Die Kunst der guten Entscheidung
Warum Kopf und Bauch miteinander streiten
Eine gute Entscheidung und eine gute Wahl sind keine Glückssache, sondern wirklich eine Kunst. In ihrem Buch „Entscheide dich und lebe“ zeigt die Wiener Ordensfrau und Bestsellerautorin Sr. Melanie Wolfers SDS, wie gute Entscheidungen gelingen können. Warum dabei Kopf und Bauch oft miteinander streiten und welche Rolle dann das Herz dabei spielen kann.
Ob auch Sr. Melanie Wolfers schon einmal eine Entscheidung getroffen hat, die sie dann später bereut hat? „Selbstverständlich! Und nicht nur eine“, sagt Sr. Melanie Wolfers SDS zum SONNTAG. „Doch noch mehr habe ich bereut, wenn ich aus Angst etwa vor einer Fehlentscheidung oder vor dem Echo anderer eine anstehende Entscheidung verpasst habe“, betont die Ordensfrau und Bestsellerautorin: „Denn das meiste Unglück entsteht nicht aus Fehlentscheidungen, sondern aus fehlenden Entscheidungen.“
- Warum ist Entscheiden eine Kunst?
Zum Glück ist eine gute Entscheidung keine Glücksache, sondern eine Kunst. Zu ihr gehört zum einen das Wissen, wie wird den Prozess des Entscheidens klug und umsichtig gestalten können. Zum anderen das tägliche Einüben und Ausüben dieser Kunst. Unser Alltag bietet genügend Gelegenheit dazu.
- Warum liegt in der Fähigkeit zum Verzicht eine der wichtigsten Voraussetzungen für sinnvolle Entscheidungen?
Jede Ent-scheidung für etwas bedeutet zugleich ein Aus-scheiden von anderen, oft auch anziehenden Alternativen. Je nachdem, worum es geht, kann dieser Verzicht wehtun. Es ist einfach so: Allein in dem Maße, in dem wir bereit und fähig sind, auf etwas zu verzichten, werden wir uns positiv für anderes entscheiden können. Denn auch wenn es schade ist: Wir können nicht gleichzeitig auf 100 Hochzeiten tanzen, sondern nur auf einer.
- Wie kann eine Entscheidung ganzheitlich getroffen werden?
Indem wir aufmerksam sind auf alle Kräfte, die uns zum Entscheiden befähigen: auf die Impulse von Kopf und Bauch, auf unsere intuitive Kraft und die Sprache des Körpers, auf die leise Stimme der Sehnsucht und unseres Herzens. Ich finde es großartig, wie reich begabt wir alle sind! Und damit diese Gaben zum Tragen kommen, gilt es, dass wir unseren Scheinwerfer regelmäßig nach innen richten und wahrnehmen, was in uns vorgeht.
- Was macht den Kopftyp, den Bauchtyp und den Herztyp aus?
Viele haben in dem Miteinander von Fühlen und Denken ein Stand- und ein Spielbein. Der Kopftyp lässt sich in seinem Wählen bevorzugt vom Kopf leiten, der Bauchtyp vom Gefühl. Der Herztyp lässt Kopf und Bauch zu Wort kommen. Er wägt deren Impulse ab und entscheidet dann aus dem Herzen; aus seiner Personenmitte.
- Warum bilden Kopf und Bauch ein Traumteam?
Beide – Kopf und Bauch – haben uns in Entscheidungssituationen etwas zu sagen. Mit dem Verstand argumentieren wir; schätzen Folgen ein, orientieren uns an Werten und Zielen und entscheiden planvoll. Der Bauch steht für unser emotionales Gedächtnis. Es ist ein großer Erfahrungsspeicher, der uns Hinweise gibt, was uns gut tut und was wir besser vermeiden sollten. Gelingt die Kooperation von Kopf und Bauch, ist ein Traumteam am Start
- Warum wählt man nur mit dem Herzen gut?
Dummerweise streiten Kopf und Bauch oft miteinander. Es braucht eine moderierende Kraft in uns, die abwägt, was von Kopf und Bauch an Impulsen daherkommt, und dann entscheidet. Und dies ist das Herz. Das Herz steht für die Mitte unserer Person und befähigt uns zu einer ganzheitlichen Wahl. Es nimmt wahr, welche Entscheidungsoption stimmig ist. Ob sie also zu uns als Person passt oder nicht.
- Sie sprechen im Hinblick auf das Thema Entscheidung auch von den 4 „F“. Was ist damit gemeint?
Wenn das Herz seine Zustimmung zu einem konkreten Vorhaben gibt, dann stellt sich das Empfinden von Stimmigkeit ein. Von Josef Maureder inspiriert spielen für mich persönlich im Hören auf mein Herz vier Fs eine wichtige Rolle: Welche Option führt mich mehr zu einem inneren Frieden? Mehr zu einer echten Freude? Zu einer inneren Freiheit? Und zu einer wachsenden Freundschaft mit mir und mit anderen?
- Wie sieht die dreifache Aufmerksamkeit für eine gute Entscheidung aus?
Die drei Bausteine lassen sich mit folgenden Fragen ausdrücken:
- Was kann ich?
- Was will ich?
- Was soll ich?
Zum ersten Baustein: Für eine tragfähige Entscheidung braucht es zuallererst ein gutes Fundament. Dieses besteht darin, dass wir unseren Stärken und Schwächen Rechnung tragen. Das bedeutet: In allem, was Ihnen leicht von der Hand geht, woran Sie Freude und was Sie sich im Lauf des Lebens angeeignet haben – in all dem liegt ein Wink für eine gute Wahl.
- Können Sie die fünf Phasen eines Entscheidungsprozesses kurz erläutern?
Der Prozess beginnt damit, dass jemand überhaupt erst einmal wahrnimmt, wenn eine Entscheidung von ihm gefordert ist – anstatt die Herausforderung mehr oder weniger bewusst zu übersehen. Die zweite Phase besteht darin, die Entscheidung vorzubereiten. Dazu gehört etwa, die Frage klar zu formulieren, sich Infos einzuholen und den Zeitrahmen abzustecken. Drittens gilt es dann, die verschiedenen Lösungsmöglichkeiten anhand von Kriterien abzuwägen. Um dann viertens die Entscheidung zu treffen und diese fünftens konkret umsetzen und auswerten.
- Warum gibt es keine perfekte Entscheidung?
Dafür gibt es viele Gründe. Ein Grund liegt darin, dass Sie gar nicht wissen können, welche Lösung sich zukünftig als die beste erweisen wird. Denn dazu müssten Sie in die Zukunft schauen können. Entscheiden können wir nur vorwärts.
Beurteilen, ob eine Entscheidung richtig war, können wir nur rückwärts. Wenn Sie also nach der perfekten Lösung suchen und davon ausgehen, dass es nur eine richtige Antwort gibt, dann schlittern Sie entweder in eine Entscheidungsblockade hinein oder Sie ebnen einer Enttäuschung den Weg.
Autor:Stefan Kronthaler aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
Kommentare
Sie möchten kommentieren?
Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.