Wr. Kirchenzeitung im Rückspiegel - 12. Juni
Pastorale Notstandsgebiete am Stadtrand 1972 und Entschuldigung für die „pacem in terris“-Priester 1992
Es sind vor allem soziale Themen, die die Kirchenzeitung kurz vor dem Sommer beleuchtet: Da ist zuerst 1972 die Sorge um die „pastoralen Notstandsgebiete am Stadtrand“. Die Großfeldsiedlung mit nur einer Kirche für 27.000 Menschen, die Per-Albin_Hansson-Siedlung mit 20.000 Gläubigen, für die eine zweite Kirche erst im Bau ist, ... und den betroffenen Seelsorgern wird bewusst, dass es jetzt sogar mehr Kindergärten und Horte als Kirchen braucht! Auch ums Personal macht man sich Gedanken - so wird heftig über einen möglichen einjährigen "Sozialen Hilfsdienst für Mädchen" diskutiert. - 25 Jahre davor, kurz nach dem Krieg, wurde hingegen fast stolz vermeldet, dass die Caritas ihre Arbeit auf dem Gebiete der Jugendgerichtsbarkeit (Bewährungshilfe) nach siebenjähriger Pause wieder aufnehmen konnte. Vor 40 Jahren konnte die Katholische Frauenbewegung erstmals zu einem "Frauenfest" einladen und in Floridsdorf wurde die Seelsorgestation St. Markus mit ihrer „Kirche im Gemeindebau“ feierlich geweiht. Und nach dem Fall des "Eisernen Vorhangs" entschuldigen sich die Bischöfe aus Böhmen und Mähren 1992 in einem gemeinsamen Hirtenwort für jene Priester, die in der vom kommunistischen Regime geschaffenen Priestervereinigung „pacem in terris“ mitgewirkt hatten - wie DDr. Willy Lorenz, ein Kenner der tschechschen Kirchengeschichte, berichtete.
Vor 100 Jahren
Am 18. Juni 1922 stand im Kirchenblatt, dass der Heilige Vater eine von den verschiedenen katholischen Jugendorganisationen Wiens an ihn gesendete „Ergebensheitsadresse“ erhalten und den einzelnen Vereinen seinen erflehten Apostolischen Segen übersendet.
Vor 75 Jahren
Am 15. Juni 1947 beklagte das Kirchenblatt in sozialer Hinsicht „die tiefe Kluft“ zwischen Österreich und Amerika. Während hier laut einer Untersuchung von 24.867 Kindern nur 16.377 ein eigenes Bett hätten würden jenseits des Ozeans gerade in den amerikanischen Eisenbahnen die üblichen Stockbetten in deren Abteilen abgebaut weil es Reisenden dort nichtmehr zugemutet werde, das Abteil mit einer anderen Person zu teilen.
Weiters wurde davon berichtet, dass die Caritasarbeit auf dem Gebiete der Jugendgerichtsbarkeit (Bewährungshilfe) nach siebenjähriger Unterbrechung wieder aufgenommen wird. Diese besteht darin, bedingt verurteilte Jugendliche zunächst in dichteren, allmählich in schüttereren Abständen aufzusuchen, um ihr Betragen zu überwachen und ihnen über Schwierigkeiten und Hemmungen hinwegzuhelfen. Denn oft handle es sich um kleinere, die Not der Zeit hervorgerufene Vergehen.
Vor 50 Jahren
Am 18. Juni 1972 machte sich Bischpfsvikar Franz Steiner ernsthaft Sorgen um die „pastoralen Notstandsgebiete am Stadtrand“. Es gehe darum dieser „Völkjerwanderung“ von den Inneren in die Außenbezirke auf von kirchlicher Seite zu begegnen. So seien etwa in der Großfeldsiedlung 27.000 Menschen auf einer Fläche von nur 1,2 Quadratkilometern zusammengeballt - dazu brachten wir ein Interview mit Pfarre Theo Hornmann und Pfarrer Josef Igler aus der Per-Albin-Hansson-Siedlung Ost. –
Bei einer Pastoralkonferenz wurde damals über mögliche Auswege diskutiert. "Wir brauchen dringend Kindergärten und Horte", betonte Pfarrer Hornman damals. Aber die Gemeinde erlaubt uns nicht den Bau solcher. Ich kenne aber einen Raum, der den halben Tag leersteht - die Kirche". Das löste damals betretenes Schweigen aus, denn die "Mehrzwecknutzung" kirchlicher Gebäude war damals noch "undenkbar". - Doch das sollte sich in den Neubaugebieten am Stadtrand alsbald ändern!
Können Sie sich noch an die legendären „Stadtgespräche“ mit Dr. Zilk im Fernsehen samt "Abstimmung nach Stromverbrauch" erinnern? Am 6. Juni 1972 wurde dabei heftig über einen freiwilligen oder verpflichtenden „Sozialen Hilfsdienst für Mädchen“ diskutiert. Das bewegte den damaligen Chefredakteur Anton Fellner zu einer ausführlichen Stellungnahme. Denn einer Meinungsumfrage zufolge waren damals 80 Prozent für die Einführung eines solchen einjährigen Sozialdienstes, da schon damals der Mangel an Sozialberufen spürbar war - und das hat sich in den vergangenen 50 Jahren nur noch verschlimmert! Ein "Lichttest" wie damals ist angesichts der Energiekrise klaum mehr vorstellbar, allerdings scheint das Thema heute weiter aktuell zu sein.
- Ebenfalls seit 50 Jahren gibt es Bestrebungen für eine intensivere Zusammenarbeit unter den Österreichischen Kirchenzeitungen. Im Juni 1972 einigten sich die Redaktionen aus Wien, Eisenstadt, Salzburg, Klagenfurt und Linz darauf, ihre Zusammenarbeit zu intensivieren. Sogar über einen gemeinsamen Druck wurde ünachgedacht, allerdings wegen unüberbrückbarer technischer und finanzieller Schwierigkeiten wieder fallengelassen. (Tatsächlich entstand in den folgenden Jahren eine Kooperation zwischen Linz, Salzburg und Kärnten, der sich später Tirol und Vorarlberg anschlossen, wärend Wien und Eisenstadt bis zur Jahrtausendwende eng zusammenarbeiteten und es später von Wien aus auch lose Kooperationen mit Salzburg und Kärnten gab, als letztere aus der "Westkooperation" ausstiegen!)
Vor 40 Jahren
Am 13. Juni 1982 warf der bevorstehende Besuch von Papst Johannes Paul II. in Argentinien bereits seine Schatten voraus. Wir brachten die Papstansprache im Hinblick auf den bevorstehenden Besuch in Österreich kommendes Jahr im Wortlaut.
Wir berichteten von Dekantasfesten in Kaltenleutgeben, Lichtenwörth, Bruck/Leitha und in Retz, vom „Ersten Frauenfest der Kath. Frauenbewegung Wien-Stadt“ im Bildungshaus Neuwaldegg und wir stellten die neue Seelsorgestation St. Markus in Floridsdorf mit ihrer „Kirche im Gemeindebau“ vor.
Vor 30 Jahren
Am 14. Juni 1992 berichten wir vom Papstbesuch in Angola. Dann wurde nach internen Wahlen eine Liste mit den nach Stimmenanzahl gereihten Kandidaten für das Amt des Bischofsvikars in den drei Vikariaten dem Kardinal übergeben. Nun hat er das Wort.
Und wir brachten eine Reportage über die Kirche in Böhmen und Mähren: die dortigen Bischöfe entschuldigten sich in einem gemeinsamen Hirtenwort für jene Priester, die in der vom kommunistischen Regime geschaffenen Priestervereinigung „pacem in terris“ mitgewirkt hatten.
Vor 25 Jahren
Am 15. Juni 1997 stellten wir unter dem Titel „Wird Gott nass, wenn es regnet?“ die Frage, wie man mit Kindern über Gott reden kann und soll. Wir beleuchteten das Leben von Sebastian Kneipp, dem „Pfarrer im Dienste der Gesundheit“ anlässlich seines 100. Todestages und konnten wir von der Weihe der neuen Kirche am Leberberg in Wien 11 ebenso berichten wie von der Eröffnung des „Anton-Kummerer-Parks“ in der Brigittenau, der an der Stelle der ehemaligen „Notkirche Eisfabrik“ entstand und an deren legendären Seelsorger erinnert.
Autor:Wolfgang Linhart aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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