Textilien nachhaltig nützen
Stopfen, Flicken, Reparieren

Sr. Annemarie Holzer kennt sich mit Textilien aus: „Besonders schön ist das Buntstopfen.“ | Foto: Agathe Lauber-Gansterer
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  • Sr. Annemarie Holzer kennt sich mit Textilien aus: „Besonders schön ist das Buntstopfen.“
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„Fast Fashion“ – schnelle Mode – führt zu anwachsenden Textilmüllbergen. Nur ein Bruchteil weggeworfener Textilien wird in Österreich wiederverwendet oder recycelt, rund 170.000 Tonnen verbrannt. Um Umwelt und Ressourcen zu schonen, ist das längere Verwenden von Hosen, Hemden und Socken angebracht. Die Franziskanischen Schwestern von der Schmerzhaften Mutter in Wien wollen nachhaltig leben, auch im Umgang mit Textilien. Ihre Erfahrung und ihr Wissen z. B. zum Stopfen von Socken geben die Ordensfrauen gerne weiter.

In der Wiener Innenstadt, Ende Juni: Mit Aufschriften wie „Sale“, „Ausverkauf“ und „Bis zu 70 Prozent Rabatt“ werben Textilketten für den saisonalen Schlussverkauf. Der Sommerschlussverkauf, der früher Ende August ausgerufen wurde, wird mittlerweile bereits Ende Juni begangen. Die Auswahl an Hosen, Shirts, Hemden und Accessoires scheint unermesslich und bringt so manche Schnäppchenjäger ins Schwitzen ...

Szenenwechsel nach Simmering, ins Kloster der Franziskanischen Schwestern von der Schmerzhaften Mutter auf der Simmeringer Hauptstraße. Sr. Annemarie Holzer hat viel mit Textilien zu tun, denn sie leitet seit vielen Jahren Kurse zum Herstellen biblischer Erzählfiguren. „Für die Figuren verwenden wir hauptsächlich Naturstoffe wie Baumwolle und Leinen. Wir nehmen nur Stoffe, die es auch zur Zeit Jesu gegeben hat, dabei verwenden wir eher feinere Stoffe, die an den Figuren auch gut fallen, nicht steif sind“, erzählt sie im Gespräch mit dem SONNTAG. Zu biblischer Zeit habe es nur unifarbene oder gestreifte Stoffe gegeben.

Der Textilberg  wird immer größer. In Österreich landen jedes Jahr rund 221.800 Tonnen Textilien im Müll. | Foto: iStock
  • Der Textilberg wird immer größer. In Österreich landen jedes Jahr rund 221.800 Tonnen Textilien im Müll.
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Wiederverwenden statt wegschmeißen
Zur Herstellung der kleinen, liebevoll gemachten Kleidungsstücke verwendet Sr. Annemarie u. a. getragene Baumwollhemden und führt die Kleidungsstücke auf diese Weise einer Wiederverwendung zu, anstatt sie wegzuschmeißen. Die Franziskanischen Schwestern von der Schmerzhaften Mutter leben – ganz im Sinne des heiligen Franziskus – einen möglichst nachhaltigen Lebensstil, auch im Umgang mit Textilien. „Unsere Ordenstracht besteht aus T-Shirt und Rock. Wir achten darauf, dass wir fair gehandelte Textilien kaufen, z. B. für die Poloshirts. Wir haben auch eine Schneiderin, die die Röcke selber schneidert und falls nötig repariert“, erzählt  Sr. Elisabeth Knapp.

Ich beziehe meine Kleidung von der Sammelstelle.

Sr. Elisabeth arbeitet im Kindergarten und trägt dort keine Ordenstracht. „Ich beziehe meine Kleidung von Sr. Theresas Sammelstelle. Bei uns können alle Sachen abgegeben werden, die die Menschen nicht mehr brauchen. Sr. Theresa sortiert alles. Ich gehe dann zu ihr ,einkaufen‘ oder sie sagt: ,Du, ich hätte eine Hose für dich‘. Ich war schon lange nicht mehr in einem Modegeschäft.“

Schere, Nadel und Zwirn sind in fast jedem Haushalt zu finden. | Foto: iStock
  • Schere, Nadel und Zwirn sind in fast jedem Haushalt zu finden.
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Früher habe es eine Münchner Firma gegeben, die für die Ordensgemeinschaften die Stoffe hergestellt hat. „Der Vertreter ist von Kloster zu Kloster gefahren und hat Stoffproben mitgehabt. Dort haben wir eingekauft“, erinnert sich Sr. Annemarie Holzer. Die Stoffe waren von sehr guter Qualität und haben lange gehalten. Ist der Rockbund kaputt, eine Tasche oder der Saum durchstoßen, lassen die Ordensfrauen die Kleidungsstücke von der Schneiderin reparieren oder legen selbst Hand an.

Aufgrund des häufigen Tragens bekommen auch einmal geliebte Socken ein Loch. Wegschmeißen muss man diese jedoch noch lange nicht. Denn mit ein paar Nadelstichen kann man Strümpfe stopfen. | Foto: iStock
  • Aufgrund des häufigen Tragens bekommen auch einmal geliebte Socken ein Loch. Wegschmeißen muss man diese jedoch noch lange nicht. Denn mit ein paar Nadelstichen kann man Strümpfe stopfen.
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Tipps von Stopf-Expertin Sr. Annemarie
Sr. Annemarie ist Expertin im Stopfen von Socken und hat dazu auch schon Kurse in der „Schöpfungszeit“ für mehr Nachhaltigkeit im Kleiderschrank angeboten. „Stopfen ist immer ein Weben. Ich verwende ein Stopfholz. Dieses kommt in den Socken unter das Loch. Dann ist es wichtig, gut zu spannen“, sagt sie. Sr. Annemarie spannt mit der Stopfwolle ein Viereck um das Loch, der Faden wird an den Ecken im Gewebe verankert. „Auf das Viereck wird ein Netz gespannt, in das der Faden hineingewoben wird. Wichtig ist, den Faden am Rand jeweils zu verankern“, leitet die Ordensfrau an. Der viereckig um das Loch gespannte Faden dient der Markierung, damit ein regelmäßiger Fleck entsteht. Vor kurzem hat Sr. Annemarie auch das Buntstopfen entdeckt. Dabei wird mit mehrfarbiger Stopfwolle ein bewusster Akzent gesetzt.

Sr. Elisabeth Knapp: „Ich war schon lange nicht mehr in einem Modegeschäft.“ | Foto: Agathe Lauber-Gansterer
  • Sr. Elisabeth Knapp: „Ich war schon lange nicht mehr in einem Modegeschäft.“
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Mein Beitrag kann sein, dass ich Hosen lange trage.

Sr. Elisabeth sagt: „Im Sinn der Nachhaltigkeit und aus Wertschätzung der Schöpfung gegenüber ist es uns wichtig, die Sachen möglichst lange zu tragen, aber so, dass es eben trotzdem gut ausschaut. Wir müssen mit den Ressourcen gut umgehen. Wenn ich die Hosen von Sr. Theresa nehme, weiß ich auch nicht, wo sie erzeugt wurden. Es gibt so viele Frauen, die auf der anderen Seite der Erde für einen Hungerlohn arbeiten müssen – dann kann mein Beitrag sein, dass ich die Hosen möglichst lange trage, so dass sie wenigstens auf diese Art und Weise wertgeschätzt werden.“

Die Ordensfrauen laden zu Veranstaltungen, bei denen franziskanische Spiritualität, aber auch ein nachhaltiger Lebensstil im Mittelpunkt stehen. Noch bis 30. Juni ist im Kloster eine Ausstellung mit biblischen Erzählfiguren zum Thema „GeHEILtes Leben – Biblische Heilungsgeschichten“ zu sehen: ssm-austria.at

Autor:

Agathe Lauber-Gansterer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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