Die St. Elisabeth-Stiftung am Muttertag
Mama, du schaffst das!

Neue Perspektive – nur mit einem eigenen Einkommen ist ein selbstbestimmtes Leben möglich.  | Foto: ArtMarie/ Wavebreakmedia
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Seit vielen Jahren unterstützt die St. Elisabeth-Stiftung der Erzdiözese Wien schwangere Frauen und alleinerziehende Mütter mit ihren Kindern mit Beratung und Wohnmöglichkeiten. Eine immer größer werdende Bedeutung hat dabei auch die Arbeitsintegration – der Fachbegriff für die Einbindung benachteiligter Menschen in die Arbeitswelt. Im Gespräch mit dem SONNTAG erzählt Iva Müller-Uri, Leiterin des Bereichs Arbeit bei der St. Elisabeth-Stiftung, wie ihre Arbeit abläuft und warum ein Arbeitsplatz das Leben ihrer Klientinnen so nachhaltig verändert.

Unser Ziel ist klar“, sagt Iva Müller-Uri, Expertin für Arbeitsintegration bei der St. Elisabeth-Stiftung: „Wir betreuen die Frauen, die zu uns kommen, in etwa zwei Jahre lang, manchmal ein wenig darüber hinaus. Und versuchen sie in dieser Zeit so weit zu stärken und ihnen so weit zu helfen, dass sie ihr Leben in den Griff bekommen, dass sie selbstbestimmt und selbstständig leben können, also sich selbst und ihre Kinder versorgen können.“

Viele Probleme

Das Ziel ist also klar – der Weg dahin verlangt von den Beraterinnen und Expertinnen der St. Elisabeth-Stiftung, aber auch von den betroffenen Frauen viel Engagement und Einsatz. Die Erfahrungen zeigen, dass alle Beteiligten gerne bereit sind, beides zu geben.

Vor allem Alleinerzieherinnen mit sehr kleinen Kindern oder Babys oder schwangere Frauen kommen in die St. Elisabeth-Stiftung. Was sie alle gemeinsam haben, ist, dass sie nicht nur mit einem Problem konfrontiert sind, das gelöst werden muss, sondern mit vielen. „Alleinerzieherinnen haben es ja ohnehin schon sehr schwer – sie müssen in ihrer gesamten Lebenssituation wesentlich flexibler sein als andere Eltern“, sagt Iva Müller-Uri: „Aber bei unseren Frauen kommt da noch einiges dazu: Manche von ihnen haben sich gerade eben erst aus einer Gewaltbeziehung gelöst, müssen das aber auch erst alles verarbeiten. Viele von ihnen haben Migrationshintergrund, sind vielleicht gerade erst geflüchtet. Sie haben massive finanzielle Probleme. Keinen Platz, an dem sie unterkommen können. Sprechen wenig oder gar nicht Deutsch.“

Die Frauen wollen arbeiten

In einem ersten Schritt versucht man in der St. Elisabeth-Stiftung deshalb einmal die Lebenssituation der Frauen zu erfassen. „Sozialberatung, Schwangeren- und Rechtsberatung, die auch alle Teil der St. Elisabeth-Stiftung sind und wir von der Arbeitsintegration arbeiten da besonders eng zusammen“, sagt Iva Müller-Uri: „Wir besprechen individuelle Förderungen für die Frauen und versuchen miteinander eine Perspektive zu entwickeln bzw. ihre Perspektiven zu erweitern.“

Im Bereich Arbeitsintegration geht es dann darum, gemeinsam mit den Frauen einen Plan für ihren weiteren Weg in die Arbeitswelt zu entwickeln. Denn für ein selbstbestimmtes Leben brauchen sie dringend ein eigenes Einkommen und nur wenige haben Anspruch auf Mindestsicherung. Ganz klar könne man sagen, dass die Klientinnen der St. Elisabeth-Stiftung arbeiten wollen, sagt Iva Müller-Uri. „Sie wissen, dass sie einen Job zum Leben brauchen. Oft ist der Plan, den wir mit ihnen erarbeiten, dann natürlich auch ein Kompromiss zwischen dem, was die Frauen machen wollen, was sie sich vorstellen und dem, was sie tun müssen bzw. was für sie aufgrund ihrer Lebenssituation realistisch und machbar ist.“

Und meist müssen auch erst ein paar Hürden aus dem Weg geräumt werden. „Das beginnt damit, dass oft erst einmal geklärt werden muss, was die Frauen über den österreichischen Arbeitsmarkt wissen“, sagt Iva Müller-Uri: „Wissen sie etwa, welche Dinge im Arbeitsprozess in Österreich vorausgesetzt werden – Pünktlichkeit fällt da zum Beispiel hinein oder was man tut, wenn man krank wird. Das klingt für uns ganz selbstverständlich, aber wer aus einem fremden Land kommt, muss diese Abläufe häufig erst lernen.“ Oft müsse auch ein Weg gefunden werden, die Sprachkenntnisse der Frauen zu verbessern. Aber auch Ausbildung und Fortbildung sind ein Thema.

„Wir erfragen, auf welchem Bildungslevel sich die Frauen befinden, welche Berufserfahrungen sie vielleicht sogar schon mitbringen und helfen dabei, dass das alles vom Staat Österreich auch anerkannt wird.“ Die allermeisten Frauen, die den Weg zur St. Elisabeth-Stiftung finden, brächten einige gute Voraussetzungen für ein selbstbestimmtes Leben mit. „Aber sie sind durch ihre Lebensumstände in eine Situation geradezu katapultiert worden, die sie das alles gar nicht mehr sehen lässt. Ihr Alltag besteht so gut wie ausschließlich aus für sie unlösbaren Problemen und unsere Aufgabe ist es dann, sie dort abzuholen, wo sie stehen und eben vorwärts zu schauen“, sagt Iva Müller-Uri. „Wir helfen ihnen dann sozusagen zu sehen, was sie können.“

Gezielte Arbeitssuche

Aber die St. Elisabeth-Stiftung tut noch viel mehr. Sie hilft auch ganz gezielt bei der Arbeitssuche. „Besonders freuen wir uns natürlich, wenn wir unseren Klientinnen einen Arbeitsplatz vermitteln können – wenn auch nur befristet“, sagt Iva Müller-Uri.

Darüber hinaus hat die St. Elisabeth-Stiftung auch die Möglichkeit, ein paar wenige Arbeitsplätze in der Web- und Kreativwerkstatt der Stiftung oder beim hausinternen Arbeitsprojekt „Mamas Werkstatt“ an ihre Klientinnen zu vergeben. „Die Arbeitsplätze sind auf sechs Monate begrenzt“, sagt Iva Müller-Uri: „Das kann in manchen Situationen genau das Richtige sein.“ Die Produkte, die dabei in Mamas Werkstatt hergestellt werden, können auch über den Web-Shop der St. Elisabeth-Stiftung erworben werden. „Unsere Frauen stellen ganz viele verschiedene Dinge her – Buch- oder Impfpasshüllen, Kirschkernkissen und Lesezeichen.“

So weit kommen wie möglich

Für die Zeit, die sie hier begleitet und betreut werden, ist die große Hoffnung natürlich, dass sie so weit kommen wie irgendwie möglich. „Das kann bedeuten, dass sie besser Deutsch können. Oder dass sie sich besser zurechtfinden, was Vorschriften betrifft. Vielleicht bedeutet das sogar, dass sie, während sie von uns betreut und begleitet werden, einen Job finden. Oder dass sie etwa wissen, wo sie stehen und wie sie damit weitertun können – dass sie etwa ein Anerkennungsverfahren für Ausbildungen, Fortbildungen oder Berufserfahrung ins Rollen bringen“, sagt Iva Müller-Uri: „Ich kann mich an eine Frau aus Afrika erinnern, die auf die Frage, welche Ausbildung sie hat, erzählt hat, dass sie nur ein paar Jahre in der Schule war. Aber nach mehrmaligem Nachfragen konnte sie uns dann entsprechende Zeugnisse vorweisen, außerdem das Zeugnis von einem Anwalt, bei dem sie mehrere Jahre gearbeitet hat – damit konnte man dann im Hinblick auf ein Anerkennungsverfahren wirklich viel anfangen.“

Das Leben im Griff haben

Zu arbeiten bedeutet für die Frauen nicht nur Geld zu verdienen. Das Arbeiten steigert auch das Selbstbewusstsein, die Selbstwirksamkeit – also dieses Gefühl „ich mache etwas, ich leiste etwas, ich habe mein Leben im Griff“, sagt Iva Müller-Uri: „Das ist wichtig für jeden, erst recht dann auch für unsere Frauen. Immer wieder erleben wir, wie anders es ihnen geht, wenn sie Arbeit bekommen – sie strahlen dann richtig.“

Unter dem Motto „Mama, du schaffst das!“ unterstützt die St. Elisabeth-Stiftung der Erzdiözese Wien schwangere Frauen, wohnungslose, alleinerziehende Mütter mit ihren Kindern und Familien in schwierigen Lebenssituationen. Das vielseitige Angebot umfasst einen Beratungsbereich mit einer Familien-, Rechts- und Schwangerenberatungsstelle. Dazu gibt es ein psychotherapeutisches Angebot und ein Sachspendenlager, einen Wohnbereich mit vier Mutter-Kind-Häusern und einem sozialpädagogischen Team sowie Startwohnungen. Außerdem gibt es einen Bereich Arbeit, zu dem die Web- & Kreativwerkstatt, die Arbeitsintegration und Mamas Werkstatt gehören.

Wie können Sie die St. Elisabeth-Stiftung unterstützen?

  • Spenden IBAN: AT30 1919 0000 0016 6801. 
  • Online-Shop von Mamas Werkstatt
  • Sollten Sie die Möglichkeit haben, den Klientinnen eine befristete Anstellung im Rahmen von ein paar wenigen Monaten zu finanzieren, wenden Sie sich bitte ebenfalls direkt an die Stiftung unter 01/54 55 222-29 und elisabethstiftung.at

Zum Nachhören: St. Elisabeth-Stiftung-Thementag auf radio klassik Stephansdom

Autor:

Andrea Harringer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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