Sommergespräch mit Chris Lohner
Die bekannteste Stimme im Land
Sie ist die Stimme der ÖBB und nun auch ehrenamtliche Botschafterin für die Hilfsorganisation „Jugend Eine Welt“. Die Allrounderin Chris Lohner spricht über ihr abwechslungsreiches Leben und ihr soziales Engagement. Eine kraftvolle Begegnung voller Mutterwitz und klaren Worten gegen Rassismus.
Von Stefan Hauser und Sophie Lauringer
Sie sieht blendend aus, wie wir sie seit unserer Kindheit kennen: Chris Lohner kommt zum Interview gut gelaunt und ist für jede Frage bereit sowie nie um eine Antwort verlegen. Wir vereinbaren, dass wir sie nicht um Schönheitstipps bitten, sondern mit ihr über Stationen aus ihrem bald 80-jährigen Leben sprechen.
Geboren im Zweiten Weltkrieg, ist Chris Lohner im zerstörten Wien aufgewachsen. Sie erinnert sich ohne Wehmut zurück: „Für die Kinder war es nicht so schlimm, gelitten haben die Erwachsenen. Es gab ja keinen Neid, wir waren alle arm.“ Eine erste Chance nützt sie mit einem Stipendium für die USA, wo sie ein Schuljahr im Mittleren Westen verbringt. Zurück in der Heimat beginnt sie ihre Schauspielausbildung, finanziert mit Aufträgen als Fotomodell, was damals fast anrüchig war, wie Chris Lohner erzählt. Ihr Vater ist als bekannter Volksbildner und jüngster Direktor einer Volkshochschule mit den Berufsvorstellungen seiner Tochter nicht ganz einverstanden. Chris setzt sich durch. Sie macht Karriere, ist fleißig, diszipliniert und unüberhörbar. Bis heute ist sie die Ansagerin in den ÖBB. Wie geht es ihr dabei, wenn sie sich selbst hört? „Gar nicht, ich höre mir selber gar nicht mehr zu“, lacht sie.
In einer Frage versteht die sonst humorvolle Chris Lohner keinen Spaß: Alltagsrassismus kann sie nicht ausstehen. Ihr Lebensmensch war der 2011 verstorbene ehemalige Tennisstar Lance Lumsden: „Als ich Lance kennengelernt habe, war es undenkbar, dass eine weiße Frau einen schwarzen Freund hat.“ Sie sagt dazu: „Wenn mich jemand beschimpft hat, kann ich das wegstecken. Aber dieser Mensch muss 24 Stunden mit dem scheußlichen Charakter
leben, das ist Strafe genug.“ Und Chris Lohner findet harte Worte: „Wir sind ein Naziland.
Es passiert Ausgrenzung, wie Menschen aufeinander losgehen.
Es gibt Rassismus und Antisemitismus. Das muss man wissen und sich einmischen.“
Glaubensfragen stehen in ihrem Leben nicht im Zentrum, aber Chris Lohner hat Respekt vor der Religion anderer Menschen: „Vielleicht bin ich auch Agnostikerin, denn ich lasse mich gerne überraschen, was danach kommt. Ich bin ein Jetzt-Geschöpf und verantwortlich, was ich hier tue. Ich lebe ganz gut damit.“
Das Mundwerk habe ich mitbekommen
Chris Lohners Energie ist bemerkenswert. Woher hat sie diese Kraft? „Die kommt vom Machen, wie beim Dynamorad. Ich habe das mitbekommen und tue das und nütze das auch für andere Menschen. Ich habe ein gutes Leben und gebe gerne denen etwas weiter, denen es schlechter geht.“ Ihr Alter sieht Chris Lohner dabei praktisch und schnörkellos: „Viele sind mit mir aufgewachsen und viele sind mit mir alt geworden.“ Jetzt sind eben die Jungen in ihrem Leben dran. Als Botschafterin der Hilfsorganisation Jugend Eine Welt unterstützt sie gerne und solange sie noch kann benachteiligte Jugendliche. Bildung ist dabei der Schlüssel zum Weg aus der Armut. Chris Lohner ist ganz sicher: „Lesen und Schreiben sind der Beginn der Selbstbestimmung. Dann kann ich meinen Mund aufmachen. Sonst bin ich anderen ja ausgeliefert.“ Und das entspricht auch ihren Grundsätzen: „Nicht verbiegen, nicht wegschauen, Haltung bewahren und sich nichts gefallen lassen.“
Wir werden weiterhin von Chris Lohner hören.
Autor:Sophie Lauringer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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