Sommerserie 2020: Tagesausflug – Urlaub im Kleinen
Eine Burgruine „hoch im Norden“

Foto: aha
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Wer bei „Weinviertel“ und „Wanderung“ bzw. „Ausflug“ zu allererst an den Jakobsweg denkt, der hat natürlich recht. Wer sich hier vorbei an malerischen Weingärten, üppigen Wiesen und Feldern und sanften Hügelchen bewegt, stößt sprichwörtlich „alle paar Meter“ an den berühmten Pilgerweg. Wir entdecken heute, bei unserem siebenten Ausflug, aber trotzdem – auch noch – etwas Anderes im Weinviertel: Die Burgruine Falkenstein.

Wir sind heute mit dem Auto unterwegs – das nördliche Weinviertel, das Ziel unseres heutigen Ausflugs ist, ist – leider – mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht gut erreichbar. Auf 4 Rädern fahren wir deshalb nach Drasenhofen. Dort nämlich startet der berühmte Jakobsweg, der durch Europa – und eben auch durchs Weinviertel – bis nach Santiago de Compostela führt und ein Stückerl wollen wir ihn schon gehen. Eine ganze Etappe schaffen wir allerdings nicht – dazu sind die einzelnen Abschnitte einfach zu lang. Und überhaupt müssten wir, um den Pilgerweg mit jener Ernsthaftigkeit zu gehen, die ihm gebührt, sowieso ganz anders vorbereitet sein.
Ganz abgesehen davon, haben wir heute auch ganz andere Pläne: Unser eigentliches Ziel ist die Burgruine Falkenstein.

Ein Stück des Weges...
Aber, wie gesagt: Ein Stück wollen wir den Pilgerweg gehen. In Drasenhofen angekommen müssen wir nicht lange suchen, um den Jakobsweg zu finden. Wir starten, der Einfachheit und Vollständigkeit halber, bei der Pfarrkirche in Drasenhofen und folgen dann den uns – von der Wien-Etappe – schon wohlbekannten gelben Schildchen mit der blauen Jakobsmuschel. Da die Schilder klein sind, müssen wir manchmal sehr genau schauen bis wir sie gefunden haben, aber schlussendlich – und mit ein bisschen zu Hilfenahme des Smartphones bzw. des da „eingebauten“ Navigationssystems, haut es doch ganz gut hin.
Der Weg verläuft vorbei an Wiesen und Feldern und unzähligen malerischen Weingärten und ist wunderschön zu gehen. Dass die Sonne heute recht kräftig vom Himmel scheint ist eine große Freude – wenn auch auf die Dauer und auf manchen Teilen der Strecke ausgesprochen heiß. Aber wir haben genügend Wasser mitgenommen, haben außerdem eine Kopfbedeckung und nutzen jeden auch noch so kleinen Schatten, der sich uns bietet – insofern kann uns auch das nicht wirklich stoppen.
Nach etwa einer Stunde kommen wir bei einem Hügel an, auf dem das sogenannte Südmährerkreuz steht. Eine Erinnerungsstätte am Schweinbarther Berg, das an die vertriebenen deutschsprachigen Südmährer nach dem Zweiten Weltkrieg erinnert.

Erlebnis Burgruine
Da uns mittlerweile wirklich heiß ist, beschließen wir, hier umzudrehen, zu unserem Auto zurück nach Drasenhofen zu gehen und so bis zur Burgruine Falkenstein zu fahren.

Unterhalb der Pfarrkirche von Falkenstein parken wir unser Auto und folgen den Wegweisern zur Burgruine. Die Burg Falkenstein wurde im 11.Jahrhundert erbaut und schützte einst das Land und seine Bewohner vor Übergriffen aus Böhmen und Ungarn. Jahrelang war die Burg Lehensnehmer der Babenberger. Erst im 16. Jahrhundert gelangte sie in Privatbesitz. Im 30-jährigen Krieg wurde sie von den Schweden erobert, verfiel gegen Ende des 17. Jahrhunderts aber zusehends. Der derzeitige Besitzer, Georg Thurn-Vrints, öffnete die Ruine vor einigen Jahren wieder für Besucher.

Geschichte hautnah
Nach etwa 30 Minuten Gehen sind wir oben. Kaum im ersten Hof der Burgruine angekommen, tauchen wir in die Geschichte des Bauwerks ein. Hier nämlich steht ein maßstabsgetreuer Nachbau einer historischen Holzgaleere. Das Schiff wurde 2010/2011 von Schülerinnen und Schülern der HTL-Mödling gebaut. Sie erinnert an eines der wohl interessantesten Kapitel in der Geschichte von Falkenstein: Die Täuferbewegung. Ihr ist im sogenannten „Täufergwölb“ ein eigenes kleines Museum gewidmet. Corona-bedingt ist es uns leider nicht möglich, dieses Museum zu besuchen. Aber die Informationen, die direkt im ersten Hof und auch auf der Galeere direkt zu lesen sind, geben einen guten und informativen Einblick in dieses Kapitel der Burggeschichte. Hier kann man nicht nur nachlesen, was es bedeutete sein Dasein auf einer Galeere zu fristen, man kann kleine Aspekte davon auch selbst ausprobieren – das Sitzen auf den Balken und bewegen der Ruder zum Beispiel. Wir versuchen es natürlich, versuchen zudem all unsere Fantasie spielen zu lassen und uns vorzustellen, in welch schrecklicher Lage Galeerenruderer gewesen sein müssen.

Was für ein wunderschöner Blick
Doch die Burg hat nicht nur das zu bieten. Über steinige Wege gelangt man hinauf in die höher gelegenen Teile und hat von dort einen unfassbar schönen Blick über das Weinviertel – bis nach Tschechien zur Stadt Mikulov reicht die Sicht. Wir schauen über endlose Felder, Wiesen und Weingärten und bekommen ein Gefühl der Weite, wie wir es in diesem Corona- Sommer noch selten gehabt haben.

Mit einer Menge neuer Informationen und Geschichten verlassen wir die Burg­ruine und gehen zurück zum Auto. Die Fahrt hierher hat sich wirklich gelohnt und beim nächsten Mal gehen wir vielleicht dann doch auch die gesamte erste Etappe des Weinviertler Jakobsweges.

Die Burgruine Falkenstein ist bis 31. Oktober täglich – außer bei Schlechtwetter – von 10.00 bis 18.00 Uhr geöffnet. Nähere Infos unter: www.falkenstein.gv.at
Näheres zum Jakobsweg im Weinviertel unter www.jakobsweg-weinviertel.at

Serie: Urlaub im Kleinen

Autor:

Andrea Harringer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG

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