Zeit für meinen Glauben
Jeder hat etwas, das er gut kann

Kalasantinerbruder Wolfgang Zeeh: „Denen, die schon so oft gehört haben, dass sie zu nichts taugen, will er vermitteln: 
Du kannst das! Ich glaub‘ an dich.“ | Foto: privat
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  • Kalasantinerbruder Wolfgang Zeeh: „Denen, die schon so oft gehört haben, dass sie zu nichts taugen, will er vermitteln:
    Du kannst das! Ich glaub‘ an dich.“
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Der Kalasantinerbruder Wolfgang Zeeh betreut jugendliche Straftäter, die bei ihm im Kloster ihre Sozialstunden leisten. Bei der gemeinsamen Gartenarbeit oder während des Küchendienstes tut er das, was er besonders gut kann: zuhören.

Bruder Wolfgang Zeeh wird vorgewarnt: Der Bursche, den ihm das Gericht schicken würde, sei ‚sehr schwierig‘. Wofür der junge Mann – groß, schlank, blond – verurteilt wurde, erfährt der Ordensmann nicht.

Auch dieser jugendliche Straftäter wird wie schon einige Jugendliche vor ihm seine Sozialstunden im Kalasantinerkloster im 14. Bezirk leisten. Er wird Bruder Wolfgang in der Küche und bei Arbeiten rund ums Haus unterstützen. Zum Beispiel beim Abwasch. „Ich habe ihn gebeten, mir in der Küche zu helfen“, erzählt der Ordensmann. „Als er sich die Ärmel hochkrempelt, habe ich gesehen, dass seine Arme voller Wunden waren, komplett zerschnitten.“ Es ist ein Anblick, der den 57-jährigen Ordensmann schockiert. Er weiß nicht, wie er reagieren soll und sagt… zuerst einmal gar nichts. „Wir haben einfach einmal in Ruhe abgewaschen. Irgendwann habe ich dann ganz behutsam seine Wunden mit meinen Fingern berührt und ihn gefragt, wie es dazu gekommen ist.“

Blick in die Hölle
Was Bruder Wolfgang hört, erschüttert ihn zutiefst: Die Wunden fügt sich der Jugendliche selbst zu, um seinem Schmerz Ausdruck zu verleihen, wie er sagt. „Und manchmal in der Nacht, hat er erzählt‚ schlage er so oft mit dem Kopf gegen die Wand, bis die Schmerzen am Kopf größer sind, als die in ihm drinnen.“ Nach einer kleinen Pause beginnt er dann zu erzählen. Und was ich da gehört habe, war wie ein Blick in die Hölle.“ Bruder Wolfgang lässt den jungen Mann reden und hört zu. Zuhören – das ist Bruder Wolfgangs Spezialität.

Ein offenes Ohr und ein offenes Herz ist das, was er den Jugendlichen, denen das Leben meist übel mitgespielt hat, schenken kann. „Die Jungs haben eh schon alles gehört – was sie alles machen sollen, oder nicht machen sollen. Ich will ihnen zuhören und glaube, dass Heilung durch Zuhören geschehen kann.“

Endlich etwas abgeschlossen
Die Zusammenarbeit mit den Burschen ist oft alles andere als einfach. Manche brechen den Einsatz vorzeitig ab, manche sind – was die Arbeit angeht – eher Belastung als echte Hilfe. Vieles würde Bruder Wolfgang alleine schneller und besser erledigen können. „Am Anfang habe ich mich öfter geärgert. Mittlerweile geht es mir vor allem darum, dass ich die Jungen durchbringe. Dass das Schöne, das in ihnen ist, zur Entfaltung kommt. Denn jeder hat etwas, was er ganz gut kann.“

Bruder Wolfgangs Blick auf die Jugendlichen ist positiv. Denen, die schon so oft gehört haben, dass sie zu nichts taugen, will er vermitteln: Du kannst das! Ich glaub‘ an dich. „Ich muss ihnen zum Abschluss der Sozialstunden ein Zeugnis schreiben. Für sie ist das immer ein toller Moment, wenn sie sehen, dass sie etwas in ihrem Leben abgeschlossen haben.“

In Notsituationen da

Jeden Abend beim Gebet mit seinen Mitbrüdern bringt Bruder Wolfgang die Jugendlichen und ihre Geschichten vor Gott. „Ich sage zu Jesus: Ich kann ihnen nicht helfen, aber du kannst es!“

Beim Abschied – nach einigen Monaten Arbeitseinsatz im Kloster – sagt Bruder Wolfgang zu den Burschen: „Wenn alle Stricke reißen, der Draht zu mir bleibt. Du kannst jederzeit zurückkommen, wenn du nicht mehr weiter weißt.“

Einige haben Bruder Wolfgangs Angebot angenommen und sich in Notsituationen an ihn gewendet. So wie der Bursche, der wieder straffällig geworden ist und ins Jugendgefängnis muss. Ob Bruder Wolfgang ihn denn im Gefängnis besuchen komme? „Auf alle Fälle!, habe ich ihm geantwortet. Ich werde auch das tun.“

Kalasantinerbruder Wolfgang Zeeh: „Denen, die schon so oft gehört haben, dass sie zu nichts taugen, will er vermitteln: 
Du kannst das! Ich glaub‘ an dich.“ | Foto: privat
„Zuhören – das ist meine Spezialität. Ein offenes Ohr und ein offenes Herz ist das, was ich den jugendlichen Straftätern, die bei mir im Kloster ihre Sozialstunden ableisten, schenken kann.“                     Br. Wolfgang Zeeh | Foto: privat
Autor:

Sandra Lobnig aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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