Permakultur im Waldviertel
Wachsen lassen
Auf dem Frei-Hof in Sprögnitz wächst ein fröhliches Durcheinander. Sigrid Drage bewirtschaftet den Hof in Permakultur, die Pflanzen danken es ihr mit reicher Ernte und vielfältigen Geschmackserlebnissen. Monika Fischer sprachmit der leidenschaftlichen Gärtnerin und Köchin über seltenes Gemüse, ausgefallene Rezepte und die Rettung der Welt.
Üppiges Grün in allen Schattierungen, mit Namen wie Haferwurz, Baumspinat oder Scheibengurke, wiegt sich im sachten Wind, dazwischen leuchten lila und gelbe Blüten hervor, zarte Kräutlein schmiegen sich an mannshohe Stauden. Mittendrin watscheln Laufenten und scharren Hühner, Schwalben sausen durch die Lüfte und über drei kleinen Teichen schwirren Libellen mit ihren schillernden Flügeln, Hummeln und Bienen brummen und summen.
Der Frei-Hof im Waldviertler Sprögnitz ist ein kleines, wildes Paradies. Sigrid Drage bewirtschaftet den Hof gemeinsam mit ihrem Partner Andreas Voglgruber, ganz ohne künstliche Dünger oder Pestizide, in Permakultur. „Die Idee der Permakultur ist es, eine Enkel-taugliche Welt zu gestalten, die sehr produktiv ist, dabei aber Lebensraum für Menschen, Tiere und Pflanzen schafft. Vorbild ist die Natur mit ihren natürlichen, sich selbst erhaltenden Ökosystemen. Es geht um die Beziehungen zwischen den verschiedenen Lebewesen, um Kreisläufe und um das Miteinander.“
Die Pflanzen auf dem Frei-Hof wachsen nicht in Reihen, sondern in gemischten Gruppen. Starkzehrer wie Zucchini, Kürbis und Paradeiser stehen beieinander, die genügsameren Karotten findet man bei Schnittlauch und Petersilie. Die Wiesen rund um die Beete liefern Mulch, reichlich Dünger spendieren Hühner und Enten, Letztere verzehren zudem die Schnecken. Kräuter und Blumen locken Insekten an, die Blüten bestäuben und Läuse fressen.
Wilde Mischungen
Die üppigen Ernten versorgen nicht nur Sigrid Drage und ihren Partner, sondern auch ihre MitarbeiterInnen und die TeilnehmerInnen an ihren Kursen. Im Frühling, wenn die Gemüsepflanzen noch klein sind, verkocht Sigrid Drage Wildpflanzen. „Der Garten ist mein Kochbuch. Ich geh’ raus und schau’, was es gerade gibt, dann mach’ ich etwas draus. So entstehen lustige Dinge.“ Zum Beispiel Salate mit fermentiertem Gemüse, mit weißem Gänsefuß belegte Dinkelgermteigfladen, Gierschsuppe oder Liebstöcklauflauf: „Ich bin sehr wild beim Kombinieren.“
Neue Herausforderung im Weinviertel
Sieben Jahren sind Sigrid Drage und ihr Partner auf dem Frei-Hof. Im nächsten Jahr werden sie einen Hof nahe Korneuburg übernehmen und dort von vorne beginnen: „Das ist ein großer Auftrag, diese Landschaft zu regenerieren und die Ackerflächen auf bio umzustellen. Im Weinviertel gibt es größere Trockenheit und viel mehr Hitze, das sind genau die Herausforderungen, die auch mit dem Klimawandel anstehen.“
Die Landwirtschaft ist für Sigrid Drage ein Schlüssel, um diese Herausforderungen zu bewältigen. „Österreich könnte zu 100 Prozent bio produzieren und uns versorgen, das wäre für die Landschaft so viel besser. Pestizide hemmen die Regenerationsfähigkeit. Durch Hecken, Gewässer, Biotope verbessert sich die Wasserhaltefähigkeit, schonende Bodenbearbeitung schützt vor Erosion. Damit kann jede und jeder im eigenen Garten starten, dann machen die Bauern mit, die Gemeinden und so fort.“
Autor:Monika Fischer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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