Fasten nach Hildegard von Bingen
Der Selbstversuch einer SONNTAG-Leserin
Ruth Libiseller, die jede Woche gespannt den SONNTAG liest, wollte in der Fastenzeit ganz bewusst eine Pause einlegen. Begleitet wurde sie dabei von Hildegard von Bingen, der großen Naturheilkundigen des Mittelalters.
Meine ganz bewusste Pause – sie wird mit Vorbereitung und Nachbereitung 11 Tage dauern. Ich bin gespannt.
5. März
Zubereitungstag
Heute habe ich alle nötigen Vorbereitungen getroffen. Hierzu gehört die Zubereitung eines Herzweins (Petersilie und Rotwein werden 20 Minuten gekocht) sowie der Birnbrei – beides laut dem kleinen Fastenbegleiter tägliche Pflichten. Das Dinkelbrot ist bereits eingekauft, 1 kg Dinkelkörner mit Galgant und Bertram weichgekocht. Das letzte Vorhaben für heute ist die Zubereitung des Maronihonigs. Im Gegensatz zu modernen Diäten kommt in der kommenden Woche auch Wein und Zucker zum Einsatz.
6. März
1. Ausleitungstag
Heute in der Früh habe ich den Birnbrei erstmals gekostet. An den neuen Geschmack muss man sich erstmal gewöhnen. Der Kaffee ist auch schon tabu, was mir schon ein wenig zu schaffen macht. Ich mache mir bereits heute einen Fencheltee und ich esse – das habe ich mit mir ausgemacht – kein Fleisch mehr. Am Nachmittag mache ich mir einen Leberwickel und schlafe prompt dabei ein.
7. März
2. Ausleitungstag
Der Birnbrei ist gegessen. Ich bin müde, ob es am fehlenden Kaffee oder am wenig essen liegt, kann ich nicht sagen. Tatsache ist, dass ich etwas lernen möchte und ich müde bin. Doch es wird im Laufe des Tages besser und am Nachmittag habe die Gelegenheit, mir einen Leberwickel machen. Vor-dem-zu-Bett-Gehen gönne ich mir noch ein Basen-Fußbad.
8. März
1. Fasttag
Der Birnbrei ist jetzt fast schon Gewohnheit. Obwohl das mein erster Fasttag ist, geht es mir wider Erwarten sehr gut. Der Kaffeeautomat wird zwar noch von der Seite „sehn-süchtig“ angesehen, aber ich bin tapfer, nehme den Wasserkocher in die Hand und mache mir eine Kanne Fencheltee. Zu Mittag gibt es ein Salatsackerl mit gekochten Dinkelkörnern. Ich halte mich an den Fastenbegleiter und würze meinen Salat kräftig. Am Abend noch einen Löffel Birnbrei und ab ins Bett.
Nachtrag: Der Tag war lang, zu lang, ich bin erst um 23 Uhr völlig durchgefroren nach Hause gekommen. Um diese Uhrzeit hatte ich weder Lust auf ein Fußbad noch auf einen Leberwickel. Ich habe mir noch eine schöne heiße Dinkelgrieß-Suppe gemacht, den obligaten Birnbrei zu mir genommen und bin ins Bett gegangen.
9. März
2. Fasttag
Mein Körper hat sich an das wenige Essen gewöhnt. In der Früh gibt es meine übliche Mittwoch-Pilates-Routine. Mir geht es gut, auch ohne Kaffee, und der Fencheltee tut meinem Magen auch sehr gut. Die Highlights in diesen Tagen ist mein Löffel Maronihonig und ein paar Schlucke vom Herzwein. Auf mein Basenbad und meine Grießsuppe am Abend freue ich mich schon wirklich.
10. März
3. Fasttag
Trotz Basenbad habe ich schlecht geschlafen und bin gerädert aufgewacht. Mein Morgenritual Birnbrei, Dinkelbrot und Fencheltee wird heute noch um ein Glas Wasser mit einem Löffel Flohsamenschalen erweitert. In der Hoffnung, dass meine Müdigkeit im Laufe des Vormittags mit viel Fenchelteetrinken verfliegt, begebe ich mich zur Arbeit. Am Nachmittag mache ich mir einen schnellen Leberwickel und am Abend ein Fußbad.
11. März
4. Fasttag
Körperliche Schmerzen habe ich keine, sieht man von der Müdigkeit ab, die aber gestern zumindest im Laufe des Vormittags verflogen ist. Obwohl ich sonst keine körperlichen Beschwerden habe, freue ich mich heute schon auf das Ende dieses Fastenversuchs. Nichtsdestotrotz leiste ich mir heute Nachmittag einen schönen Leberwickel und am Abend das obligate Fußbad. Ich denke, heute werde ich mir noch einen Löffel Maronihonig gönnen, weil ich auch sehr fleißig war. Meine Abendlektüre verschafft mir gute Gedanken und ich schlafe sehr schnell ein.
12. März
5. Fasttag
Vorletzter Fasttag. Mir geht es gut. Sehr gut sogar. Hunger habe ich eigentlich keinen. Mein Magen hat nach den zwei Ausleitungstagen schnell gelernt, dass es nur mehr bedingt etwas gibt. Nachdem ich heute frei habe, möchte ich es stressfrei angehen. In der Früh gibt es wieder den Birnbrei und zwei Scheiben Dinkelbrot, dazu Fencheltee und zu Mittag wie jetzt schon die letzten Tage einen Kopfsalat mit Dinkelkörnern. Am Nachmittag mache ich Mittagsschläfchen mit einem Leberwickel. Gegen Abend ist mir plötzlich kalt. Ich lasse mir die Badewanne ein und nehme ein schönes Basenbad, dann lege ich mich mit einem guten Buch ins Bett.
13. März
6. Fasttag
Der letzte Tag ist da. Bevor ich in die heilige Messe gehe, frühstücke ich das letzte Mal mit Dinkelbrot und Fencheltee. Auf dem Weg nach Hause habe ich plötzlich Lust, etwas Anderes zu essen. Diese Versuchung taucht plötzlich auf und macht mir wirklich zu schaffen. Was soll ich jetzt nur tun? Nun, ich mache es kurz, ein Schluck Herzwein besänftigt meine Gelüste und mein Mittagessen ist wieder grüner Salat mit Dinkelkörnern. Am Nachmittag lege ich mich hin und schlafe ein. Ich wache auf und denke, jetzt würde ich mir normalerweise einen guten Kaffee machen. Stattdessen gibt es Pfefferminztee und ich genieße einen Löffel Maronihonig und gehe eine Runde spazieren. Am Abend mache ich mir ein Fußbad. Diesmal freue ich mich echt darauf, denn ich habe kalte Füße.
14. März
1. Nachfastentag
Ich darf wieder normal essen. Wie es der Fastenbegleiter rät, gehe ich es langsam an. Überhaupt möchte zumindest noch eine Woche noch kein Fleisch essen. Auf dem Weg ins Büro kaufe ich mir ein Weckerl mit Gemüse und Käse. Ich freue mich schon auf den anderen Geschmack. Im Büro angekommen, mache ich mir eine große Kanne Kräutertee. Zu Mittag besorge ich mir eine vegane Kleinigkeit. Ich will gar nichts Anderes.
15. März
2. Nachfastentag
Es ist schon wieder zwei Tage her seit dem Ende der letzten Fasteneinheit. Ich halte mich gut, trinke weiterhin hauptsächlich Kräutertee und lasse Fleisch- und Wurstprodukte beiseite. Sie gehen mir auch nicht ab. Ich beschließe das im Zuge meines Fastens geänderte Essverhalten zu nutzen und (wieder einmal) eine Ernährungsumstellung zu wagen.
Nachschau
In den letzten zehn Tagen habe ich den Versuch unternommen, während meines normalen Tagesablaufes und Arbeitspensums das Hildegard-Fasten unterzubringen. Mir ist klargeworden, dass man nur fasten sollte, wenn man genügend freie Zeit einplanen kann und es hat durchaus etwas für sich, wenn man Fasten auch mit einem Ortswechsel verbinden kann. Auch wenn ich in den letzten Tagen regelmäßig meditiert habe, so kehren die Gedanken danach schnell wieder zu den Alltagsproblemen zurück.
Ruth Libiseller
Autor:Der SONNTAG Redaktion aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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