der Mitmenschlichkeit. Mehr als 15.000 Menschen tun etwas für die Mitmenschen in ihrer Umgebung – mit Sachspenden, einem offenen Ohr und ihrer Zeit. Freiwillige Helfer und Helferinnen werden in diversen sozialen Einrichtungen gesucht und gefunden. Eine große Medienkampagne war der Aufruf zur Sammlung von über 100.000 Hygieneartikeln für obdachlose Frauen. „Die Menstruation ist für obdachlose Frauen ein sehr tabuisiertes Thema. Sie haben oft kein Geld für Binden oder Tampons und verwenden stattdessen ihre eignen Socken. Wenige wussten das vor unserer Kampagne“, sagt Riha-Fink. Das Echo war damals sensationell. Viele zeigten sich solidarisch. Mittlerweile gibt es an Bahnhöfen und vor sozialen Einrichtungen Boxen zur freien Entnahme. „Helfen macht glücklich“, sagt Riha-Fink voller Überzeugung.
Echte Begegnungen mit echten Menschen
Im Sommer 2015 schnürte die Caritas Lebensmittelpakete und verteilte Schlafsäcke an ankommende Flüchtlinge in Traiskirchen. Damals hagelte es jede Menge Kritik, Riha-Fink wurde selbst direkt beschimpft. Die dramatischen Geschichten der Flüchtlinge blieben ihr in Erinnerung. Ein ausgehungerter Teenager mit Narben vom Grenzübertritt. Ein Familienvater, der mit seiner schwangeren Frau im Mittelmeer trieb. „Die Beschimpfungen in den sozialen Medien sind nur deshalb möglich, weil sie so isoliert stattfinden. Es gibt keine Korrektur“, meint Bettina Riha-Fink. Hetze und Hass würden kein einziges Problem lösen. Wichtig sei ihr, dass sich Menschen begegnen und Verständnis füreinander entwickeln. „Begegnungen müssen im echten Leben stattfinden, nicht nur digital.“
Auf das Gelingende achten
Was ist für Bettina Riha-Fink der Sinn des Lebens? „Ich möchte meinen Blick schärfen für das, was gelungen ist. Damit das, was Angst macht, nicht zu viel Platz einnimmt“, sagt sie. Denn nichts Gutes gehe verloren. Das sieht sie auch in den Projekten der Caritas Wien. „Die Freundlichkeit, die man einem Menschen schenkt, ist nie umsonst.“ Der Moment des Füreinander-Daseins mache eine Gesellschaft stark und widerstandsfähig.
Auf ihrem Titelbild auf Facebook schreibt sie: „Trage bei zu einer Welt, in der du leben willst.“ Bettina Riha-Fink arbeitet sicher daran.
Autor:Michaela Necker aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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