Auf der Suche nach einem Schatz
Wer war einer der populärsten Heiligen im barocken Wien?
Wer war eigentlich Julius von Rom? Warum ist gerade dieser Heilige der Schutzpatron der Wiener Kinder? Eine Spurensuche in der Wiener Innenstadt. Mit im Gepäck das neue Heiligenbuch von Bernadette Spitzer.
Der Weg führt uns in die Michaelerkirche in der Wiener Innenstadt. Im dunklen Kirchenraum ist es gar nicht so einfach, das zu finden, was wir suchen, den Julius-Altar. An der Südwand des rechten Querschiffs werden wir nach einiger Zeit fündig und entdecken den Reliquienschrein mit den Gebeinen des heiligen Julius von Rom. Er hat zwar nicht in Österreich gelebt, aber ist seit fast 300 Jahren in Wien bestattet. In der Barockzeit zählte er zu den populärsten Heiligen.
Jugendlicher Märtyrer
Julius wurde Opfer der Christenverfolgungen in Rom im 2. oder 3. Jahrhundert. Der Legende nach war er bei seiner Ermordung zehn Jahre alt. Zunächst wurde er in Rom in einem Kindergrab der Katakomben bestattet. Dort blieb er 1.500 Jahre. Dann, im 18. Jahrhundert, kamen die Reliquien durch eine päpstliche Schenkung an den Wiener Kaiserhof, wo sie zunächst in der kaiserlichen Schatzkammer beigesetzt wurden. Kaiserin Maria Theresia, die als Mutter von 16 Kindern ein besonderes Herz für sie hatte, verehrte den kindlichen Heiligen sehr und betete oft an seinem Schrein. Sie wollte die Reliquie einer möglichst breiten Öffentlichkeit zugänglich machen. Zunächst fand sie 1746 einen geeigneten Ort in der italienischen Kapelle des Wiener Jesuitenkollegs Am Hof.
Gedenktag am 28. Dezember
„Kardinal Sigismund Graf Kollonitz legte das Fest des Heiligen mit dem der Unschuldigen Kinder am 28. Dezember zusammen“, schreibt Bernadette Spitzer in ihrem Heiligenbuch „Von Bischofsstab bis Besenstiel“, das im Wiener Dom-Verlag erschienen ist. „An diesem Tag wird der Opfer des Kindermords von Bethlehem gedacht. Daraus entwickelte sich ein regelrechter ,Juliuskult‘ mit Kinderprozessionen. Der in Wien lebende italienische Star-Dichter Pietro Metastasio verfasste einen Lobgesang, Antonio Salieri komponierte zwei Motetten auf den Heiligen. Die Verehrung verbreitete sich über die Jesuitenmissionen von Wien aus in die ganze Welt.“ Aufgrund zahlreicher Gebetserhörungen wurde Julius von Rom Schutzpatron der Wiener Kinder.
Im Stil des Barockklassizismus
Nachdem der Jesuitenorden vorübergehend 1773 durch Papst Clemens XIV. aufgelöst worden war, übergab Maria Theresia die Reliquien des Heiligen der Hofpfarrkirche St. Michael, die damals von Barnabiten geführt wurde. Den Impuls zur Errichtung eines eigenen Altars für die Reliquie gab das 200-jährige Niederlassungsjubiläum der Barnabiten-Patres in St. Michael im Jahre 1826. Den Reliquienschrein flankieren zwei Engel mit Märtyrerpalme und darüber wird die Verherrlichung des jungen römischen Blutzeugen Julius dargestellt. Eine typisch barocke Inszenierung: Auf Wolken kniet der Heilige und blickt betend gen Himmel. Engel huldigen ihm mit Palmenzweigen, einer trägt ein Kreuz als Zeichen des erlittenen Martyriums.
Autor:Markus Albert Langer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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