Stift Klosterneuburg: Ein Ort. Tausend Geschichten
Geschichte mit Augenzwinkern
Zwei Jahrtausende lang ist Klosterneuburg schon besiedelt und seit neun Jahrhunderten leben und arbeiten hier Menschen. Da gibt es einiges zu erzählen. Das neue Buch „Prügelbrot statt Geisterspuk“ beinhaltet 50 Geschichten über das Stift Klosterneuburg von den mehr als Tausend. Einiges wird bekannt sein, manches ist neu, aber alles ist sorgfältig recherchiert.
Für den Herausgeber Martin Haltrich ist das Besondere an diesem neuen Buch über das Stift Klosterneuburg, dass es nicht von einer Person geschrieben wurde, sondern von einem guten Dutzend junger Geisteswissenschaftler, die sich mit den Hausnarrativen in Forschungsprojekten beschäftigen. „Es sind externe Leute, die die Quellen in den Archiven und Kunstsammlungen sowie auch natürlich in der Bibliothek kennen“, sagt Stiftsbibliothekar Haltrich. „Sie haben teilweise diese Geschichten aus ihrer wissenschaftlichen Arbeit heraus entwickelt.“
Sind das nur Geschichten, die die jungen Leute beim Forschen entdeckt haben?
Es sind natürlich Geschichten dabei, die man schon kennt. Es ist aber eine gute Mischung. Selbstverständlich kommt die Schleierlegende vor, aber nicht so, wie sie üblicherweise erzählt wird, sondern es wird ein Kunstobjekt in der Schatzkammer aus dem 18. Jahrhundert, in dem der Schleier eingefasst ist, beschrieben. Es gibt ein großes Forschungsprojekt über die Heiligsprechung Leopolds und dabei wurden neue Geschichten herausgefunden. Im Heiligsprechungsprozess wurde viel von Wundern berichtet und nach dem Durchstöbern der Gerichtsakten haben die jungen Wissenschaftler einige herausgegriffen. Eine Geschichte ist angelehnt an den Lotterienspruch „Alles ist möglich“. Eine arme Frau hat Geld gebraucht und den heiligen Leopold angerufen. Und tatsächlich hat sie dann auch irgendwo unter einer Brücke die entsprechende Summe gefunden. Also man kann es durchaus mit einem Lottogewinn vergleichen. Und das ist auch der Ansatz in diesem Buch. Es ist alles ein bisserl mit einem Augenzwinkern erzählt, aber faktenbasiert.
Warum sind die Geschichten kurz gehalten?
Natürlich könnte man jetzt über vier Seiten, 40 oder 400 Seiten eine Geschichte des Verduner Altars erzählen. Aber man kann auch sagen: Okay, es gibt eine Situation, dass z.B. 1330 das Stift abgebrannt ist. Und im Skriptorium sitzt ein Chorherr, der das bemerkt und schreibt in die Handschrift rein: „Ich muss jetzt weg, weil die Kirche brennt.“ Ein wahrer Augenzeugenbericht. Und das ist so eine kleine Geschichte, die auch mit dem Verduner Altar verbunden ist, der dann gerettet wurde. Daneben eine zweite Geschichte, wo es heißt, es wurde mit Wein gelöscht. Ob das so gewesen ist, kann man nicht sagen. Und das wird auch relativiert. Das heißt, die Leserin, der Leser kann sich selber einen Reim drauf machen.
Interessant sind die Titeln der Geschichten...
Die Titelfindung war sicher das Lustigste an diesem ganzen Projekt. Wir haben Titeln mit ein bisschen Schmäh gewählt. Es gibt im Stift einen Kerkerkeller. Da kommen gleich die Fantasien auf. Wir haben die Geschichte „Hinter stiftlichen Gardinen“ genannt. Und da wird eben erzählt, was halt so in den Akten steht. Im Englischen heißt es aber „Once upon a crime“ – eben eine Anspielung auf den Anfangssatz von Märchen „Once upon a time“. Die deutschen Titeln wurden nicht wortwörtlich übersetzt, sondern es wurde versucht, auch im Englischen ein bisserl den Schmäh rüberzubringen.
Für wen ist das Buch gemacht?
Die Zielgruppen sind heterogen. Einerseits kann es für die Menschen in der Umgebung recht spannend sein. Wenn man einen Ausflug nach Klosterneuburg macht, kann man das Büchlein in die Tasche stecken und schaut dann vor Ort nach. Die Geschichten sind alle mit Objekten verknüpft. Interessierte können in Klosterneuburg herumgehen und sich das alles im Original anschauen. Andererseits haben wir es auch zweisprachig gestaltet. Das ist auch ganz wichtig, weil das Stift nicht nur ein regionaler Player ist, sondern auch für internationale Gäste sehr viel zu bieten hat. Man kann aber, auch wenn man jetzt deutsch muttersprachlich ist, die englischen Texte lesen, weil sie ein bisschen anders sind. Und vielleicht ist dann doch ein weiterer Aspekt erfahrbar.
Autor:Stefan Hauser aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.