Die ersten Wiener Sternsinger 1947
Die Großväter der Sternsingeraktion

1953 empfängt Kardinal Theodor Innitzer die Sternsinger umringt  von hunderten Wienerinnen und Wienern vor dem Stephansdom.
Im Vordergrund als Herold der vierjährige Klaus Pollheimer, der seine Brüder erstmals begleitet. | Foto: Archiv Pollheimer
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  • 1953 empfängt Kardinal Theodor Innitzer die Sternsinger umringt von hunderten Wienerinnen und Wienern vor dem Stephansdom.
    Im Vordergrund als Herold der vierjährige Klaus Pollheimer, der seine Brüder erstmals begleitet.
  • Foto: Archiv Pollheimer
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Im Jänner 1947 – also vor genau 75 Jahren – haben die Brüder Winfried und Franz Pollheimer auf Anregung ihrer Eltern den alten Brauch des Sternsingens hier wieder aufleben lassen. Zusammen mit Bernhard Hinterwirth zogen sie erst durch die Josefstadt, später durch Wien und sammelten dabei Spenden für einen guten Zweck.

1947 sahen die kleinen Sternsinger noch etwas unbeholfen aus.

Die Ursprünge des Sternsingens reichen weit bis ins 16. Jahrhundert zurück und entstanden vermutlich aus der Fortführung der traditionellen Krippenspiele, bei denen die Weihnachtsgeschichte nachgespielt wurde. Besonders in den ländlichen Gebieten hielt sich die Tradition, am Vorabend des Dreikönigsfestes die Häuser und Ställe feierlich zu segnen. So wurden auf den Türsturz die Buchstaben C+M+B geschrieben, seit Anfang der 1950er Jahre als Christus mansionem benedicatChristus segne dieses Haus gedeutet.

An diese Tradition aus seiner obersteirischen Heimat erinnerte sich der Beamte Franz Pollheimer 1946, als er in Wien seinen Buben beim „Verkleiden“ zusah und er ermutigte sie, nach dem Krieg den Brauch des „Segen-Wünschens“ wieder aufleben zu lassen. Ob das aber in der Großstadt auch klappen würde, darüber waren sich alle unsicher. Doch alsbald wurde mit großem Eifer ein goldener Stern gebastelt, Mutter Käthe Pollheimer nähte, klebte, änderte und ergänzte die Kostüme, in Volksgesangsbüchern wurde nach einem Dreikönigslied und in alten Reimmichelkalendern nach einem Sternsingerwunschspruch gesucht.

1951 traten die Buben vor des Stephansdom schon sehr selbstbewusst auf.

Wie Franz Pollheimer später erzählte, wurden von den frischgebackenen Sternsingern zuerst nur die Wohnungsnachbarn aufgesucht. Der überaus herzliche Empfang ermunterte sie, auch zu den anderen Hausparteien zu gehen, und da sich auch dort wieder die gleiche freudige Überraschung wiederholte, wagten sie sich sogar auf die Straße, um Bekannte und Freunde in den nahen Gassen der Josefstadt zu besuchen. – Die kleinen Sternsinger waren also „Freuden- und Segenbringer“!

Die erhaltenen Geldspenden sollten jedenfalls einem sozialen Zweck zugutekommen: Dreimal gaben die Buben diese für den Wiederaufbau des Stephansdomes her, ebenfalls drei Jahre lange überreichten sie dieselben der Pfarre Maria Treu für den Wiederaufbau des Piaristenklosters, einmal wurde eine bedürftige Flüchtlingsfamilie beschenkt und die Spenden der folgenden Jahre flossen der Mission zu.


Wir waren „Freuden- und Segenbringer“

Es war schon ein stimmungsvolles Bild, wenn in diesen winterlich dämmernden Tagen zu Dreikönig die kleine malerische Sternsingergruppe mit ihrem goldenen Stern im leichten Schneeflockentreiben in den Straßen des Bezirkes dahinwanderte, immer wieder von Passanten und Kindern umringt und meist lange begleitet. Oft waren Bemerkungen wie „Jessas, Sternsinger san da!“ oder „San des liabe Könige!“ zu hören. Besonders für die älteren Leute waren die Sternsinger in den Straßen eine liebe Erinnerung aus ihrer Jugendzeit.

1951 gab es bereits einen kurzen Artikel über die Sternsinger im Kirchenblatt.

1949 musste die Gruppe pausieren, weil Bruder Klaus kurz vor dem Dreikönigstag zur Welt kam. Aber schon im Jahr darauf gab es viele Anfragen, ob die Buben denn wieder Sternsingen gehen. Diesmal von der Piaristenpfarre mit Rauchfass, Schifferl und Kleidungsstücken aus dem Jugend­theater ausgestattet, studierten die Buben neue Dreikönigslieder ein, mit denen sie auf Einladung von Rektor Josef Franzl, u.a. Schriftleiter des „Kleinen Kirchenblattes“, sogar im Sender „Rot-Weiß-Rot“ auftraten.


Von Wien aus in die ganze Welt

Dadurch ermutigt führte die als „Josefstädter Sternsinger“ oder „Sternsinger von Maria Treu“ bezeichnete Gruppe alsbald am Vormittag des 6. Jänner einen Festzug von der Oper durch die Kärntnerstraße zum Stephansdom an. Vor dem Riesentor sangen sie nach dem Pontifikalhochamt inmitten einer großen Menschenmenge Kardinal Theodor Innitzer ihre Dreikönigslieder vor und sprachen ihren von Franz Pollheimer verfassten Sternsingerwunsch (siehe oben). – Anfang der 1950er Jahre waren sie schon derart berühmt, dass auch andere Wiener Pfarren das Sternsingen mit Ministranten oder Pfadfindern im Pfarrbereich einführten.

Der 1947 von Franz Pollheimer verfasste Sternsinger Wunschspruch

Durch Zeitungsberichte, Radiosendungen und Wochenschauen auf das Sternsingen in Wien aufmerksam geworden, hat die „MIVA“ (Missions-Verkehrs-Arbeitsgemeinschaft in Österreich) 1954 den Sternsingerbrauch mit katholischen Jugendgruppen in den Dienst der Mission gestellt. Ein Jahr später haben dann die kirchlichen Jungschargruppen den Brauch von der „MIVA“ übernommen und für Geldsammlungen für die Mission im großen Stil organisiert und ausgebaut.

Siehe auch sternsingen.at
Eine ausführliche Zusammenfassung der Anfänge der Sternsingerbewegung in Wien mit Erinnerungen von Franz Pollheimer findet sich hier.

Autor:

Wolfgang Linhart aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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