Glaubenszeugnis
Ein Geben und ein Nehmen
Katharina Fritze ist ehrenamtliche Krankenhausseelsorgerin. In den Patientengesprächen ist Gott zwar oft nicht Thema. Gegenwärtig ist er aber immer.
Der Glaube ist immer ein Prozess, etwas, das in Bewegung bleibt“, sagt die 61-jährige Katharina Fritze. Ihr persönlicher Glaubensweg ist geprägt von zwei Krebserkrankungen, vielen Diskussionen mit ihrem evangelischen Mann, den theologischen Kursen und ihrem Dienst als ehrenamtliche Krankenhausseelsorgerin.
- Frau Fritze, Sie hatten vor fünfzehn Jahren ein Lymphom und vor fünf Jahren Brustkrebs. Zweimal Krebs: Wie haben Sie diese schwierigen Zeiten erlebt?
Natürlich habe ich gehadert. Ich habe aber auch erlebt, dass es vor allem zwei Dinge waren, die mich gehalten haben: Meine Gottesbeziehung und die Beziehung zu meinem Umfeld.
- In gewisser Weise hat Sie Ihre überstandene Brustkrebserkrankung zu Ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit als Krankenhausseelsorgerin geführt.
Meine zweite Krebserkrankung war ein Einschnitt, der dazu geführt hat, dass ich im Leben andere Schwerpunkte setzen wollte. Ich bin damals über die theologischen Kurse „gestolpert“, die ich mit großem Interesse gemacht habe. Als die vorbei waren, wollte ich weiterhin etwas machen, was mich so fasziniert. Ich habe mich informiert und bin auf die Krankenhausseelsorge gestoßen.
- Wie oft sind Sie als Seelsorgerin im Einsatz und wie sieht die Tätigkeit aus?
Ich gehe einmal pro Woche ins AKH. Manchmal auch öfter, wenn es Bedarf gibt. Das heißt, wenn ich den Eindruck habe, dass ein Patient mehr Begleitung braucht und es sich bei mir ausgeht, komme ich am nächsten oder übernächsten Tag noch einmal. Ich erlebe oft, wie dankbar die Menschen sind, wenn ich ihnen zuhöre. Immer wieder sagen mir Leute, dass sie noch nie jemandem so viel aus ihrem Privatleben erzählt haben, und dass sie sich nach unserem Gespräch besser fühlen.
Ich erinnere mich zum Beispiel an eine junge Frau aus dem ehemaligen Ostblock, die zwar getauft war, aber dann keinen Kontakt zur Kirche hatte. Sie hat mir erzählt, wie sehr sie sich geführt fühlt, dass sie keine Angst vor Zukunft, Krankheit oder Tod hat, sondern vor allem neugierig ist auf das, was sie erwartet. Oder eine Frau, die das Gefühl hatte, ihre Welt stürzt gerade ein, und die nach unserem Gespräch viel positiver gestimmt war. Solche Begegnungen sind auch für mich eine Bereicherung. Es ist ein Geben und ein Nehmen.
- Im Krankenhaus kommen Sie als katholische Seelsorgerin zu Menschen mit ganz unterschiedlichen Hintergründen. Wie erleben Sie Gott da als gegenwärtig?
Ich weiß ja nicht, aus welchem Umfeld die Patienten kommen und bin niemand, der Gott in den Mittelpunkt zerren möchte. Aber ich bin überzeugt, dass Jesus durch mich zu den Menschen gehen möchte. Ich hoffe, dass ich den Menschen die Zuwendung, die Gott schenkt, vermitteln kann. Oft unausgesprochen, manchmal auch ausgesprochen.
- Ihre Krankheiten, die theologischen Kurse, die Krankenhausseelsorge, all das hatte und hat Einfluss auf Ihren Glauben. Auch Ihr Mann spielt eine wichtige Rolle. Inwiefern?
Mein Mann ist evangelisch. Dass evangelische Christen manches anders sehen als Katholiken, hat bei uns immer wieder zu Diskussionen geführt und dazu, dass wir die Dinge – zum Beispiel das Verständnis von Abendmahl und Eucharistiefeier – genauer durchleuchtet haben. Das ist absolut bereichernd und hat mir geholfen, das Eigene besser zu verstehen.
Meine Erfahrung ist: Je genauer man sich auseinandersetzt, desto mehr sieht man, wie viele Überschneidungen es zwischen evangelischen und katholischen Christen gibt.
Autor:Sandra Lobnig aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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