Was im Heiligen Land blüht
Frühlingserwachen mit der Bibel
Nach den kalten Tagen des Winters und den langen Lockdowns ist die Sehnsucht nach dem Frühling bei vielen schon besonders groß.
In Israel, dem Land der Bibel, beginnt dieser schon in diesen Wochen. Was das Außergewöhnliche am Frühling in der Bibel und im Heiligen Land ist und welche Blüten dort das Auge erfreuen, erzählt uns Bibelexpertin Jutta Henner.
Der Frühling in Israel bringt die Wüste zum Blühen. Das Kronen-Windröschen (Anemone corona) erblüht in den Farben Purpur, Lila, Rosa und Weiß und überzieht mit dieser Farbenpracht selbst die Hügel der Trockengebiete. Rote Farbimpulse im bunten Frühlingstreiben bringen Klatschmohn und der scharlachrote Hahnenfuß (Ranunculus asiaticus). Die Bergtulpe erklettert in Gelb und Rot die Rücken des ansonsten grau-braunen Ödlands. Auch Fruchtbäume wie Mandel-, Apfel- und Granatapfelbaum (leuchtend rot-orange) duften und erfreuen das Auge mit intensiver Blütenpracht.
Expertin Jutta Henner ist studierte evangelische Theologin und Direktorin der Österreichisch Bibelgesellschaft.
„Der Frühling ist in den Ländern der Bibel etwas ganz besonderes, denn die meiste Zeit im Jahr herrscht Wasserknappheit. Er ist die Phase, in der einmal alles grün ist, bevor es die Sommersonne versengt“, sagt Jutta Henner, Direktorin der Österreichischen Bibelgesellschaft und Expertin für biblische Alltagskultur, im Gespräch mit dem SONNTAG. In der Vision des Propheten Jesaja (Jes 35) wird die Wüste zum blühenden Land. „Der Frühregen bringt das dürre Land zum Erblühen. Der Regen im Frühling ist ein Phänomen, das in der Bibel sehr oft erwähnt wird. Der Wasserreichtum sorgt dann für eine üppige Vegetation“, schildert Jutta Henner.
Als erstes blüht der Mandelbaum
Der früheste „Blüher“ im Land der Bibel war schon zu Zeiten des Alten Testaments der Mandelbaum. Er verzaubert mit einer herrlichen üppigen Blüte in zartem Rosa und einem feinen Duft. „Der Mandelbaum heißt wegen seiner frühen Blüte im Hebräischen ,der Wachsame‘ und spielt in der Berufung des Propheten Jeremia eine Rolle“, führt Jutta Henner aus. Dieser hat in seiner ersten Vision einen Mandelzweig erblickt (Jer 1,11). Das Sehen des Mandelzweiges gilt hier als sichtbares Zeichen für eine göttliche Haltung: Gott ist aufmerksam und engagiert wachend. Er wird sein Wort umsetzen.
Das Buch zum Frühling schlechthin ist in der Bibel das Hohelied. „Es ist das Buch, in dem am meisten über Botanik, Blüten, Bäume, Pflanzen und Düfte vorkommt. Da ist mehrfach die Rede von den erwachenden Blüten, von den aufblühenden Blumen (z. B. in Hld 6,11). Da ist dieses verliebte Paar in seinem Garten am Schauen, ob der Weinstock austreibt und die Granatapfelbäume blühen“, sagt Jutta Henner. In diesem Buch der Bibel sei das Frühlingserwachen mit dem Liebeserwachen poetisch verwoben.
Auch in der Verkündigung Jesu spielt der Frühling eine Rolle, wenn Jesus im Lukasevangelium (21, ab 29) das Gleichnis vom austreibenden Feigenbaum erzählt: „Und er gebrauchte einen Vergleich und sagte: Seht euch den Feigenbaum und die anderen Bäume an: Und wenn sie jetzt ausschlagen, dann wisst ihr, dass der Sommer schon nahe ist.“
Gott kleidet das Gras prächtig
Eine berühmte Blumen-Stelle ist jene in der Bergpredigt von den Lilien auf dem Felde (Mt 6, ab 28). Jesus sagt hier: „Und was sorgt ihr euch um eure Kleidung? Lernt von den Lilien, die auf dem Feld wachsen: Sie arbeiten nicht und spinnen nicht. Doch ich sage euch: Selbst Salomo war in all seiner Pracht nicht gekleidet wie eine von ihnen. Wenn aber Gott schon das Gras so prächtig kleidet, das heute auf dem Feld steht und morgen ins Feuer geworfen wird, wie viel mehr dann euch, ihr Kleingläubigen!“
Jutta Henner meint dazu: „Da streiten die Botaniker. Es besteht die Möglichkeit, dass diese Lilien nicht die Lilien sind, die wir gewohnt sind, die man z. B. gerne bei Hochzeiten in der Kirche hat, sondern dass das eher eine Krokusart, eine Zwiebelpflanze ist, die im Frühling austreibt und dann einmal alles hell mit Blüten überseht und duften lässt.“
Der Frühling im Land der Bibel ist intensiv, aber kurz. „Da gibt es eine Zeit, in der diese Zwiebelblumen alle gleichzeitig blühen, aber nicht sehr lange natürlich. Die Bergpredigt zeigt auch, dass es eine kurze Blütezeit ist. Das Gras grünt und blüht und dann ist es weg“, erklärt die Bibelexpertin. Das Buch Jesaja tröstet hier: „Das Gras verdorrt, die Blume verwelkt, doch das Wort unseres Gottes bleibt in Ewigkeit“ (Jes 40, 8).
Zum Thema „Pflanzen der Bibel“ sind in den letzten Jahren einige Bücher erschienen (siehe auch rechts), die anregen, sich näher mit der Botanik der Bibel auseinanderzusetzen und mit allen Sinnen in die Welt der Bibel einzutauchen. Das Buch der Bücher bleibt unerschöpfliche Quelle der Inspiration – ganz besonders auch im Frühling.
Autor:Agathe Lauber-Gansterer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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