Verantwortungsbewusster Konsum
Anziehend
Längst geht es beim Thema verantwortungsbewusstes Einkaufen nicht mehr nur um Bananen, Kaffee und Schokolade. Auch Textilien – von Bettwäsche über Handtücher und Kleidung – gibt es fair und ökologisch.
Aber was bedeutet es bei Textilien wenn sie „fair und ökologisch“ sind? Wie sehr können Gütesiegel bei der Auswahl helfen und welche gibt es da? Und was bedeutet es Textilien lange „im Kreislauf“ zu halten?
Wir haben bei Michaela Knieli, Expertin bei „DIE UMWELTBERATUNG“ nachgefragt.
Die gute Nachricht gleich vorweg: Was fair produzierte und fair gehandelte Produkte, was Bio-Produkte im Lebensmittelhandel betrifft, sind wir Österreicher gut unterwegs. Daran hat auch die Corona-Krise nichts geändert. Im Gegenteil. Die Nachfrage nach hochwertigen Lebensmitteln ist geradezu in den Regalen der österreichischen Supermärkte sichtbar. „Auf Bio zu schauen ist in der Bevölkerung gut angekommen.
Im Lebensmittelsektor ist die Nachfrage groß und es wird uns erfreulicherweise auch recht leicht gemacht, in diesem Bereich bewusst einzukaufen“, sagt Michaela Knieli, Expertin bei „DIE UMWELTBERATUNG“.
Was ist mir wichtig?
Schwieriger wird es hingegen, wenn es zum Thema Textilien kommt. „Es gibt mittlerweile die verschiedensten Gütesiegel für Textilien, die für verschiedenste Dinge stehen“, sagt Michaela Knieli: „Der erste Schritt im Hinblick auf verantwortungsbewussten Konsum ist deshalb bestimmt einmal, für sich selbst Prioritäten zu setzen und sich umfassend zu informieren: Worauf will ich achten? Was ist mir besonders wichtig?“
Will ich etwa Textilien aus schadstoffarmer Produktion – Stoffe also zum Beispiel aus Bio-Baumwolle oder Bio-Leinen? „Das ist ein Aspekt, der natürlich einen Einfluss auf die Umwelt in den Produktionsländern hat, der aber auch ganz unmittelbar mich und mein unmittelbares Wohlbefinden betrifft“, gibt Michaela Knieli zu bedenken: „Bettwäsche, Unterwäsche – das sind Stoffe, die direkt mit meiner Haut in Kontakt kommen. Da sollte es mir nicht egal sein, was da drinnen steckt. Wie die Rohstoffe für meine Textilien gewachsen sind, ob sie etwa mit Pestiziden behandelt wurden. Wie die Stoffe dann gefärbt wurden, wie sie nach der Herstellung bearbeitet wurden.“
Oder ist es mir am wichtigsten, dass Textilien unter fairen Arbeitsbedingungen – etwa ohne Kinderarbeit, ohne Zwangsarbeit – hergestellt wurden? Oder dass bei der Produktion meiner Textilien Rücksicht auf das Tierwohl genommen wurde? „Ich denke, dass gerade dabei den Konsumentinnen und Konsumenten viel gar nicht bewusst ist“, sagt Michaela Knieli: „Etwa, dass immer noch Gänse und Enten für Daunenjacken bei lebendigem Leib gerupft werden und welche pflanzlichen Alternativen es zu Daunen – oder auch zu Leder, um ganz ein anderes Beispiel zu nennen – gibt. Oder dass in manchen wollerzeugenden Betrieben die Schur nicht ohne Verletzungen abgeht und vielen Schafen, im sogenannten Mulesing, ohne Betäubung Haut im Bereich des Schwanzes abgeschnitten wird, um das Einnisten von Fliegenlarven zu verhindern.“
Gütesiegel helfen
„Die verschiedenen Gütesiegel helfen jene Produkte, die das erfüllen, was mir wichtig ist, beim Einkauf dann auch zu erkennen“, sagt Michaela Knieli.
Ein Gütesiegel etwa, das von der Faser bis zur Fertigung hohe ökologische und soziale Standards hat, ist der ,Global Organic Textile Standard“, kurz GOTS - ein weißes Mäntelchen auf grünem Grund. „Er regelt umwelttechnische Anforderungen entlang der gesamten Produktionskette und auch Sozialkriterien – garantiert also etwa auch keine Kinderarbeit und keine Zwangsarbeit – und ist tatsächlich weltweit gültig.“
Das Fairtrade Gütesiegel sei ein weiteres gutes Beispiel für verantwortungsbewusste Produktion. „Hier geht es vor allem um gentechnikfreien Anbau, faire Arbeitsbedingungen und darum, dass die Arbeiterinnen und Arbeiter für ihre Produkte fair bezahlt werden. Für Biobaumwolle werden zusätzliche Prämien bezahlt.“
Man kann auch seine Lieblingsmarken einem Check unterziehen – Firmen, die Mitglied bei der „Fairwear Foundation“ sind, garantieren verbesserte Arbeitsbedingungen – es wird etwa garantiert, dass es keine Zwangsarbeit gibt, keine Kinderarbeit, keine überhöht langen Arbeitszeiten, existenzsichernde Löhne und vieles mehr.
Auch das Gütesiegel „Responsible Wool Standard“ finde man immer wieder auf Wollkleidung wie Pullover und Westen. „Das ist ein freiwilliger globaler Standard, der Schafe und auch das Land, auf dem sie grasen, schützt“, sagt Michaela Knieli: „Da geht es dann zum Beispiel eben genau darum, dass Schafen die Haut unter dem Schwänzchen nicht weggeschnitten wird.“
Was ihr in jedem Fall in Zusammenhang mit diesen Gütesiegeln auffalle, so Michaela Knieli, ist, dass es faire und ökologische Textilien mittlerweile immer öfter in allen Preiskategorien gibt. „Auch billigere Kaufhaus- oder Supermarktketten haben da einiges zu bieten.“
Weniger, sorgsam ausgewählt und haltbar
Gerade aber wenn es darum geht, in Sachen Textilien bewusst zu leben und zu konsumieren, gehe es nicht nur um Gütesiegel, sagt Michaela Knieli, sondern etwa auch um andere Aspekte wie die Nutzungsdauer. Oder auch darum schlichtweg weniger einzukaufen. „Wir leben ja in einer Zeit der ,Fast Fashion‘ – die Produktpalette ist unglaublich umfangreich und ändert sich auch enorm schnell.“ Da in der normalen Produktion, um der normalen Nachfrage nachkommen zu können, Standards einzuhalten sei ja schon allein ein zeitliches Problem.
„Kurze Lieferzeiten bedeuten im Grunde automatisch desaströse Arbeitsbedingungen – das muss einem bewusst sein“, sagt Michaela Knieli: „Ich zitiere da immer gerne die Designerin Vivienne Westwood, die einmal gesagt hat: ,Buy less, choose well and make it last.‘ Also: Kaufen Sie weniger, wählen Sie sorgsam aus und pflegen Sie die Teile so, dass sie lange halten. Ich denke, das bringt es auf den Punkt.“
Besonders auch die Nutzungsdauer sei eben nicht nur im Hinblick auf Haushaltsgeräte ein wichtiger Aspekt, sondern eben auch bei Kleidung. „Vom Umweltgedanken her macht es, wenn es möglich ist, meistens mehr Sinn, ein altes Gerät zu reparieren, als ein neues zu kaufen – auch wenn das eine ausgezeichnete Energieeffizienz hat.
Was bei Geräten Reparaturen sind, das ist bei Kleidung, sie möglichst lange im Kreislauf zu halten. Auch etwa weil natürlich viele Chemikalien, die in der Textilindustrie gebraucht werden, durch häufiges Waschen irgendwann draußen sind.“ Also was nicht mehr passt, aber noch schön ist weitergeben? „Genau. Bei Baby- und Kinderkleidung machen die meisten von uns das längst ganz selbstverständlich. Aber sonst ist da noch Luft nach oben.“ Second Hand sei in diesem Zusammenhang hoch einzuordnen. Und auch Kleidertauschpartys seien aus dieser Überlegung heraus eine wirklich empfehlenswerte Sache.
Im Grunde kann jede Entscheidung für ökologische, für „faire“ Textilien gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, ist Michaela Knieli überzeugt: „Umwelt, Mensch, Tier – irgendetwas, irgendjemand hat zumindest die Chance zu profitieren. Und damit ist jede Entscheidung, die wir in diese Richtung treffen, ein Schritt in die richtige Richtung.“
Nähere Infos zum Thema Gütesiegel für Textilien, ökologische und bio-faire Mode hält DIE UMWELTBERATUNG für Sie bereit: www.umweltberatung.at/oekomode.
Für PädagogInnen gibt es hier mit dem Methodenset „ecofashion – Mode mit Zukunft“ und „Let’sFIXit“ Unterlagen für den Unterricht.
Eine gute Übersicht bietet außerdem auch die Internetseite: bewusstkaufen.at.
Autor:Andrea Harringer aus Wien & NÖ-Ost | Der SONNTAG |
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