Krippen-Schatz
Die Krippe steht für Verkündigung
In alten Gemäuern im Weinviertel befindet sich ein weihnachtlicher Schatz. In Sitzendorf an der Schmida hat Familie Schreiber über 1.000 Krippen aus der ganzen Welt gesammelt.
Das Haus atmet Geschichte. Ein ehemaliges Refektorium aus dem 12. Jahrhundert wurde zum Refugium von Hiltigund und Gerhard Schreiber. Hiltigund war jahrelang Diözesankonservatorin der Erzdiözese Wien und leitete das Referat für kirchliche Kunst und Denkmalpflege.
Das Ehepaar hat über Jahrzehnte Krippen in allen möglichen Formen und Darstellungen gesammelt. „Mein Vater hatte eine burgenländische Kastenkrippe geerbt, mit einem Storch und Menschen in regionaler Tracht, damit wurde früher bei uns die Verkündigung nach Hause gebracht“, schildert Roswitha Schreiber-Jetzinger. Sie verwaltet nach dem Tod ihres Vaters und der Erkrankung ihrer Mutter den Krippenschatz im Haus. Der ganze Wohntrakt und die ehemaligen Werkstätten einer Sattlerei sind bis auf den letzten Platz gefüllt mit Krippen aller Art.
Darstellen der Texte
Warum Krippen seit jeher einen wesentlichen Platz in Kirchen und in den Familien haben, schildert Roswitha Schreiber-Jetzinger: „Dadurch, dass früher die Messen auf Latein gelesen wurden, war es für die Leute sehr schwierig zu verstehen, was im Zentrum der Liturgietexte zur Geburt Jesu stand. Die Kunst und vor allem die Weihnachtskrippe hatte die Aufgabe, den Leuten das darzustellen, das ist das, was euch gerade der Pfarrer vorliest. Das ist das, wovon wir sprechen.“
Ihre Mutter Hiltigund hat zahlreiche Krippen selbst gebastelt: „Meine Mutter ist geprüfte Krippenbaumeisterin, sie hat Landschaften gebaut, Höhlen, Tempel und andere Krippenhintergründe“, so Tochter Roswitha. Ihre Eltern haben bei Ausflügen immer in Kirchen nachgefragt, ob es nicht eine Weihnachtskrippe gibt, so haben sie etliche in ihren Bestand bekommen. „Mama hat auch leidenschaftlich auf Flohmärkten Ausschau gehalten“, so Schreiber-Jetzinger. Selbstverständlich stellten für sie und ihre Schwester Krippen einen wesentlichen Bestandteil der Weihnachtszeit in ihrer Kindheit dar. „Wir hatten eine große Krippe mit rund 40 Zentimeter großen Figuren.
Jährlich haben unsere Eltern bei einem Südtiroler Krippenbauer eine weitere Figur in Auftrag gegeben. Die Überraschung für uns Kinder war immer, was kommt heuer dazu? So wurde die Krippe mit Hirten oder auch einem Haflinger-Pferd ergänzt.“
Als Roswitha heiratete, bekam sie von ihren Eltern diese Krippe als Hochzeitsgeschenk. Schreiber-Jetzinger ist in ihrem Brotberuf Reitlehrerin und freut sich besonders über die Pferdefigur in ihrer Hauskrippe. Selbstverständlich hat sie die von ihren Eltern erlernte Krippentradition an ihre drei Kinder weitergegeben.
Krippen mit unterschiedlichem Flair
Bei einer Führung durch die Krippensammlung zeigt sich die Internationalität und Unterschiedlichkeit. Neben einer mexikanischen Krippe, in der die Hirten nicht Schafe hüten, sondern Lamas, tragen die Figuren typische Tracht, Männer haben einen Sombrero auf. Lehmandlkrippen, aus Lehm gefertigt, finden sich genauso in der Sammlung, wie Figuren aus Maisstroh. „Wenn man das äußere Grüne eines Maiskolbens trocknet, kann man die Blätter biegen und formen“, schildert Roswitha Schreiber-Jetzinger. Auch Wachs eignet sich für Formgestaltung. Den Beweis dafür bringt eine edle Krippe, deren Figuren barockes Gewand mit Brokat tragen. „Auch Josef und Maria sind prunkvoll gekleidet, allerdings übertreffen die Heiligen Drei Könige das traute Paar“, sagt Roswitha Schreiber-Jetzinger augenzwinkernd.
Dank von Priestern
In den Holzschränken der Krippensammlung stehen auch Heilige Drei Könige, die aus Blech gefertigt wurden. Eine spezielle Krippe in der Sammlung stammt aus dem afrikanischen Uganda. Eine Art Kugel zum Auseinandernehmen zeigt das Geschehen zu Bethlehem. „Unser Vater hat über Jahre zwei Priesterstudenten aus Uganda unterstützt. Zum Dank haben sie ihm diese Krippe geschenkt“, erzählt Roswitha Schreiber-Jetzinger.
Nicht nur die weihnachtliche Darstellung steht in den Schreiberschen Sammlungen im Mittelpunkt, denn es gibt auch Fastenkrippen. Sie zeigen die Darstellung der letzten Lebenstage Jesu und die Auferstehung.
Ein Glanzstück der Sammlung Schreiber ist eine Weihnachtskrippe aus einer aufgelassenen Klosterkirche. „Aus dieser haben meine Eltern die Figuren bekommen, allerdings fehlte Maria mit dem Jesuskind. Die hat mein Vater dann gebastelt und meine Mutter angemalt.“
Tradition geht weiter
Eine große Papierkrippe aus tschechischer Provenienz darf in der Sammlung nicht fehlen. „Mein Vater ist jährlich vor Weihnachten zu einem Künstler über die Grenze gefahren und kam dann mit einigen neuen Papierfiguren zurück“. Die beiden Schreiberschwestern malten dann die Handwerker, Bauern oder Kulissen an und rechtzeitig zum Weihnachtsfest war dann die Papierkrippe wieder ein Stück größer.“
Die Schreibers schenkten der Gemeinde Sitzendorf an der Schmida eine große Krippe. Diese wird jährlich in der Weihnachtszeit auf dem Hauptplatz ausgestellt. Damit ist gesichert, das die Tradition des Kripperlschauens weitergeht.
Roswitha Schreiber-Jetzinger hofft auch geeignete Räumlichkeiten für die über 1.000 Krippen der Sammlung zu finden, um sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Autor:Stefan Hauser aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.